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Liewo-Porträt mit Jan Alicke

«Der Radsport zieht mich in seinen Bann»

Jan Alicke sagt von sich: «Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent.» Neben Familie und Arbeit hat er drei Leidenschaften: Den Ski- und den Radsport und das Speakern. Oft auch mit verrückten Ideen. Sein neues Projekt: Eine Werkstatt für individuelle Fahrräder.
«Würde ich die Chance erhalten, an der Tour de Suisse zu speakern, würde ich ziemlich alles stehen und liegen lassen.» Jan Alicke (Bild: pd)
Jan Alickes zweite grösste Leidenschaft gilt dem Skisport. (Bild: pd)

Eine sauber aufgeräumte Werkstatt im Industriegebiet Balzers, an den Wänden sind – abgedeckt – grosse Fotos zu vermuten. Im Verlaufe des Nachmittags werden sie enthüllt. Zu jedem Bild gibt es eine Geschichte. Eines zeigt einen Fahrer am Swiss Bike Cup in Schaan, dem alle zwei Jahre stattfindenden Mountainbikerennen im Land, ein anderes einen Fahrer beim Val-Lumnezia-Marathon. «Ein besonderes Bild, das mich an meinen eigenen Einsatz an diesem Marathon erinnert», lacht Jan Alicke, umringt von lauter schicken Burschen und Frauen in farbigen Rennfahrertrikots. Es ist Eröffnung bei Jan Alicke, seiner gleichnamigen Werkstatt und Teampräsentation des über die Region hinaus bekannten Teams Bischibike: Radrennfahrer, Mountainbiker, Triathleten, Extremsportler – Frauen und Männer sind hier. Sie tauschen sich mit Förderern und Sponsoren aus, lassen sich fotografieren, lachen. «Ich bringe dir noch ein Schweizer-Meister-Trikot vorbei», verspricht Simon Vitzthum, der den Titel in diesem Jahr auf der Bahn im Punktefahren, Omnium, Einzelzeitfahren und Madison gewann. Jan Alicke strahlt und freut sich, dass der Rheinecker an der Tour de Suisse fahren wird, die vom 18. bis 20. Juni in Liechtenstein gastiert.

Die Leidenschaft fürs Schrauben entfachte
Seine Werkstatt ist seine Leidenschaft. An zwei Nachmittagen die Woche und am Samstagmorgen ist Jan Alicke hier anzutreffen. Räder haben den gelernten Mechaniker schon immer fasziniert. Selber bestritt der in Vaduz aufgewachsene und durch die Heirat nach Balzers gekommene Alicke in jungen Jahren Schülerrennen. Im Erwachsenenalter dann Jedermannsrennen. Beim Handanlegen in der Werkstatt des ehemaligen Sechstagerennen-Spezialisten Roman Hermann in Schaan geschah es: «Die Präzision, die Geschwindigkeit und das Feeling des Radsports zog mich immer mehr in den Bann. Das Feuer für das Schrauben war entfacht.» Doch es war nie sein Ziel, eine Fahrradwerkstatt zu übernehmen. Nicht damals, als die Familie von Roman Hermann das Radsportgeschäft aufgab und auch nicht, als er von einem Werdenberger Betrieb angefragt wurde, das Geschäft zu übernehmen. Aber der Radsport liess ihn nicht los. Manch ein Wochenende stand er in den letzten zehn Jahren für seinen Sohn Konstantin an den Rennstrecken: «Bevor dieser an den Start eines Rennens ging, musste das Bike nochmals gecheckt werden – wie in der Formel 1.» Konstantin blieb nie wegen eines Defekts auf der Strecke hängen. «Da gehört natürlich auch grosses Glück dazu», gibt sich Jan Alicke bescheiden. «Deine Präzision zeichnet dich eindeutig aus», schaltet sich Sohn Konstantin ein, der seinem Vater in der Werkstatt ebenso ab und an zur Hand geht wie Ehefrau Mary.

Die Familie meinte: «Mach was Grösseres draus»
Konstantin war es auch, der seinen Vater auch bei seinen Teamkollegen ins Spiel brachte. «Robin Spiess hat ein neues Zeitfahrrad – bei den Rennrädern die Königsklasse –, und die Zeit wird knapp, dass dieses bis zum Tortur-Start bereit ist. Kannst du ihm unter die Arme greifen?», bettelte er bei seinem Vater. Dieser sprang ein und Robin Spiess wurde Zweiter. Mit diesem Einsatz holte sich Jan Alicke auch das Vertrauen von Christoph Bischof. Der gebürtige Auer mit 18 Jahren Wettkampferfahrung führt seit 11 Jahren ein Radsportgeschäft in Rorschach und ist bekannt für seine «Rennpferde», die Bischibikes. Er bat Jan Alicke, ihn zu unterstützen. So kam es nun des Öftern vor, dass bei Alickes an Abenden die Garage geräumt und in eine Werkstatt umgewandelt wurde. Es war wieder die Familie, die meinte: «Mach was Grösseres draus.»

«Durch das regelmässige Schrauben bin ich ruhiger geworden»
So dass Christof Bischof an diesem Abend das Maskottchen des Bischi-Biketeams in der persönlichen Werkstatt von Jan Alicke übergeben kann. Im Zwei-Wochen-Rhythmus fährt Jan Alicke zu Bischof nach Rorschach, holt Teile für zwei bis drei Fahrräder und bringt sie zusammengeschraubt wieder zurück. Bischibikes sind speziell und individuell. «Ich will keine Konkurrenz zu den hiesigen Radsportgeschäften sein, sondern eine Nische schaffen. Will zum Beispiel eine Frau ein individuelles Bike im Zebra-Look, dann bin ich die richtige Adresse», betont Jan Alicke. In seiner Werkstatt schraubt er alles zusammen, sei es ein E-Bike oder ein Citybike. Besonders mag er Sonderanfertigungen. Zum Beispiel eine Lichthalterung zu erstellen, die es bisher auf dem Markt nicht gibt. Am liebsten schraubt er aber nach wie vor an Rädern für den Rennbetrieb. Bei seiner Arbeit aber kreisen seine Gedanken nicht nur um Fahrräder. Oft auch um seinen Hauptberuf als Leiter Transporte und Entsorgung in einem Betrieb, in dem er sich die letzten fünf Jahre in eine leitende Position gearbeitet hat. «Hier in meiner Werkstatt kann ich gut nachdenken und gehe am nächsten Tag oft mit guten Ideen ins Geschäft. Zudem bin ich viel ruhiger geworden, seit ich mich zusätzlich zu meinem Haupterwerb in der Werkstatt betätige.» Am glücklichsten aber ist er, wenn die Besucher seine Werkstatt mit Freude verlassen: «Die Freude in den Augen meiner Kundschaft gibt mir unglaublich viel zurück.» 
Zur Arbeit geht Jan Alicke jeden Tag gerne. Dass er an zwei Nachmittagen die Woche seinem Nebenerwerb nachgehen kann, erachtet er nicht als Selbstverständlichkeit: «Es ist aber schön zu wissen, dass mein Arbeitgeber zu 100 Prozent hinter mir steht und mir diese Tätigkeit ermöglicht.»

Funktionär, Organisator und Speaker in verschiedenen Sportarten
Jan Alicke hat immer viel gearbeitet. Im Beruf und in seiner Freizeit. Seine zweite sportliche Leidenschaft neben dem Radsport gehört dem Skisport. Vom Funktionär bis zum Jugendtrainer des Liechtensteinischen Skiverbandes hat er alles gemacht. Er war zwischen 2004 und 2007 Präsident des Skiclubs Balzers. Zur gleichen Zeit übernahm er während sechs Jahren die Organisation des Talentecups. Anfangs nannten seine Kollegen seine Idee, den jungen Athletinnen und Athleten ein Umfeld wie an einem Weltcuprennen mit Absperrungen und einem Speaker zu bieten, als verrückt. Später zog er als Speaker manch einen Skifahrer an den Pistenrand. Er versteht es, die Menschen in seinen Bann zu ziehen, sei es als Speaker eines Skirennens oder von Motocross- oder Mountainbike-Landesmeisterschaften.

Mehr Zeit für sich finden
Das Leben von Jan Alicke ist interessant und abwechslungsreich. Tiefs gibt es aber auch bei ihm, und deshalb versucht er jetzt nach der intensiven Zeit mit dem Einrichten der Werkstatt auch mehr Zeit für sich zu finden. Hat er einen freien Tag, ist er gerne mit dem Rennrad unterwegs. Wenn sich die Zeit findet, geniesst er Ausfahrten mit Tochter Valentina, Ehefrau Mary oder ein Mitfahren beim Grundlagentraining mit seinem Sohn Konstantin. Bei diesen Ausfahrten oft dabei ist auch Hund Gino, das jüngste Familienmitglied. Und wie könnte es anders sein, erhofft sich Jan Alicke noch viele Stunden auf dem Rennrad: «Schon immer bewundere ich die junggebliebenen Pensionäre auf ihren Radtouren. Ich wünsche, dass auch ich nach 65 noch fit bin.» Dann würde er gerne einmal mit dem Rennrad von Liechtenstein in die Abruzzen – «seinen Lieblings-Ferienort»: «Oder einfach meinen Lebensabend bei einer Tour auf dem Rennrad aus meiner Werkstatt und zusammen mit Familie oder Freunden geniessen.» 

 

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