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Die Liechtensteiner P-Doktrin

Also wenn man das so liest, was die Ärztekammer der Regierung ins Stammbuch geschrieben hat, dann kommen einem schon Zweifel, ob der sei­nerzeitige Zoff um die Verfassung nicht eine Dorf-Feuerwehrübung gewesen ist.

 

Und mal ganz abgesehen davon: Wer möchte mit einem Politiker tauschen, der den Medizinern so an den Karren gefahren ist, wenn man bedenkt, dass auch ein Politiker mal einen Arzt braucht?

O. k., ein Politiker kann sich?s leisten, seine Karosse nach
St. Gallen oder Bregenz zu lenken und das Geld für eine Konsultation und Behandlung bar auf den Tisch des Arztes zu blättern. Die Sache hat ausserdem wie so viele auch ihre hei­teren Seiten. Da liest man ja: «In allen Branchen werden die Computer billiger, ich verstehe nicht, weshalb dies in der Medizin nicht auch spielen soll». Recht hat er, der Minister! Es geht nämlich endlich zugegebenermassen um die Kohle, die der Staat nicht mehr hat, weil irgendwer in seinen Büros zur falschen Zeit ein Nickerchen gemacht hat.

Diese P-Doktrin ist faszinierend. Nehmen wir nur mal die neuerdings auf 250 Stutz plus 6 Franken Porto erhöhten Passgebühren. Eine konsequente Anwendung der P-Doktrin würde lauten: «In allen Branchen werden die Computer billiger, ich verstehe nicht, weshalb dies in den Behörden nicht auch spielen soll.»

Man muss aber fair bleiben: Vermutlich sind längst Einschreibbriefe unterwegs, in denen die Anwendung der
P-Doktrin überall angeordnet wird. Also an die Pharmaindustrie oder die Banken.

Den Patienten im Land hat man?s ja schon nahegelegt: Nicht wegen jedem Seich zum Doktor gehen, denn Handauflegen der Nana, Kräutertee aus dem Reformhaus, auf nüchternen Magen morgens zwei Schnäpse oder eine Wärmflasche tun?s auch. Und die Dökter? Zwei Minuten pro Patient macht der sicher mit, wenn man im Winter die Heizung in der Praxis abdreht, Halsspatel kann man wieder auskochen, Traubenzuckerpastillen statt Valium und eine Bastelanleitung für den Krücken-Selberbau mitgeben. Oder eine Mitgliedschaft bei der Landesbibliothek empfehlen für die kostenlose Ausleihe medizinischer Ratgeber. Da wartet ein enormes Sparpotenzial!

Übrigens ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger weiter gestiegen. Aber auch die kommen den Staat nun sicher billiger. Und zwar an dem Tag, an dem sie sich anmassen, zum Arzt zu gehen. Und um alles können sich Landtag und Regierung ja nun wirklich nicht kümmern. Schliesslich hat man wenigstens schon mal im Gymnasium den Schimmel beseitigt.

 

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