Sei kritisch
Fake News werden salonfähig. Das englische Wort hat’s in den deutschen Duden geschafft. Seit den letzten US-Präsidentschaftswahlen sind Falschnachrichten und Filterblase in aller Munde. Als Internetnutzer und Medienkonsument ist man gefordert. Anstatt eine Nachricht sofort zu teilen, sollte man besser kurz überlegen, die Quelle kritisch überprüfen und eine Zweitmeinung einholen. Ein Blick auf ein klassisches Medium kann helfen, eine zweifelhafte Story einzuordnen. Aber bitte kein Blick in den Blick. Der Blick ist derzeit Fake News-Weltmeister. Gekonnte Zuspitzungen sind im Journalismus das Salz in der Suppe. Das kann der Blick nicht. Der Blick hat es am 15. August geschafft, in seiner Kurzform der Meldung des Vortags über die «Schlaumeiereien von Liechtenstein» gleich mehr oder weniger 15 Falschmeldungen zu platzieren. Das lässt Donald Trump mit seinen Twitter-Tweeds wie ein Chorknabe aussehen.
Noch nie war es so einfach, seine Meinung in die Welt hinauszuposaunen: Gedankensplitter in Tastatur hämmern, Versand-Taste drücken. Erledigt. Wie erfrischend kompliziert war die Meinungsbekundung mit Papier, Schreibmaschine und Postversand. Da blieb doch tatsächlich noch Zeit zum Überlegen und Fakten sammeln.
Meine Welt, meine Fakten
Haben Fakten früher eine grössere Rolle gespielt als heute? Ich habe da meine Zweifel. Vielleicht ist jedoch eines neu: Dass Meinungen stärker als früher im Brustton der Überzeugung als Fakten vorgetragen werden. Ein Blick auf Facebook oder Twitter genügt, um auf Menschen zu stossen, die jede ihrer Einschätzungen für ein «Faktum» halten – und sei diese noch so abwegig. Man muss nur fest daran glauben, was man sagt – und schon hat man «faktisch» gewonnen. Die Filterblase wirkt.
Je vernetzter die Welt, desto isolierter ist das Individuum in seiner Nische von Gleichgesinnten. Die immer gleiche Umgebung und das Internet schaffen Blasen, die dem Einzelnen die Welt bedeuten, dann aber plötzlich platzen, wie beispielsweise jene der Verantwortlichen vom Liechtensteinischen Landesspital. Im Juli mussten sie feststellen, dass sie sich bei den geplanten Fallzahlen und der Sympathie für «ihr» Landesspital massiv getäuscht hatten. Ein Nachtragskredit im Landtag ist die Folge.
Die virtuellen Räume, auch «Echokammern» genannt, in denen man stets nur in seinen eigenen Vorlieben und Ansichten bestätigt wird, sind vom Web-User nicht nur selbstgewählt, sondern werden durch Algorithmen verstärkt: Facebook und Twitter sind so programmiert, dass Gleiche zu Gleichen und Gleichgesinnte zu Gleichgesinnten kommen. In Zeiten von Fake News verliert der Einzelne, ohne es zu merken, seine Deutungshoheit an eine Maschine. Die Anonymität verleitet viele, den letzten Unsinn als ewige Weisheit zu verkaufen.
Banales statt Visionäres
Viele Liechtensteiner Politiker berufen sich darauf, das Ohr am Volk zu haben. Am Stammtisch im Hirschen, Löwen oder eben bei Facebook. Und samstags beim Thekentratsch am Altpapier-Container auf dem Werkhof. Sicherlich gibt es gute Inputs. Aber es ist auch erstaunlich, wie viele Gerüchte und unqualifizierte Äusserungen als Leserbrief, als Forumsbeitrag, im Hoi-Heftli oder als Kleine Anfrage im Landtag landen. In unserem Land wird nicht mehr kritisch hinterfragt. Viel zu viele Banalitäten werden viel zu schnell zu vermeintlich wichtigen Themen. Wir müssen uns in Erinnerung rufen, dass Politiker für visionäre Entscheidungen und nicht für das Nachplappern von Stammtischgeschwätz gewählt werden.
Gespannt bin ich auf die Abstimmungen zur Hängebrücke. Da mischt sich Fake News und Filterblase mit Stammtisch und Thekentratsch. So banal, wie das Projekt auf den ersten Blick vielleicht scheint, ist es nicht. Es ist ein Ausdruck des gemeinsamen Willens von Land und Gemeinden. Wichtig ist es, das Vorhaben mit Fakten, Zahlen und Zukunftschancen zu beurteilen. Ich finde die Idee eines 60 km langen Liechtenstein-Wegs durch alle elf Gemeinden mit einer Hängebrücke für 1.2 Mio eine lohnende und zukunftsweisende Sache. Egal, was der Stammtisch oder Fürst meint.
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Landesspital Liechtenstein
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