Sicheres Arbeiten auf der Baustelle (Teil 8)
Arbeitsunfälle passieren immer wieder. Mal wird kein Helm getragen, mal ist eine falsche Anseilung schuld. Mal sind die Arbeitsmittel defekt, mal ist eine Leiter falsch aufgestellt. In Liechtenstein passieren die häufigsten Unfälle auf der Baustelle, weil jemand stolpert und stürzt. Hinterher weiss man, wie man hätte handeln sollen. Man weiss, wie Unfälle hätten verhindert werden können. Hinterher. Um unschöne Situationen im Baubereich von vornherein zu vermeiden, wurde vor einigen Jahren beschlossen, dass fortan eine Person damit betraut werden soll, die auf Baustellen dafür sorgt, dass die geltenden Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden: der Baustellenkoordinator. Die gesetzliche Grundlage dazu bildet das Baukoordinationsgesetz BauKG, das seit sechs Jahren in Kraft ist. Es behandelt die Koordination von Sicherheits- und Gesundheitsschutzmassnahmen und soll die Situation der Arbeitnehmer auf Baustellen verbessern. Darin geregelt ist auch die Funktion des Baustellenkoordinators.
Auf jeder Baustelle, auf der mehr als ein Unternehmen Arbeiten ausführt, ist ein solcher Baustellenkoordinator notwendig.
Also unter anderem bei:
• Aushub
• Erdarbeiten
• Bauarbeiten im engeren Sinne
• Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen
• Einrichtung oder Ausstattung
• Umbau, Renovierung, Reparatur, Sanierung, Wartungsarbeiten
• Instandhaltungsarbeiten
• Maler- und Reinigungsarbeiten
• Abbau- und Abbrucharbeiten
Die Bauherrschaft ist dazu verpflichtet, eine Person mit dieser Aufgabe zu betrauen. Andernfalls erhält sie beispielsweise keine Baubewilligung.
Nur ein Unternehmen
Ist hingegen nur ein Unternehmen beteiligt, ist ein Baustellenkoordinator nicht notwendig. Das Unternehmen ist alleine für die Sicherheit zuständig und muss das intern regeln. Gemäss Bauarbeitenverordnung ist jeder Arbeitgeber dazu verpflichtet, auf der Baustelle eine Person zu benennen, die für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz zuständig ist – unabhängig davon, ob für die Gesamtbaustelle ein Koordinator beauftragt ist. Die Massnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz auf der Baustelle regeln Bauherrschaft und Arbeitgeber bereits im Werkvertrag. Erst wenn die Massnahmen auch getroffen bzw. eingeleitet worden sind, darf mit den Arbeiten auf der Baustelle begonnen werden.
Anforderungen an den Koordinator
Nicht jeder kann die Aufgaben des Baustellenkoordinator wahrnehmen. Die Person muss vom Fach sein und eine Qualifikation zum Maurer- oder Zimmermeister vorweisen und muss mindestens die Position des Bauleiters innehaben. Spezielle Kurse bilden dann zum Baustellenkoordinator aus.
Je nach Grösse der Baustelle und Umfang der Arbeiten, kann beispielsweise der Architekt neben der Planung auch die Koordination übernehmen. Das ist häufig bei Kleinbaustellen von Einfamilienhäusern der Fall. Bei grösseren Baustellen empfiehlt es sich eine Person gesondert mit den Aufgaben der Baustellenkoordination zu beauftragen – einerseits im Sinne der Arbeitsteilung, andererseits um die Planungs- und Koordinationsaufgaben objektiv voneinander zu trennen und die einzelnen Bereiche besser zu kontrollieren. Inzwischen gibt es einige Unternehmen, die speziell zur Baustellenkoordination ihre Dienste anbieten. Ist entschieden, wer die Aufgabe übernehmen soll, benötigt man zur Durchführung eine Bewilligung seitens der Abteiligung für Arbeitssicherheit beim Amt für Volkswirtschaft.
Sicherheit von A bis Z
Was macht der Baustellenkoordinator? Grob gesagt, ist er dafür zuständig, dass alle Vorkehrungen getroffen werden, die ein sicheres und risikofreies Arbeiten auf der Baustelle ermöglichen. Beispielsweise müssen die Gerüste sicher sein; die Baustelle muss in Ordnung gehalten werden, damit durch herumliegendes Material keine Stürze verursacht werden; beim Arbeiten mit giftigen Substanzen muss gewährleistet werden, dass die Arbeiter entsprechend geschützt werden; die Helmpflicht muss eingehalten werden etc. Dabei kann er sich an einer Checkliste orientieren, die das Amt für Volkswirtschaft zur Verfügung stellt.
Der Koordinator ist nicht rund um die Uhr auf der Baustelle anzutreffen. Aber er ist dazu verpflichtet, immer wieder Kontrollen durchzuführen. Kontrollen führt nicht nur der Koordinator aus. Auch die einzelnen Arbeitgeber, der Bauleiter, die Bauherrschaft und nicht zuletzt das Amt für Volkswirtschaft kontrollieren immer wieder die Situation.
Baustellen-Touristen
«Unbefugten ist der Zutritt verboten.» Dieses Schild ist ausserhalb der meisten Baustellen zu finden. Allein, es reicht nicht aus, um eine Baustelle zu sichern. Die Bauherrschaft hat dafür zu sorgen, dass niemand die Baustelle betritt, der nicht dazu berechtigt ist. Das betrifft neugierige Nachbarn genauso wie Kinder auf Entdeckungstour. Die Baustelle darf, den Verhältnissen angepasst, für Unbefugte nicht zugänglich sein. Je nach Lage der Baustelle sind dabei verschiedene Massnahmen zu ergreifen. In der Nähe eines Kindergartens oder einer Schule sind ein Schild und eine leichte Absperrung nicht ausreichend. Die Bauherrschaft muss davon ausgehen, dass viele vorbeilaufende Kinder Zutrittsverbote nicht beachten – schlichtweg weil sie das Alphabet noch nicht beherrschen. Besser ist es, einen Sicherheitszaun anzubringen, der nur mit Gewalt oder mit Hilfsmitteln entfernt werden kann. Verschafft sich dennoch jemand unberechtigterweise Zutritt, kann der Bauherr nachweisen, dass er alle Massnahmen ergriffen hat, um Unfälle zu verhindern.
Vorkehrungen auf Baugerüsten
Einen wichtigen Bereich punkto Sicherheit macht der Gerüstbau aus. Ein Fassadengerüst muss dann aufgezogen werden, wenn Hocharbeiten auf einer Höhe von mehr als drei Metern stattfinden. Ausserdem müssen Absturzstellen gesichert werden, die höher als zwei Meter sind. Verschiedene Unternehmen – vom Maurer über den Zimmermann bis zum Dachdecker – arbeiten häufig in einer Höhe von mehreren Metern. Umso wichtiger ist es, dass das Baugerüst gut abgesichert ist und regelmässig kontrolliert wird. Je mehr Menschen darauf arbeiten, desto häufiger müssen auch Kontrollen stattfinden. Werden Mängel festgestellt, darf das Gerüst nicht benutzt werden.
Wir haben uns informiert bei Roman Hermann, Schaan.
Sicherheit-Gesundheitsplan
Bevor eine Baustelle eröffnet wird, muss ein Sicherheits- und Gesundheitsplan (SiGe-Plan) erstellt werden. Der Bauherr muss dafür sorgen, dass dies geschieht. Darin werden die Arbeitsschutzbestimmungen aufgeführt und Massnahmen, die bei besonders gefährlichen Arbeiten ergriffen werden.
Eine Baustellenordnung im SiGe-Plan regelt, wie man sich auf der Baustelle zu verhalten hat. Die Bauordnung umfasst Punkte wie die Zutrittsberechtigung, die verantwortlichen Personen, Meldung von Abweichungen beim Bauablauf, die Meldung von Unfällen, Verwendung von gefährlichen Stoffen etc.
Ausserdem findet sich im SiGe-Plan eine Terminübersicht, welche Sicherheitsmassnahmen wann von welchem Unternehmen zu ergreifen sind, wie die Kontrolle und die Instandhaltung stattfinden.
Die verschiedenen Arbeitsgattungen auf der Baustelle sowie der Umfang der Arbeiten und der Gefährdung bei diesen Arbeiten werden ebenfalls im Sicherheits- und Gesundheitsplan festgehalten. (im)
Die Sicherheit auf Baustellen und am Arbeitsplatz ist in Liechtenstein unter anderem in folgenden Gesetzen und Verordnungen geregelt:
• Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG)
• Bauarbeitenkoordinationsverordnung (BauKV)
• Bauarbeitenverordnung (BauAV)
• Arbeitsgesetz (ArG)
• Verordnung über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz.
Nähere Auskünfte zum Thema unter www.avw.llv.li oder bei Paul Kaiser, Abteilung Arbeitssicherheit beim Amt für Volkswirtschaft.
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