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Gelebte Freundschaft mit Liechtenstein

Er ist sozusagen der Höchste der über 3500 Schweizer in Liechtenstein: Walter Herzog, der Präsident des Schweizer Vereins. Er hat sich an den Liechtensteiner Stammtischen sofort wohlgefühlt und schaffte es, dass ein Schweizer Flugzeug «Liechtenstein» getauft wurde.

Vaduz. – Als klassischer Ausländer fühlt Walter Herzog sich in Liechtenstein nicht. «Obwohl man das auf dem Papier natürlich ist.» Er und seine Familie fühlen sich in Liechtenstein zu Hause, Skepsis aufgrund ihrer Herkunft haben sie nie erlebt. Wenn man als fremder Mensch an einen Stammtisch oder neu in eine Gruppe komme, beschnuppere man sich natürlich: «Das hat aber nichts mit der Nationalität zu tun. Das machen wir doch alle so.» Integration ist für ihn keine Frage der Nationalität, sondern der Persönlichkeit. Wer Liechtenstein als Gastland respektiere, habe auch keine Probleme, sich niederzulassen und gut aufgenommen zu werden.

Aus fünf Jahren wurden dreissig

Würde Walter Herzog sich in Liechtenstein nicht wohlfühlen, wäre er wohl auch kaum über dreissig Jahre geblieben. Fast 40 Jahre ist es her, seit der gebürtige Aargauer immer wieder geschäftlich nach Liechtenstein kam. Als die Geschäftsreisen schliesslich aber bis zu drei Tage die Woche dauerten, war das für Herzogs junge Familie eine schwierige Situation. «Daher entschieden wir uns, das Leben in Liechtenstein einmal auszuprobieren. Wir gaben uns fünf Jahre», so Herzog.
Aus den fünf Jahren wurden dreissig, und die Kinder, die damals noch Kleinkinder waren, wuchsen fast als Liechtensteiner auf. «Das merkte man vor allem, wenn Freunde sie zu Hause anriefen. Unsere Umgangssprache in der Familie ist Schweizerdeutsch, aber mit ihren Liechtensteiner Kollegen fangen beide an, Liechtensteiner Dialekt zu sprechen», erzählt Walter Herzog.

Respekt für die neue Heimat

Dass Liechtenstein für die Familie Herzog nach 30 Jahren zur Heimat geworden ist, überrascht nicht. Immerhin sind der Lebensmittelpunkt und die meisten Bekannten und Freunde hier. Trotzdem sieht Walter Herzog Liechtenstein nicht nur als neue Heimat, sondern auch als Gastland an, das er mit all seinen Eigenheiten respektiert. Eine dieser Eigenheiten ist die Tatsache, dass jeder jeden kennt. «Das ist in der Schweiz vielleicht in kleinen Dörfern so, aber hier hat das doch noch etwas grössere Ausmasse», so Herzog. Eines hat er in den vergangenen dreissig Jahren gelernt: «Ein guter Ruf geht von Schaan bis Vaduz, ein schlechter von Ruggell bis Balzers.»
Auf die Frage, ob er in Liechtenstein auch neue Traditionen kennen- und schätzen gelernt hat, überlegt Walter Herzog nicht lange: «Der Stammtisch!» Auch im Kanton Aargau sei man zwar ab und zu nach dem Feierabend zusammen etwas trinken gegangen. «Aber dass es um neun Uhr morgens einen Handwerkerstammtisch und um elf Uhr einen Kaufmannstammtisch gibt, das war neu für mich.» Dieser Tradition hat er sich gerne angeschlossen, «schliesslich verwurzelt das einen ja auch und fördert die Kontakte – auch beruflich.»
Als Schweizer Tradition hat Herzog unter anderem das Jassen mit der Familie und Freunden beibehalten. Gejasst wird mit Schweizer Karten. Mit Erstaunen habe er feststellen müssen, dass die Liechtensteiner Unterländer mit österreichischen Karten jassen: «Damit kann ich nicht viel anfangen!»

Auf Risiko 4500 Enten gekauft

Obwohl Liechtenstein und die Schweiz viel gemeinsam haben, gibt es neben den Jasskarten auch noch andere Unterschiede zwischen den beiden Ländern. Seine Frau schmunzle heute noch, wenn sie daran denke, wie Herzog ihr damals vorschlug, dem Schweizer Verein beizutreten. «Spinnst du eigentlich, so nahe an der Grenze», war die spontane Reaktion. «Aber wenn man mit dem Gesetz zu tun hat, merkt man schon, dass man eben doch kein Liechtensteiner ist», sagt Herzog. Weil es keinen residierenden Botschafter gibt, übernimmt der Schweizer Verein die quasi-konsularische Vertretung der Schweiz in Liechtenstein. Der Verein informiert die Schweizer in Liechtenstein über Themen wie Erbschaft, Stimmrecht in der Schweiz, AHV und so weiter. Aber er hilft auch Liechtensteinern, wenn sie beispielsweise Schweizer Vorfahren haben und den Schweizer Pass beantragen möchten. «Mit einem Schweizer Pass hat man es international an der Grenze einfach etwas leichter», erklärt Herzog. Mit einem Liechtensteiner Pass könne es schon mal passieren, dass der Zollbeamte den Pass erst einmal allen seinen Kollegen zeigen will, bevor er einen durchlässt.
Der Schweizer Verein berät aber nicht nur bei rechtlichen Fragen. Jährlich finden etwa 12 Veranstaltungen statt, die der Verein organisiert. Am bekanntesten ist vermutlich das Entenrennen. «Für die meisten Schweizer Vereine auf der Welt ist die 1.-August-Feier die grösste Veranstaltung. Für uns war sie immer eine der schlimmsten, wegen der Nähe zur Schweiz», so Herzog. Viele Schweizer gingen zu den Verwandten nach Hause oder waren in den Ferien, «weil sie vor allem den 15. August, das Grossereignis in Liechtenstein, miterleben wollten.» So sassen dann jeweils etwa ein Dutzend Schweizer in einem liechtensteinischen Restaurant und assen zusammen Bratwürste. Bis man sich irgendwann sagte: «Das kanns doch nicht sein!» Also beschloss man, aus dem 1. August eine Grossveranstaltung zu machen, und nicht nur Schweizer, sondern auch Liechtensteiner einzuladen. Und um noch etwas «Fleisch am Knochen» zu bieten, kam man auf die Idee eines Entenrennens, «denn einen Funken brennen die Liechtensteiner auch selber ab». Auf Risiko wurden 4500 Enten gekauft, und heute ist das Entenrennen ein solcher Erfolg, dass die Leute bei der Post schon vor dem Verkauf fragen, wann denn endlich wieder Enten erhältlich seien.

Eine bevorzugte Freundschaft

Neben dem Erfolg des Entenrennens hat es der Schweizer Verein mit Walter Herzog als Präsident aber auch geschafft, dass die liechtensteinische Flagge einen Airbus 340 der Swiss ziert, der den Namen «Fürstentum Liechtenstein» trägt. Schon eine Maschine der Swissair – ein Airbus 330 – wurde dank bundesrätlicher Beziehungen auf den Namen «Liechtenstein» getauft. «Wir standen schon seit sieben Jahren auf der Warteliste der Swissair», so Herzog. Als Bundesrat Adolf Ogi, der damals zu Besuch in Liechtenstein war, ihn dann fragte, ob er ihm noch einen Gefallen machen könne, erwähnte Herzog sein Anliegen. «Mit der bundesrätlichen Unterstützung ging es dann relativ zügig.»
Solche Aktionen sind für Herzog ein Zeichen der gelebten Freundschaft zwischen den beiden Ländern. «Ich glaube, dass Liechtenstein und die Schweiz seit dem Zollvertrag wirklich eine bevorzugte Freundschaft unter den Staaten leben», sagt Herzog. Daher dürfe man nicht aufhören, diese Freundschaft zu pflegen: «Sonst schläft sie ein.»

Liechtensteiner im Herzen

Obwohl er sich in Liechtenstein zu Hause fühlt und auch nicht mehr in die Schweiz zurückkehren möchte, kommt es für Walter Herzog zurzeit nicht in Frage, sich einbürgern zu lassen. «Und zwar einfach, weil die doppelte Staatsbürgerschaft zurzeit nicht zulässig ist», erklärt er. Seinen Schweizer Pass möchte er nicht verlieren. «Das ist eine Besonderheit von Liechtenstein. Umgekehrt ist es für einen Liechtensteiner problemlos möglich, beide Staatsbürgerschaften zu erhalten.» Diese Ungleichbehandlung ist dem Schweizer Verein seit Längerem ein Dorn im Auge. «Wir würden uns wünschen, dass Nationen, die das Gegenrecht gewähren, ebenfalls Anspruch auf die Doppelstaatsbürgerschaft haben», sagt Herzog. Aber letztlich sei dies die Sache der Liechtensteiner Stimmbürger, die bislang eben anders entschieden hätten. Sollte diese Hürde einmal fallen, kann Herzog sich durchaus vorstellen, sich einbürgern zu lassen. Und trotz des immer noch klar erkennbaren Schweizer Dialekts würde wohl niemand daran zweifeln, dass Herzog nicht nur mit Leib und Seele Schweizer, sondern auch Liechtensteiner sein würde. (pd) 

 

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