Treuhänder in der Werbe-Offensive
Vaduz. – Seit sechs Tagen säumen zartgelbe Plakate die Liechtensteiner Hauptstrassen. Mit der Aufschrift «Die Treuhandbranche: Einkommen für 3500 Menschen» will die Liechtensteinische Treuhändervereinigung (THV) die Bevölkerung auf ihre «wirtschaftliche Bedeutung aufmerksam machen», wie der stellvertretende THV-Geschäftsführer Ivo Elkuch sagt. Darüber hinaus will man den Liechtensteinern «klarmachen, wie viele Arbeitsplätze vom Treuhandsektor abhängen». Die Imagekampagne mit zwölf Plakaten dauert insgesamt zwei Wochen, im Frühling sei eine weitere Aktion geplant, erklärt Elkuch.
Angekratzten Ruf verbessern
Warum die Kampagne jetzt lanciert wurde – schliesslich stehen die Liechtensteiner Treuhänder schon seit Ausbruch der Steueraffäre im Jahr 2008 unter Beschuss –, kann Elkuch nicht abschliessend beantworten. «Sie war überfällig, das ist wahr», räumt er ein. Die Aktion zielt in erster Linie auf die einheimische Bevölkerung ab – denn der Ruf der Liechtensteiner Treuhänder hat wegen der Debatte um Steuerhinterziehung nicht nur im Ausland erheblich gelitten. Auch landesintern gab es vermehrt kritische Stimmen über die Geschäfte der Treuhänder. «Die Akzeptanz unserer Branche soll wieder besser werden», sagt Elkuch. Die Treuhändervereinigung sei überzeugt, dass diese Akzeptanz «ein wichtiger Schritt ist, um dem Finanzplatz Liechtenstein zu einer prosperierenden Zukunft zu verhelfen».
Arbeitsplätze stehen auf der Kippe
Doch die Treuhänder wollen offenbar nicht nur ihre angekratzte Reputation verbessern. Implizit warnt die Kampagne mit ihrer Botschaft «Einkommen für 3500 Menschen» auch vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. Die Treuhandbranche sieht seit der Verhaftung des prominentesten Liechtensteiner Stiftungskunden, des ehemaligen Deutsche-Post-Chefs Klaus Zumwinkel, ihre Felle davonschwimmen. Seit Februar 2008 sind Tausende von Stiftungen, die von Liechtensteiner Treuhändern verwaltet wurden und ein einträgliches Geschäft bedeuteten, aufgelöst worden. Allein im vergangenen Jahr seien in Liechtenstein rund 6000 Stiftungen und Trusts gelöscht worden, erklärte der liechtensteinische Regierungschef Klaus Tschütscher kürzlich in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung «Euro am Sonntag».
Wenn dieser Einbruch anhalte, könnte das bald gravierende Folgen auf die Arbeitsplätze in der Branche haben, sagt Elkuch: «Wenn unser Sektor weiter schrumpft, wird dies zu unwiederbringlichen Arbeitsplatzverlusten führen.» Wie viele Jobs auf der Kippe stehen, wollte er allerdings nicht konkretisieren. Es gebe darüber wegen der vielen Unwägbarkeiten «keine genauen Schätzungen».
«Hilfloser Hilfeschrei»
Bei einer Imagekampagne mit dem «Job-Argument» zu pokern, hält Geri Aebi, Chef der Zürcher Kommunikationsagentur Wirz, für unklug. «Das ist, wie wenn man einen Rettungsanker auswirft – ganz nach dem Motto: ‹Egal, wie kritisch Sie unsere Tätigkeit sehen, Hauptsache 3500 Leute haben noch Arbeit›», sagt der Experte. Die Kampagne erscheine ihm «wie ein hilfloser Hilfeschrei einer Branche, die gerade den Image-Gau erlebt».
Wenig nette Worte für die Aktion der Treuhänder findet auch der Schweizer Kommunikationsberater Klaus J. Stöhlker, der die Liechtensteiner Wirtschaft seit Jahren genau beobachtet. Die Kampagne sei «unbeholfen und typisch liechtensteinisch verknorzt», so Stöhlker. «Vermutlich wollen die Treuhänder in erster Linie das Fürstenhaus und die Regierung beeindrucken.»
Mit dem Rücken zur Wand
Damit hat Stöhlker wohl nicht unrecht. THV-Vizechef Elkuch macht keinen Hehl daraus, dass er mit der Steuerabkommenspolitik der liechtensteinischen Regierung nicht einverstanden ist. Im Jahr 2009 hatte Liechtenstein im Eiltempo zwölf Steuerabkommen nach den Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit anderen Staaten abgeschlossen, um auf die sogenannte weisse Liste der Staaten zu gelangen, die als kooperativ in Steuerfragen gelten. Darauf folgten zahlreiche weitere Abkommen – bis dato sind es 23.
«Die Regierung hat im Alleingang gehandelt und uns Verbände links liegen gelassen», kritisiert Elkuch, «mit jedem Steuerabkommen, das abgeschlossen wird, fallen der Treuhandbranche weitere Kunden weg – Liechtenstein gibt nur, kriegt aber nichts zurück.» So ist die Plakatkampagne auch als Wink mit dem Zaunpfahl gegenüber der Regierung und dem Fürstenhaus zu verstehen, das eine klare Weissgeldstrategie befürwortet. Stöhlker sieht das ähnlich: «Die Treuhänder wollen dem Land klarmachen, wer sie sind – vor allem jetzt, da sie mit dem Rücken zur Wand stehen und ihre
Millionen davonschwimmen sehen.»
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