Dann klappts auch mit den Nachbarn (Teil 5)
Die Finanzierung des Hausbaus ist geregelt, das Grundstück liegt bereit – jetzt geht es an die Planung. Um in dieser Phase den Durchblick zu haben, ist es von Vorteil, wenn man sich eine gewisse Kenntnis rund um das Baurecht aneignet. Viele Fragen zu diesem Thema beantworten in Liechtenstein das Baugesetz und die dazu gehörige Verordnung der Regierung. Zusätzlich dazu verfügt jede Gemeinde über eine eigene Bauordnung, in der kommunale Besonderheiten geregelt sind. Die meisten liechtensteinischen Gemeinden haben ihre Bauordnung und den dazugehörigen Zonenplan auf ihrer Homepage veröffentlicht.
Baureife
Bevor der Bau starten kann, muss das Grundstück baureif sein. Dafür müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Beispielsweise muss eine Verbindung des Hauses zur Strasse bestehen. Diese Verbindung muss rechtlich gesichert sein, zum Beispiel indem der Nachbar ein Durchfahrtsrecht einräumt. Eine weitere Bedingung ist ein Anschluss an das Kanalnetz, sodass sowohl Trinkwasser zugeführt, als auch Abwasser zur Kläranlage abgeführt werden kann. Auch die Versorgung mit elektrischem Strom muss gewährleistet sein, damit das Grundstück als baureif gilt. Nicht baureif ist der Boden, wenn die Gefahr besteht, dass vorhersehbare Naturkatastrophen wie Erdrutsche oder Lawinen das Haus beschädigen oder zerstören könnten. Ausschlaggebend dafür ist die Gefahrenzonenkarte der Gemeinde.
Auch das Nachbargrundstück ist entscheidend für die Baureife: Wenn das Haus, das man bauen möchte, die Erschliessung des Nachbargrundstückes verhindert, ist das eigene Grundstück nicht baureif.
Gute Nachbarschaft
Wie nah man am Grundstück des Nachbarn bauen darf, ist von der Gebäudehöhe abhängig. Der Abstand muss mindestens 3,5 Meter betragen (Details siehe Tabelle). Der Nachbareigentümer kann auch einem Näherbaurecht oder einem Grenzbaurecht zustimmen. Die Namen dieser beiden Dienstbarkeiten erklären sich von selbst: Beim Näherbaurecht darf man näher an das Nachbargrundstück bauen, als es das Gesetz vorsieht. Das Grenzbaurecht hingegen ermöglicht es, eine Baute direkt auf der Grenze zu erstellen. Ähnlich verhält es sich mit dem Überbaurecht: Der Eigentümer eines Grundstücks darf damit einen Teil des Nachbargrundstücks bebauen.
Öffentlicher Grund: Abstände
Anders geregelt sind die gesetzlichen Mindestabstände zum öffentlichen Eigentum. Hier werden verschiedene Kategorien unterschieden:
* Landstrasse (4,5 Meter)
* Gemeindestrasse (4 Meter)
* Eisenbahntrasse (12 Meter ab Gleismitte)
* Waldrand (12 Meter)
* Gewässer (10 Meter)
* Staatsgrenze (10 Meter)
Privatstrassen werden gehandhabt wie ein Nachbargrundstück. Der Abstand sollte also mindestens 3,5 Meter betragen.
Hecken und Zäune
Als Einfriedung bezeichnet man die Abgrenzung eines Grundstücks durch Zäune, Mauern oder Ähnliches. Das Grundstück ist nur durch ein Tor oder eine Türe betretbar. Wer eine Einfriedung mit Fundament, eine Stütz- oder Futtermauer an der Strasse errichten will, muss das bewilligen lassen. Gefährliche Einfriedungen – beispielsweise ein Stacheldrahtzaun – sind an Strassen verboten.
Auch bei den Einfriedungen unterscheidet man zwischen der Grenze zu öffentlichem und zu privatem Grund. Bei einer maximalen Höhe von 1,25 Metern müssen folgende Abstände eingehalten werden: zu Landstrassen 25 cm, zu Fusswegen 15 cm, zu Ortsgassen und Feldwegen 50 cm. Türen und Tore dürfen nicht in den öffentlichen Grund hineinragen. Bei Lebhägen wie beispielsweise Hecken muss überall ein Mindestabstand von 50 cm eingehalten werden.
Eine Einfriedung, die als Abgrenzung zu einem Nachbargrundstück gilt, darf auch auf der Grenze erstellt werden – allerdings nur bei einer Höhe bis 1,25 Meter.
Ausnützungsziffer
Damit die Landschaft nicht zu dicht verbaut und unansehnlich wird, gibt es die sogenannte Ausnützungsziffer. Sie ist das Verhältnis zwischen der anrechenbaren Bruttogeschossfläche und der anrechenbaren Landfläche des Baugrundstückes.
Das Baugesetz gibt keine Zahl für dieses Verhältnis an, denn jede Gemeinde kann die Ausnützungsziffer in ihrer Bauordnung selbst regeln. In der Gemeinde Balzers beispielsweise beträgt die Ausnützungsziffer zwischen 60 (Wohnzone B) und 95 Prozent (Kernzone). In Eschen hingegen beträgt sie in der Wohnzone zwischen 60 und 75 Prozent. In Triesenberg bewegt sich die Ausnützungsziffer zwischen 40 (Wohnzone Masescha / ufem Bärg) und 80 Prozent (Wohn- und Gewerbezone). Steg hingegen verfügt über keine Ausnützungsziffer.
Die anrechenbare Bruttogeschossfläche beinhaltet alle ober- und unterirdischen Geschossflächen des Hauses inklusive Wand- und Mauerquerschnitte. Bestimmte Räume, die gemäss Gesetz notwendig sind – Einstellräume für Motorfahrzeuge, Keller-, Heiz- und Brennstofflagerräume, technische Installationsräume, Waschküchen, Trockenräume, Balkons und Loggien – zählen nicht zur anrechenbaren Bruttogeschossfläche.
Die anrechenbare Landfläche, von der im Baugesetz die Rede ist, bezeichnet jenen Teil des Grundstücks, das wohl in der Bauzone liegt, aber noch nicht bebaut wurde.
Wir haben uns informiert bei Batliner & Konrad, Rechtsanwälte, Vaduz, und dem Hochbauamt, Vaduz.
Das aktuelle Baugesetz wurde 1947 geschaffen und 1985 einer grossen Revision unterzogen. In einer seiner nächsten Sitzungen wird der Landtag die Totalrevision dieses Gesetzes behandeln. In vielen Teilen ist das heutige Baugesetz veraltet und muss angepasst werden. Gemäss Manfred Gsteu, Verantwortlicher für Baurecht am Hochbauamt, gleicht die Totalrevision «keiner Revolution, sondern einer Evolution». Wesentliche Änderungen sind bei den Bewilligungen rund um den Bau zu erwarten: Die Zuständigkeiten zwischen Land und Gemeinden sollen künftig klar geregelt werden. Das Bewilligungsverfahren soll ausserdem mit der Einführung von Fristen gestrafft werden.
Neben den Normen, die auf diesen Seiten erläutert werden, regelt das Baugesetz noch zahlreiche andere Bereiche: Unter anderem sind dies Bewilligungen, Überbauungspläne, Dachnorm, der Bau von Strassen, Gehwegen und Kanalisation, bautechnische Anforderungen und nicht zuletzt die Beschneiung im Berggebiet.
Regelbauweise
Mit Regelbauweise bezeichnet man jene maximalen Dimensionen, die beim Bau eingehalten werden müssen. Abweichungen von der Regelbauweise müssen als Überbauungsplan speziell bewilligt werden.
Die Regelbauweise des Landes schreibt in Bauzonen eine maximale Gebäudehöhe von elf Metern vor. In öffentlichen Zonen besteht kein Höchstmass. In Industrie-, Gewerbe- und Landwirtschaftszonen können Gebäude eine Höhe bis zu 20 Metern erreichen. Die maximale Gebäudelänge beträgt 30 Meter. Unterirdische Bauteile werden dabei nicht berücksichtigt.
In der Gemeindebauordnung können die maximale Höhe und Länge sonderlich geregelt werden. Nie allerdings dürfen sie die Dimensionen überschreiten, die das Baugesetz vorschreibt. (im)
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