­
­
­
­

Mit Leib und Seele für die Käserei

Ernst Buff feiert heuer seinen zehnten Sommer auf der Alp Sücka. Mit viel Einsatz und Können holte er mit dem Sücka-Käse bereits einige Auszeichnungen. Nicht einmal eine schwere Erkrankung konnte ihn davon abhalten, diesen Sommer wieder auf die Alp zu gehen.
Porträt: von Michael Winkler
 
Die meisten Kühe sind schon im Tal, doch zu tun gibt es auf der Sücka, einer der sechs Triesenberger Alpen, immer noch genug. Der Verkauf von Alpprodukten ist noch in vollem Gange. Alpkäse, Butter und Saurer Käse sowie neu auch Camembert werden angeboten. Diesen Sommer waren es 98 Kühe, die auf der Sücka gesömmert haben. «Im Schnitt haben wir hier oben etwa 110 Kühe», erklärt Ernst Buff, der seit 2005 durchgehend auf der Sücka als Käsermeister angestellt ist. Daneben führt er seit 16 Jahren selbst Käsereien im Thurgau – seit neun Jahren ist er sogar Besitzer einer eigenen.
 
Schon früh seine Berufung gefunden
 
Ernst Buff wuchs mit sechs Geschwistern auf dem Bauernhof seiner Eltern in Appenzell auf. «Ich habe noch zwei ältere Brüder, daher war für mich klar, dass ich nicht als Nachfolger meines Vaters den Bauernhof führen werde», erzählt Ernst Buff, der schon früh seine Leidenschaft für die Käserei entdeckt hat. «Eine Zeit lang spielte ich noch mit dem Gedanken, Lehrer zu werden. Doch dann stellte sich schnell heraus, dass ich einen handwerk­lichen Beruf ausüben werde.»
Diese Entscheidung hat er bis heute nicht bereut – genauso wenig wie jene Entscheidung, aus dem Appenzell in den Thurgau zu ziehen. Denn in der Lehre zum Käser ging er voll auf. «Ich wechselte jedes Jahr die Käserei und erhielt daher tiefe Einblicke in die Produktion von Appenzeller, Emmentaler und Past-Tilsiter (der grüne Tilsiter, Anm.).» Er habe immer in Betrieben gearbeitet, um die ihn die Kollegen nicht beneidet hatten. «Die Arbeit war in anderen Käsereien sicher weniger anstrengend, doch durch die gute Auslastung der Arbeitskräfte habe ich gelernt, wie man effizient und gut arbeitet», erklärt Buff, der dieses System weiterverfolgt. «Wir arbeiten auf der Sücka zu dritt, und das ist auch gut so. Denn wenn die Leute zu wenig ausgelastet sind, ist das weniger motivierend als wenn sie mehr Verantwortung haben und in die Prozesse eingebunden sind. So können sie viel lernen», sagt der Chef, der so nicht wahrgenommen werden möchte:?«Ich verstehe mich als Teil des Teams und weniger als ‹Chef›. Denn jeder im Team ist gleich wichtig», zollt er seinen Mitarbeitern Respekt und betont, dass der Chef alleine wenig leisten kann, wenn nicht alle am gleichen Strang ziehen.
 
Goldenes Handwerk des Käsers
 
Bis er 22 Jahre alt war, hat er seine Gesellenjahre absolviert und kam danach 1982 zum ersten Mal auf die Sücka. «Es hat mir auf Anhieb gefallen», erinnert sich Buff an seine ersten Erlebnisse auf der Berger Alp Sücka. «Nach Liechtenstein bin ich gekommen, weil ein Kollege von mir auf der Alp Valüna beschäftigt war. Unsere Branche lebt sehr von der Mund-zu-Mund-Propaganda», deutet der Käsermeister den Umstand an, dass immer weniger junge Menschen diesen Beruf ausüben wollen. «Es ist halt für viele einfacher, eine Bürolehre zu machen, als ins Handwerk zu gehen, weil es körperlich sehr anstrengend ist. Doch das ist ein Problem, das fast alle handwerklichen Berufe in der heutigen Zeit haben.» So verspürt auch die?Käser-Branche den Druck des Massenkonsums und der industriellen Produktion. «Es ist ausserdem auch sehr schwierig, Mitarbeiter für den Sommer zu finden, die bereit sind, sich drei Monate auszuklinken und auf der Alp mitzuhelfen.»
Im bernischen Zollikofen absolvierte Ernst Buff bis 1984 die Molkereischule, um seine Ausbildung voranzutreiben. Das kam ihm besonders gelegen, als er mit 25 Jahren seine erste eigene Käserei in Freidorf/TG pachtete und erste Schritte als Selbstständiger tätigen konnte. Die Tätigkeit auf der Sücka lag nun nicht mehr drin und die Selbstständigkeit bedeutete den vorläufigen Abschied von der Sücka. Im selben Jahr legte er seine Meisterprüfung ab. «Das Jahr 1986 hatte es in sich mit Betriebsgründung und viel Lernstoff», erinnert er sich. Damit er die Käserei nicht mehr pachten musste, kam ihm die zündende Idee, die sein Leben veränderte.
 
Mit Fondue zur eigenen Käserei
 
Fondue ist eines der Markenzeichen der Schweiz und dementsprechend beliebt. So stellte Ernst Buff in seiner Käserei ab 1995 neben dem üblichen Betrieb auch Fondue her. «Mit den zusätzlichen Einnahmen konnte ich 2002 meine eigene Käserei kaufen und war somit wirklich selbstständig.» Ein Schritt, der sich lohnte, denn mittlerweile waren auch seine vier Kinder auf der Welt. Auch sie sollten eine wichtige Rolle spielen für sein Comeback in Richtung Sücka. 
Im Jahr 2004 sorgten Produktionsmängel dafür, dass die gesamten Käsebestände der Sücka verbrannt werden mussten, weil sie durch Toxine des Bakteriums Staphylococcus aureus verseucht waren. Ein herber Schlag für die Alpgenossenschaft und den Ruf des Sücka-Käses. «Ich war nach dem Skandal zufällig am Prämienmarkt in Steg, als mich die Verantwortlichen der Alpgenossenschaft anfragten, ob ich mir erneut ein Engagement auf der Sücka vorstellen könnte», erklärt Ernst Buff. Am Ende seien es vor allem die Kinder gewesen, die ihn zurück auf die Sücka gebracht haben. «Sie sagten, ich solle das machen, denn sie würden gerne die Sommer mit ihren Freunden auf der Alp verbringen. So fiel mir der Schritt natürlich relativ leicht. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, wenn die Arbeitstage oft bis zu 18 Stunden dauern. Die anfallende Arbeit könne man leicht unterschätzen.
 
Um 4 Uhr geht es los
 
Nach seinem circa?einstündigen Arbeitsweg geht Ernst Buff mit seinen zwei Helfern auf die Alp und holt die Kühe zum Melken in den Stall. Um 5.30 Uhr geht es für ihn in die Käserei. «In den ersten sechs Wochen des Sommers produzieren wir 23 Laib Käse pro Tag. Insgesamt sind es am Ende zwischen 1400 und 1600 Laib Käse pro Sommer, also sieben bis acht Tonnen Käse, die wir produzieren.» Ist der Alpkäse dann in der Presse, kümmert er sich um die Joghurt- und Butterproduktion. Ein wichtiger Teil der Käseproduktion ist auch die Käsepflege. In den ersten zehn Tagen müssen die Käselaibe täglich geschmiert werden. 
«Es ist hier oben wie Leistungssport, doch es macht sehr viel Freude.» Und das Wichtigste sei es für ihn, sich auf seine Kollegen verlassen zu können. Deshalb freut er sich über das gute Personal, das er diesen Sommer auf der Sücka hatte, sowie über den Angestellten, der während seiner Abwesenheit zu Hause die Käserei betreut.
 
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
 
Bei seinen Kindern hat Ernst Buff wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen, denn die zwei Mädchen und zwei Burschen tendieren ebenfalls zu handwerklichen Berufen. «Die Älteste hat gerade ihre Gärtnerlehre abgeschlossen. Die anderen beschäftigen sich mit Bäcker- und Kochlehren. Der Jüngste könnte sich mit seinen 14 Jahren auch vorstellen, Käser zu werden.»
 
«Laut den Ärzten dürfte ich gar nicht hier sein»
 
Ernst Buff lebt von Jahr zu Jahr und macht keine langfristigen Planungen. Ihn würde es freuen, auch den 11. Sommer auf der Sücka zu erleben. «Eigentlich hätte ich auch diesen Sommer passen müssen, wenn es nach den Ärzten gegangen wäre», erklärt der 51-Jährige. Die Diagnose lautete Darmkrebs. «Ich wollte aber weder Chemotherapie noch Bestrahlungen und entschied mich, den Sommer auf der Alp zu verbringen.» Mit natürlichen Mitteln wolle er der Krankheit beikommen. «Ich habe meine Ernährung umgestellt und spüre schon, wie der Krebs zurückgeht. «Ich bin überzeugt, dass ich damit den Krebs besiegen kann», sagt Buff, dem man seine Krankheit nicht ansieht. Nicht Selbstmitleid und Chemie sollen helfen – Buff verlässt sich auch in diesem Bereich auf die Selbstheilung und die Natur. 
Seit dem Jahr 2004, in dem der Ruf des Sücka-Käses massiv geschädigt wurde, hat Ernst Buff vieles erreicht. Seine Produkte sprechen für sich und schmecken ausgezeichnet. Die sechs Goldmedaillen, die er an den Alpkäse-Olymiaden schon erringen konnte, bei denen 70 bis 80 Alpkäse aus allen deutschsprachigen Ländern verglichen werden, sprechen eine klare Sprache. Man darf hoffen, dass es in dieser Form weitergeht. Denn die Zahl derer, welche ihr Handwerk beherrschen und ihre Sache gut machen, wird immer geringer. So macht sich Ernst Buff – könnte man meinen – für die Zukunft viel mehr Sorgen um den Nachwuchs im Handwerk als um seine eigene Gesundheit.
 
Steckbrief
 
Name: Ernst Buff
Wohnort: Heldswil/TG
Alter: 51
Beruf: Käsermeister
Hobbys: «mein Beruf»
Leibspeise: Alles
Getränk: Apfelsaft
TV-Vorliebe: kein Fernseher
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Lieblingsort: zu Hause und auf der Alp
Stärke: Ausdauer
Schwäche: «Manchmal lade ich mir zu viel auf einmal auf.»
Motto: «Leben und leben lassen»
Traum: «Mit meinem jüngsten Sohn nach Kanada reisen.»
 

Schlagwörter

Lädt

Schlagwort zu Meine Themen

Zum Hinzufügen bitte einloggen:

Anmelden

Schlagwort zu Meine Themen

Hinzufügen

Sie haben bereits 15 Themen gewählt

Bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits

Entfernen

Um «Meine Themen» nutzen zu können, stimmen Sie der Datenspeicherung hierfür zu.

Ähnliche Artikel

Abo
Unter dem Titel «Was braucht Liechtensteins Wirtschaft?» organisierte die VU eine Podiumsdiskussion in ihrer Veranstaltungsreihe «Zeit für Liechtenstein». Eine klare Antwort auf die Frage gab es nicht, weil es eben auch «die» liechtensteinische Wirtschaft nicht gibt.
17.09.2024
AboPodiumsdiskussion «Was braucht Liechtensteins Wirtschaft?»
Unter dem Titel «Was braucht Liechtensteins Wirtschaft?» organisierte die VU eine Podiumsdiskussion in ihrer Reihe «Zeit für Liechtenstein». Eine klare Antwort auf die Frage gab es nicht.
17.09.2024
#näherdran Gams
Im Frühjahr 2025 könnte die ehemalige Sennerei aus dem Dorfbild verschwinden. Nur die Bewilligung fehlt noch.
20.10.2024
Wettbewerb
3x2 Tickets zum «Benefizkonzert zu Gunsten von SOLie!» zu gewinnen
Christ Andrews
Umfrage der Woche
Was sagen Sie zur geplanten «Revitalisierung» des Rheins zwischen Schaan und Eschen?
­
­