NZZ-Beitrag «Policen als Würze im Private Banking» hilft dem Versicherungsstandort Liechtenstein
In Gesprächen mit ihren Finanzberatern machen vermögende Kunden die Erfahrung, dass Lebensversicherungen eher selten als Bestandteil ihrer individuellen Finanzplanung angeboten werden. Dafür gibt es zwei wesentliche Ursachen: Erstens werden mit dem Todesfallrisiko bei der Lebensversicherung und mit dem Risiko Langlebigkeit bei der Rentenversicherung Felder abgedeckt, die für Banker kaum im Zentrum ihres Tagesgeschäfts stehen. Zweitens liegt die Vermögensverwaltung bei einer Lebensversicherung meistens beim Versicherer selber und nicht bei der Bank, was aber die kommerzielle Attraktivität des Produktes für die Bank reduziert.
Zusammenfügen von Bausteinen
Hinzu kommt, dass gerade Lebens- und Rentenprodukte wenig Spielraum für die bei der Betreuung vermögender Kunden so wichtige Asset-Allocation lassen. Denn letztlich gibt es hierfür je nach Land sehr strenge Vorgaben des Regulators an Versicherungsunternehmen, was dazu führt, dass die kollektiv verwalteten Kapitalanlagen der Versicherungskunden in aller Regel konservativ strukturiert sind; überwiegend wird in Staatsanleihen und in Immobilien investiert. Gleichzeitig sind Lebens- und Rentenversicherungen in vielen Ländern aufgrund ihres Vorsorgecharakters steuerlich bessergestellt. Je nach Land lassen sich auch attraktive Regelungen bei der Einkommensteuer mit Vorteilen im Schenkungs- oder Erbschaftsfall kombinieren. Dies gilt auch für die im letzten Jahrzehnt verstärkt aufgekommenen fondsgebundenen Produkte, bei denen der Kunde das Anlagerisiko selbst trägt, seine Auswahl in der Regel jedoch nur aus einem eingeschränkten, hausinternen Fonds-Universum treffen kann.
Im Unterschied zu klassischen Versicherungen gibt es bei der vermögensgebundenen Lebensversicherung eine Arbeitsteilung. Der Versicherer trägt das biometrische Risiko, etwa die Langlebigkeit bei der Rentenversicherung, oder das Todesfallrisiko. Der externe Vermögensverwalter kümmert sich um die Bewirtschaftung der Gelder. Der Kunde leistet eine Einmalprämie entweder mit Überweisung oder, was in einigen Ländern möglich ist, durch den Übertrag eines bestehenden Depots auf den Versicherer. Diese Assets gelten als Sondervermögen, fallen also bei Insolvenz des Versicherers nicht in die Konkursmasse.
Die Versicherung beauftragt nun einen externen Anlageberater mit der Vermögensverwaltung gemäss Richtlinien, die der Kunde zuvor im Versicherungsantrag festgelegt hat. Diese Form der Vermögensverwaltung unterscheidet sich von herkömmlichen Verfahren dadurch, dass nicht mehr der Versicherer die Vermögen einer Vielzahl von Kunden kollektiv verwaltet, sondern diese Aufgabe einem Anlageberater ausserhalb der Versicherung zufällt. Um steuerliche Vorzugsbehandlung zu erreichen, sind je nach Land bestimmte Vorschriften einzuhalten. In der Schweiz etwa gilt eine Mindestvertragsdauer von zehn Jahren mit einem Vertragsbeginn vor dem 66. Geburtstag des Versicherungsnehmers und einem Vertragsablauf nach dem 60. Geburtstag.
Steuerliche Anreize spielen wichtige Rolle
Nimmt man das Beispiel eines italienischen Unternehmers, sechzigjährig, verheiratet, mit zwei Kindern, vier Enkeln und einem frei verfügbaren Vermögen von 9 Mio. €, das an die nächste Generation weitergegeben werden soll, so werden die Möglichkeiten einer solchen massgeschneiderten Lösung deutlich. Das Vermögen liegt bei einer Privatbank in der Schweiz, die zusammen mit dem Versicherer vorschlägt, das Vermögen auf drei vermögensgebundene Lebensversicherungspolicen aufzuteilen, in denen die Ehefrau und jeweils eines der Kinder begünstigt sind. Im Falle des Ablebens auch der jeweils Begünstigten werden bei Vertragsabschluss die Enkel zu gleichen Teilen nachfolgend im zweiten Grad begünstigt. Sollten später weitere Enkel hinzukommen, so wird die Bezugsberechtigung ausgedehnt. Je Versicherungspolice beträgt die Prämie somit 3 Mio. €.
Im Falle vorzeitigen Ablebens erhalten die Begünstigten die Leistung aus den drei Versicherungspolicen, frei von Erbschaftssteuern. Im Vergleich dazu wäre bei der Weitergabe der Vermögen ohne Versicherung, etwa bei einem Bankdepot, unter Berücksichtigung des in Italien geltenden Freibetrags für Erben ersten Grades von 1 Mio. € eine Erbschaftssteuer von 80 000 € je Erben (4% auf 2 Mio. €) angefallen. Geht man nun noch von der Annahme aus, dass das so verwaltete Vermögen über die Laufzeit des Vertrags eine Wertsteigerung erfährt, so würde bei einem Bankdepot eines italienischen Kunden eine Besteuerung des Wertzuwachses von 12,5% resultieren – bei einer Versicherungslösung sind diese Wertzuwächse im Todesfall zusätzlich steuerfrei.
Wer sich bindet, kann profitieren
Anhand eines Beispiels für einen deutschen Kunden kann man leicht erkennen, dass sich ein derart konzipiertes Produkt rechnet. Schliesst ein 50-Jähriger eine vermögensgebundene Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ab und leistet er eine Einmalprämie von 1 Mio. €, die mit einer durchschnittlichen Performance von jährlich 6% investiert wird, ergeben sich über die Laufzeit kontinuierlich steigende Steuervorteile gegenüber der Lösung ohne Versicherungspolice, da die seit Januar 2009 geltende Abgeltungssteuer in Höhe von 25% auf allen Kapitalerträgen und realisierten Wertsteigerungen des Vermögens unter bestimmten Auflagen während der Vertragslaufzeit der Versicherung entfällt.
Nach einer Vertragslaufzeit von mindestens 12 Jahren und bei einem Mindestalter von 60 Jahren des Versicherungsnehmers wird die über die Vertragslaufzeit erzielte Wertsteigerung bei Ausübung des Kapitalwahlrechts zudem nur noch zur Hälfte mit dem dann gültigen persönlichen Steuersatz besteuert. Letztlich wirkt dieser Ansatz wie eine Stundung von Steuern, was bei Einkommen, die mit dem deutschen Spitzensteuersatz belastet sind, zu einer Steuerersparnis führen dürfte. Dadurch können Vorteile gegenüber dem konventionellen Bankdepot von bis zu 10% bei langen Laufzeiten realisiert werden. Hinzu kommen auch bei diesem Produkt die in Deutschland üblichen Vorteile bei der Weitergabe des Vermögens. Dazu zählt, wie auch in Italien, die gegenüber dem herkömmlichen Nachlassverfahren schnellere Verfügbarkeit des Vermögens für die Begünstigten. So hat der Begünstigte einen direkten Rechtsanspruch gegenüber der Versicherung. Die Versicherungspolice fällt somit nicht in den Nachlass.
EU-Recht und der nationale Steuervogt
Seit 1994, als der einheitliche europäische Finanzmarkt geschaffen wurde, ist auch der grenzüberschreitende Vertrieb von solchen Versicherungsprodukten erlaubt, deren Entwicklung und Vertrieb im jeweiligen Heimatland selbst durch das dort gültige Aufsichtsrecht für Versicherungen ausgeschlossen ist. In Liechtenstein, das seit 1995 Mitglied des EWR ist, in Luxemburg und in Irland wurden die 3. und die 4. EU-Richtlinie für Lebensversicherungen weitgehend unverändert umgesetzt. In anderen Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, wurden stärker einschränkende Vorschriften für die Kapitalanlage der Versicherungsprodukte erlassen. Dennoch können aufgrund des Anspruchs auf freien Marktzugang auch Versicherungsprodukte aus den drei erstgenannten Ländern im ganzen EU-Raum angeboten werden. Dabei ist zu beachten, dass diese Versicherungsprodukte den jeweiligen nationalen Steuervorschriften sowie den Vorschriften zum Konsumentenschutz entsprechen.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, dann können Kunden in allen Ländern der EU von den vielfältigen Vorteilen dieser modernen Varianten einer Lebensversicherung profitieren. Auf diese Weise sind vor allem in Luxemburg und in Liechtenstein eine Reihe von namhaften Versicherern aktiv geworden, wie Lombard oder wie Tochtergesellschaften von Bâloise oder Swiss Life. Der Standort Liechtenstein bietet auch die Möglichkeit, den Schweizer Markt mit seiner internationalen Kundschaft zu bedienen. Da das Fürstentum ein entsprechendes Abkommen mit der Schweiz geschlossen hat, ist der Marktzugang für liechtensteinische Versicherer gesichert. Somit können vermögensgebundene Lebensversicherungen auch von Banken und Vermögensverwaltern in der Schweiz für ihre ausländischen Kunden eingesetzt werden.
Die Autorin Annemie D'Hulster ist CEO von Bâloise Life, Liechtenstein.
Quelle: NZZ-Online. 7. Juli