Wunder gibt es immer wieder
«Nicht ärgern, nur wundern.» Ein alter Spruch, ich weiss. Drum hab ich mir das Ärgern auch abgewöhnt. Und wundern tut mich schon lange nichts mehr. Man gewöhnt sich an alles, irgendwann, irgendwie.
Wenn ? nur mal so als Beispiel ? in einem grossen Land eine Menge Leute krimineller Weise ihre Kohle im Ausland verstecken, muss einen das nicht wundern, wenn in dem Land die Steuern sehr hoch sein sollten. Gut finden muss man das nicht, sag ich ja gar nicht, aber wundern darfs einen nicht.
Aber wenn dann der Fiskus des besagten Hinterziehers dem deswegen bös ist und die Kohle wiederhaben will, weil er sich sagt, der Hehler sei genauso schlimm wie der Stehler und er nur über den Hehler an den Typen rankommt, sollen die, die das vermisste Geld bunkern, um ganz legal dran zu verdienen, nun die Karten auf den Tisch legen.
Wenn die das nicht machen, droht der bis dahin angeschmiert gewesene Fiskus, den ausländischen Kässeliverwaltern erheblichen Ärger zu machen. Daraufhin wird dieser nach längerem Nachdenken einsichtig, weil reumütig, die beiden Kontrahenten handeln einen Deal aus:
Die einsichtig Gewordenen öffnen den Tresor und übergeben mit einem Bedauern ausdrückenden Achselzucken gegenüber den ihrerseits nun angeschmierten Steuerflüchtlingen jenem Fiskus Namen und Daten.
Und dieser wiederum würdigt die Zusammenarbeit mit den nunmehr wieder lieben Ausländern.
Auch da: Wen wunderts, dass die nunmehr Reingewaschenen sich zufrieden und erleichtert äussern?
Das Ganze nennt man hohe Politik.
Unser Nachbar hat seinen noblen Geländewagen jahrelang in einem EU-Land warten und überholen lassen. Teurer Spass, aber doch eine Menge gespart. Dann kam ihm der Zoll drauf. Er hat denen auch einen Deal angeboten: «Ich zahle Euch als Pauschale 2400 Stutz, ihr erklärt Euch für befriedigt, und wir sind quitt.»
Wollten die nicht. Das sei Bestechung, haben die gemeint, und man könne rechtswidrige Handlungen nicht einfach durch Loskaufen aus der Welt schaffen.
Da hat er sich gewundert.
Was nun doch selbst mich wundert. Der Mann hat einfach nichts begriffen. Nämlich den Unterschied vom grossen zum kleinen Mann.
Vielleicht hätte er sich nicht gewundert, wenn er Italiener wäre. Wenn da einer mit über 70 noch Orgien mit Minderjährigen feiert und den Staat übers Ohr haut, wo es nur geht, wird er zwar, weil auch das ein Rechtsstaat ist, nach soundso vielen Jahren auch mal verurteilt für irgend was von seinen Eskapaden ? aber er muss nicht ins Gefängnis, weil er zu alt ist dafür!
Da hätte Al Capone damals man nur irgendwo an einem stillen Winkel abwarten müssen, dann hätte er in Frieden seine Rente geniessen können.
Gelesen hab ich auch, dass einer nach einem Lourdes-Besuch Geld beim Glücksspiel gewonnen hat. Nur ein wenig gewundert hat mich doch dabei, dass die Gottesmutter bei solchen Deals mitmachen sollte. Wenn jedenfalls der Cavaliere hinter Gitter gemusst hätte ? also das hätte ich als echtes Wunder angesehen, zumal der nicht mal in Lourdes war, meint Euer Max.
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Max Motz