«Eine Chance, die man nur einmal im Leben erhält»
Herr Schindler, was macht das Historische Lexikon zum Gewinn für jeden, der es besitzt?
Jürgen Schindler: Im Lexikon finden alle etwas, das sie interessieren könnte. Es geht weit über die reine Darstellung der Geschichte hinaus und enthält viele landeskundliche Informationen. Wer weiss beispielsweise, dass die Vorfahren der Unterländer 1405–1408 Eidgenossen des Bundes ob dem See waren? Oder wie viel Liter ein Som, das alte Mass für Wein, enthielt? Oder wie der Flüchtlingsweg zu seinem Namen kam?
Wie sind Sie zum Historischen Lexikon gekommen?
1996 fragte mich Arthur Brunhart an, an einer Vortragsreihe über die Geschichte der Gemeinde Eschen zu sprechen. Das war die Grundlage für meinen ersten Artikel für das Lexikon. In der Folge verfasste ich zahlreiche weitere Artikel. 2001 bewarb ich mich als Redaktor.
Was war der Schwerpunkt Ihrer Arbeit beim Lexikon?
Die Arbeit war sehr vielfältig. Der Schwerpunkt lag natürlich auf dem Redigieren von Texten. Da wir ein kleines Team waren, musste ausserdem jeder alles machen, zum Beispiel Autorensuche, Korrespondenz oder Abrechnung. Wir waren die Schaltstelle zwischen über 190 Autoren und den wissenschaftlichen Beratern. In der letzten Phase begleitete ich die Satz- und Druckarbeiten. Das war spannend, denn nun wurde es konkret. Es ist schon ein besonderes Gefühl, in der Druckerei zu stehen und die fertigen Bögen in den Händen zu halten.
Haben Sie einen «Lieblingsartikel» im Lexikon?
Bei über 2600 Artikeln habe ich gleich mehrere. Ich möchte hier die Biografien der Landammänner nennen. Vom 15. Jahrhundert bis 1808 hatten diese in den Herrschaften bzw. Landschaften Schellenberg und Vaduz eine wichtige Funktion inne. Bisher musste man die wenigen Daten und Fakten zu diesen Personen in zahlreichen Büchern mühsam zusammenkratzen. Mit dem Historischen Lexikon liegen die Informationen nun in kompakter Form vor. Als Artikelgruppe empfehle ich die über 200 Familienartikel. In ihnen findet man genealogische Grundinformationen, die erste urkundliche Erwähnung des Namens oder Familienspezifika wie zum Beispiel eine Wirtetradition, die über mehrere Generationen andauerte.
Was hat es für Sie bedeutet, beim Historischen Lexikon mitarbeiten zu können?
Das war eine Chance, die man nur einmal im Leben bekommt. Ich habe durch meine Arbeit unendlich viel gelernt. Das Sammeln, Aufbereiten und Bereitstellen von Wissen im Lexikon hat mich derart fasziniert, dass ich noch einmal die Schulbank gedrückt und Informationswissenschaft studiert habe. Heute kann ich als Archivar einen Beitrag zum «Gedächtnis» unseres Landes leisten. (Interview: ehu)
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Historisches Lexikon des Fürstentums Liechtenstein