LGT-Kunden machen Ernst
Der ehemalige Kunde der LGT Treuhand in Vaduz fordert von der Nachfolgerin der Treuhandgesellschaft 13 Millionen Euro Schadenersatz. Er wirft dem Institut des Fürstenhauses von Liechtenstein vor, die Berater hätten ihn nicht rechtzeitig über den Datendiebstahl informiert, der 2008 zu Ermittlungen gegen ihn und 700 weitere deutsche Steuersünder geführt hatte. Weil der Geschäftsmann vom Datenklau nichts wusste, habe er sich nicht selbst anzeigen können, um straffrei zu bleiben, bestätigte der Anwalt des Klägers einen Bericht der «Financial Times Deutschland».
Stattdessen führten die deutschen Behörden gegen den damals 66-jährigen Immobilienunternehmer aus Bad Homburg in Hessen den ersten Prozess in der Steueraffäre. Der Mann erhielt eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung und eine Geldstrafe von 7,5 Millionen Euro. Der gesamte Schaden – inklusive Steuerrückforderung des deutschen Finanzamtes – belief sich auf über 20 Millionen Euro.
Zivilprozess am Landgericht Vaduz
Einen Teil des Schadens fordert der Immobilienunternehmer nun zurück. Der Zivilprozess beginnt am kommenden Mittwoch vor dem Landgericht in Vaduz. Die Klage des Steuersünders richtet sich allerdings gegen die Fiduco Treuhand AG, da die LGT Treuhand im Frühjahr 2009 von der First Advisory Group in Vaduz übernommen worden war und mittlerweile unter neuem Namen firmiert. Unklar ist bisher, wer allfällige Ansprüche aus der Klage zu berappen hätte – die LGT Gruppe oder die First Advisory Group. Die Sprecher der Unternehmen verwiesen darauf, dass der Umgang mit Schadenersatzforderungen in der Kaufvereinbarung geregelt sei. Über die Details sei jedoch Stillschweigen vereinbart worden.
Musterprozess für weitere Fälle
Der Prozess gilt nach Auskunft von Beobachtern als Musterprozess, da auch andere Steuerhinterzieher Klagen gegen die im Besitz des Fürstenhauses stehende LGT prüfen. Sollte der Kläger Recht bekommen, könnte eine Welle von Schadenersatzforderungen auf das Geldinstitut zurollen. Ein Vaduzer Rechtsanwalt bestätigt, dass er mehrere Klagen vorbereitet und einreichen wird, sobald die deutschen Behörden die Höhe der Steuernachforderung festgesetzt hätten.
Vergleich mit Fall Schockemöhle
Die LGT hat die Erfolgsaussichten solcher Klagen bisher mit Verweis auf die Rechtssprechung in einem vergleichbaren Fall vorsichtig beurteilt. Der frühere deutsche Springreiter Paul Schockemöhle hatte den Liechtensteiner Treuhänder Herbert Batliner verklagt, weil dieser ihn nicht über einen Datendiebstahl in seinem Büro informiert hatte. Schockemöhle blieb keine Gelegenheit zur Selbstanzeige, stattdessen musste er mehrere Millionen Euro nachzahlen. Der Oberste Gerichtshof wies die Klage zurück und qualifizierte die Steuern, die Schockemöhle nachzahlen musste, als nicht ersatzfähigen Schaden.
Juristen sind dagegen der Ansicht, dass der Fall Schockemöhle trotz zahlreicher Parallelen nicht ohne weiteres auf die Steueraffäre übertragen werden könne. Denn zwischen dem Datendiebstahl bei der LGT Treuhand im Jahr 2002 und dem Beginn der Steueraffäre lag 2004 die Steueramnestie in Deutschland. Hätten die LGT-Kunden zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass sich ihre Daten in fremden Händen befanden, hätten sie von der Amnestie Gebrauch gemacht, argumentieren Juristen. In diesem Fall wären die Steuersünder unbestritten weitaus günstiger davongekommen als in den nun laufenden Verfahren. (ps)
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