LGT gerät erneut ins Visier
VON JOHN DYER, BOSTON, UND VALESKA BECK
Der 67-jährige Finn Caspersen hat Millionen gespendet. Zu den Nutzniessern seiner Grosszügigkeit gehörten unter anderem die Universitäten Harvard und Princeton. Caspersen hatte sein Vermögen mit einem Unternehmen zur Finanzierung von Konsumentenkrediten gemacht, der Beneficial Company. 1998 verkaufte er sie für 8 Milliarden Dollar. Er war ein angesehener Mann, Präsident der US-Reitermannschaft, einflussreich in der Republikanischen Partei – und litt an Krebs. Am 7. September nahm er sich an seinem Wohnsitz im wohlhabenden Shelter Harbor in Rhode Island das Leben.
LGT soll involviert sein
Die «New York Times» berichtete nun, dass der wahre Hintergrund seines Selbstmords der Kampf der neuen US-Regierung gegen die Steuerhinterziehung sein könnte. Caspersen soll laut dem Zeitungsbericht Millionen auf ausländischen Konten versteckt haben – Teile davon auch bei der LGT Bank in Liechtenstein. Dies habe die US-Steuerbehörde IRS von einer mit dem Fall betrauten Person in Erfahrung gebracht, schrieb die «New York Times».
LGT-Mediensprecher Christof Buri wollte sich auf Anfrage des «Liechtensteiner Vaterlands» nicht zum Fall äussern. «Über bestehende oder mögliche Kundenbeziehungen dürfen wir keine Auskunft geben», so Buri.
100 Millionen Dollar hinterzogen?
Die US-Steuerbehörde IRS verdächtigte den Milliardär, Steuern in Höhe von 100 Millionen Dollar hinterzogen zu haben. Dafür hätte ihm eine Gefängnisstrafe gedroht. Caspersen scheint seine Angelegenheiten kurz vor seinem Tod geregelt zu haben: Er schrieb sein Anwesen in Rhode Island für 11 Millionen Dollar zum Verkauf aus. Er trat von seinen zahlreichen Ehrenämtern zurück, etwa aus einem Beratergremium der Harvard Universität.
Doch die Steueraffäre konnte er mit seinem Tod nicht beenden. Laut der «New York Times» hat die Steuerbehörde bereits die Betreibung gegen Vermögen der vier Söhne Caspersens eingeleitet.
Möglichkeit der Amnestie
Noch bietet sich den Erben die Möglichkeit der Selbsterklärung: Bis zum 23. September haben reuige Amerikaner Zeit, der Steuerbehörde ihre versteckten Konten im Ausland anzugeben. Wenn sie dies nicht tun, werden ihre Fälle dem US-Justizministerium übergeben. «Das ist ihre letzte und beste Chance, eine grosszügige Behandlung zu geniessen», sagt Evan Stewart, Rechtsanwalt in Washington. «Wenn jemand 50 Millionen Dollar irgendwo versteckt hat, dann muss er ein ganzes Jahr lang mit der Angst leben, aufzufliegen.» Kein Wunder, dass Stewart und andere Steueranwälte derzeit zahlreiche Anfragen verängstigter Kunden erhalten.
Die Steuerbehörde hat eine Liste von 4500 Namen von Amerikanern, die ihr Geld auf dem Umweg über die Schweiz hinterzogen haben. Allerdings teilt sie nicht mit, wer auf dieser Liste steht.
LGT baut US-Geschäft ab
Zu Caspersens Selbstmord könnte auch beigetragen haben, dass sich viele Banken von ihren einst umworbenen US-Kunden distanziert haben – so auch die LGT Bank. Im Sommer 2009 forderte sie ihre US-Kunden auf, «Angaben zu ihrem Steuerstatus zu geben», wie es LGT-Mediensprecher Buri formuliert.
Das Ziel sei es, von den Kunden eine Bestätigung zu erhalten, dass ihre bei der Bank angelegten Gelder korrekt deklariert seien – andernfalls würden die Konten durch die Bank gekündigt. «Dem zugrunde liegt ein bereits anfangs 2008 gefällter Entscheid, das Geschäft mit US-Privatkunden, das wir nie aktiv betrieben haben und das sowohl volumen- als auch ertragsmässig immer von untergeordneter Bedeutung war, abzubauen», erklärt Buri.
Milliarden gehen flöten
Laut der US-Steuerbehörde verlieren die USA jährlich 100 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen aus Vermögen, die auf ausländischen Konten liegen. Nicht nur in Zeiten explodierender Staatsdefizite könnte Washington dieses Geld gut gebrauchen.
Schlagwörter
-
Bankgeheimnis
-
LGT Bank AG
-
LGT Group