Ministerpräsident Beck kommt nicht nach Vaduz
Vaduz. – Bisweilen führt die Kleinheit eines Landes zu grossen Missverständnissen. Ein solches resultierte aus der Ablehnung, die dem rheinlandpfälzischen Ministerpräsident Kurt Beck entgegenschlug, weil dieser beim Wirtschaftsforum des Vaduzer Medienhauses referieren sollte.
Einladung sorgte für Aufregung
Beck hatte vor einigen Jahren die «Steueroase Liechtenstein» mit dem «Raubrittertum» gleichgesetzt und auch ansonsten nicht mit Kritik am Fürstentum gespart. Dies hinterliess seine Spuren im Land. So brach ein Proteststurm über das Medienhaus herein, als die Verpflichtung des Sozialdemokraten bekannt wurde – zum Teil in Worten, die nicht unbedingt auf gute Kinderstuben schliessen liessen. Um diesen «Shitstorm» darzustellen, berichtete des «Vaterland» über die Beschimpfungen in Richtung Medienhaus und Ministerpräsident, stellte aber auch klar, dass Beck – wie jeder andere Referent auch – in Liechtenstein sehr willkommen sei, und dass keine Gefahr für seine Sicherheit bestünde, die Sicherheitsvorkehrungen aber vorsichtshalber erhöht würden.
Das Missverständnis
Das war der Auslöser für das erwähnte Missverständnis: Während in einem kleinen Land wie Liechtenstein eine solche Beleidigungswelle in der genannten Form thematisiert wird, hat diese in einem Land wie Deutschland kaum eine Relevanz. Dort wird jedoch auch eine Sicherheitsdiskussion anders wahrgenommen.
Wird in Deutschland über strengere Sicherheitsvorkehrungen an einer grösseren Veranstaltung mit politischer Beteiligung diskutiert, geht es meist um den Einsatz mehrerer Hundertschaften Polizei, um Sprengstoffkommandos, Wasserwerfer und Anti-Terroreinheiten – die Hunderte oder Tausende Demonstranten unter Kontrolle bringen sollen.
Im Bezug auf das Wirtschaftsforum in Liechtenstein ging es darum, genauer hinzuschauen, ob ein aufgebrachter Besucher eine Tomate als Wurfgeschoss zweckentfremden könnten. Wobei selbst diese Gefahr eher zu vernachlässigen war.
Vorsichtsmassnahme
Da in Rheinland-Pfalz aber deutsche und nicht liechtensteinische Massstäbe angesetzt wurden, führte dies dazu, dass der gesundheitlich angeschlagene Beck vorsichtshalber auf die Teilnahme in Vaduz verzichtete, weshalb das Wirtschaftsforum einen ebenso umstrittenen wie interessanten Referenten verlor. Versuche, der Staatskanzlei in Mainz das Missverständnis zu erklären, blieben erfolglos. Die Sicherheit des Ministerpräsidenten wäre jedenfalls gewährleistet gewesen, wie ein zumindest respektvoller Empfang – denn die Menschen ohne Kinderstube sind in Liechtenstein deutlich in der Minderheit.
Durchführung des Forums gesichert
Der zweite Hauptreferent, Carsten Schloter, CEO Swisscom, wird dagegen programmgemäss zum Thema «Heute die Chancen von morgen entdecken» sprechen. Die Vaduzer Medienhaus AG, welche das Wirtschaftsforum seit zwölf Jahren organisiert, bedauert die kurzfristige Absage von Kurt Beck. Anstelle seines geplanten Referats wird ein alternatives Programm vorbereitet, welches die aktuellen Umwälzungen auf dem Finanzplatz thematisiert. Anmeldungen für das Wirtschaftsforum im Vaduzer Saal sind nach wie vor online möglich. (ky)