«Liewo»-Weihnachtsgeschichte
Das schönste Weihnachtsgeschenk
Wilhelm war immer ein gutes Kind gewesen, aber in letzter Zeit war er selbstsüchtig und faul. „Warum soll ich etwas lernen?“, forderte er oft seinen Lehrer heraus. „Eines Tages erbe ich sowieso alles. Dann können die Bauern im Dorf für mich arbeiten.“
An einem Tag Ende November – die Schule war wegen des vielen Schnees ausgefallen und der Vater war auf Reisen – kam die Mutter mit besorgter Miene ins Spielzimmer: „Ich habe eine Nachricht erhalten. Papa ist schwer vom Pferd gestürzt und liegt im Krankenhaus. So bald werden wir ihn nicht wiedersehen.“ Wilhelm kämpfte mit den Tränen und Mama wollte ihn tröstend in den Arm nehmen. Doch da rief er: „Bedeutet das, es gibt keine Geschenke zu Weihnachten?“ Die Mutter bekam plötzlich einen ungewohnt zornigen Gesichtsausdruck. Wortlos zog sie ihren Sohn hinter sich her und setzte ihn draußen im Hof in eine Kutsche. „Du fährst auf den Quellhof zu Bauer Wolters. Er ist alt und seine Frau krank. Sie können Hilfe gut gebrauchen.“
Von nun an verbrachte Wilhelm seine Tage im Kuhstall und seine Nächte auf einer Pritsche unter dem Dach. In der ersten Adventswoche schmollte er und drückte sich vor der Arbeit. Weil er sich weigerte, Frau Wolters beim Buttermachen zu helfen, mussten sie trockenes Brot essen, und weil er Kuh Winnie einmal einen unsanften Klaps aufs Hinterteil gab und sie ihn daraufhin gegen eine Mauer schubste, war er übersät mit blauen Flecken. In der zweiten Adventswoche war Wilhelm das Schmollen leid. Er begann zu verstehen, wie hart das einfache Leben auf dem Land sein konnte und dass seine Selbstsucht anderen schadete. Plötzlich packte er mit an, mistete aus, fütterte die Kühe und half beim Melken. Winnie schaute ihn nun viel freundlicher an und ließ sich von ihm sogar die Stirn streicheln. In der dritten Adventswoche begann die Arbeit Wilhelm sogar Freude zu bereiten, und die Tiere und das alte Bauernpaar wuchsen ihm ans Herz. Aber eines Tages, Weihnachten war schon nahe, überkam den Jungen die Sehnsucht nach seinen Eltern. „Wie es Papa wohl geht?“, fragte er sich oft.
Am Mittag des Heiligen Abends hatte es erneut heftig geschneit und Wilhelm half Bauer Wolters beim Schneeschippen. Er sah gar nicht, wie sich ein prächtiger Pferdeschlitten, gezogen von sechs Haflingerpferden, näherte. Darin saßen seine Eltern und beide bekamen ein Strahlen ins Gesicht, weil ihr Junge dem alten Bauern so fleißig zur Hand ging. Als er sie entdeckt hatte, flog Wilhelm ihnen in die Arme. „Ich bin so froh, dass du wieder gesund bist, Papa!“, rief er. Das alte Bauernpaar kam hinzu und die Kutscherin machte sich am Geschirr der Pferde zu schaffen. „Ihre Stube ist kalt und düster. Wollen Sie Weihnachten mit uns verbringen?“, fragte Wilhelm Herrn und Frau Wolters. Die beiden bekamen ganz feuchte Augen vor Freude. So fuhren sie alle zusammen durch die glitzernde Winterlandschaft und die Glöckchen am Geschirr der Pferde läuteten in hellem Klang im Takt ihrer Tritte.
Als sie zu Hause ankamen, erschien es Wilhelm, als wäre er Jahre weg gewesen. Im Wohnzimmer eröffnete sich ihm ein wunderschönes Schauspiel: Mittig des Raumes stand eine dichte Tanne, bestückt mit unzähligen Kerzen. An der Festtagstafel freuten sich Wilhelms Eltern, das Bauernpaar Wolters und alle Bediensteten des Hauses über das überbackene Wild-ragout mit eingelegten Christbirnen und Kartoffelerbsenpüree. Wilhelm ließ es sich von Herzen schmecken und genoss die Zeit mit all den lieben Menschen im Raum. Anschließend wurde er von Papa reich beschenkt. Wilhelm aber sagte: „Dieses Drehkarussell behalte ich gern, als Erinnerung. Aber den Rest möchte ich den Kindern im Dorf schenken.“
Geschichte von:
Mühlbauer/DEIKE
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