«Working Mom»
Von Shusha Maier
Was bringt eine Frau, die Wien, weil es ihr zu eng war, den Rücken gekehrt hatte, und die darum nach Tokio gezogen war, ausgerechnet nach Liechtenstein? Richtig: die Liebe! Kennt man Barbara Fuchs, promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin und Dozentin für Entrepreneurship an der Hochschule Liechtenstein, weiss man, dass dieser Entschluss, obwohl emotional, keineswegs kopflos gewesen sein wird. Barbara Fuchs bestätigt das: «Der Entscheidung gegen den nächsten Karrieresprung in der Grossstadt, für eine Familie im Kleinstaat, sind reifliche Überlegungen vorausgegangen», sagt sie. Immerhin war sie zu jenem Zeitpunkt 36 Jahre alt, hatte «einen netten Job in der Privatwirtschaft» und war schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit ihrer «grossen Liebe» glücklich liiert. Der Mann, wegen dem sie noch heute – mittlerweile sind es 17 gemeinsame Jahre – Schmetterlinge im Bauch hat, übernahm den elterlichen Betrieb in Liechtenstein und nach genauem Abwiegen der Für und Wider beschloss Barbara Fuchs ihm zu folgen und mit ihm eine Familie zu gründen.
Ein Entschluss, den sie noch keinen Tag bereut hat. «Ich bin nicht sicher, ob hinlänglich bekannt ist, welche Vorteile man in diesem Land als arbeitende Mutter hat», windet sie vor allem der Kindertagesstätte in Schaan ein Kränzchen. Dort finden ihre beiden Kinder ein zwar öffentliches, aber dennoch stabiles Umfeld, in dem sie bestens betreut werden. Vier Monate Auszeit hat sich Barbara Fuchs nach jeder Entbindung genommen, mehr hätte sie gar nicht gewollt. Ein Leben als Hausfrau und Mutter wäre für sie ohnehin nicht vorstellbar. Zum einen, weil sie ihrem Beruf mit Passion nachgeht, zum anderen, weil sie es sich bis heute nicht vorstellen kann, finanziell abhängig zu sein.
Ihr Leben hat sich seit der Geburt ihrer Kinder zwar grundlegend geändert, ihr Forschungsgebiet allerdings nicht. Nach wie vor ist die Ökonomin damit beschäftigt, «zu verstehen, wie wir wirtschaften» und wie sich Gesellschaften entwickeln. In ihrem Fachgebiet tun sich mitunter zwei Möglichkeiten auf, das zu studieren: Entwicklungsökonomie oder die Industrie- und Innovationsökonomie, die ihren Fokus auch auf hochindustrialisierte Länder legt.
«Ich hab es nicht so mit den Entwicklungsländern», musste sich Barbara Fuchs in jüngeren Studienjahren eingestehen, nachdem sie ihren Schlafsack «mit Kakerlaken in der Grösse von Teddybären» geteilt hatte und darüber hinaus festgestellt hatte, dass die Menschen vor Ort und die zwar wohlmeinenden, aber doch mit recht unrealistischen Ideen operierenden Ökonomen, die zu ihrer Beratung gekommen waren, «meist aneinander vorbeiredeten». Danach war der Dissertantin klar: Wenn eine Doktorarbeit, dann über Innovationsökonomie, wobei sie vor allem die Arbeitsbeziehungen und die Organisation des technischen Fortschritts faszinierte. Barbara Fuchs bekam ein dreijähriges Stipendium an der Universität von Tokio, und das in jener Zeit, als die japanische Wirtschaft in ihrer Hochblüte stand. Sie fand den fernöstlichen Inselstaat so faszinierend, dass sie drei Jahre länger blieb als geplant und sogar Japanisch lernte. «Diese Sprache ist ein Abenteuer, das Land hat sich mir erst durch seine Sprache offenbart.» Barbara Fuchs gerät ins Schwärmen, wenn sie beschreibt, wie Japaner die Reduktion auf die Spitze treiben und in ihr die Vollendung sehen – die Perfektion. Viele ihrer Kulturtechniken offenbaren das und sind dabei ästhetisch durchgeformt und bedeutungsbeladen. Was mit den zwei, drei Blumen eines Ikebanas alles ausgedrückt werden kann, ist einem in der westlichen Kultur verhafteten Menschen gar nicht gewärtig, weiss sie.
Als sich Barbara Fuchs kurz darauf unversehens in den USA wiederfand, empfand sie den Kulturunterschied der beiden Länder als ganz besonders krass. Der Ehrfurcht vor dem Kleinen stand die amerikanische Gigantomanie gegenüber, was Barbara Fuchs als äusserst spannend erlebte. Ihren weiteren Berufsweg wollte die junge Doktorin der Ökonomie dennoch in Europa gehen und zwar in der Privatwirtschaft: «Nach der Dissertation war mir schnell klar, dass ich keine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen wollte.» Viel lieber wollte sie von der Theorie ausgehend einen Bezug zur Realität herstellen und hat dafür 15 Jahre in der technischen Produktentwicklung gearbeitet. Der Lehre ist Barbara Fuchs aber dennoch während all der Jahre angehangen. Sie hat regelmässig Seminare an der Wirtschaftsuniversität Wien gegeben und tut das noch heute. «Diese Seminare haben mir geholfen, die Praxis immer wieder zu reflektieren.»
Barbara Fuchs nennt es «einen glücklichen Zufall», dass an der Hochschule Liechtenstein eine Fachperson für ein innovationsökonomisches Projekt gesucht wurde, gerade, als sie sich beruflich neu orientierte. Ein Zufall, dem es zu verdanken ist, dass sie heute Job und Familie aufs Beste miteinander verbinden kann. Die Entwicklung der Hochschule zur Universität empfindet sie dabei ebenso als eine innovative Unternehmung wie die Vermittlung von Lehrinhalten an die Studierenden. Besonders stolz ist sie auf ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der ETH Zürich, in dem sie den Zusammenhängen von Nutzerintegration und Innovationsleistung nachspürt. Sie verschweigt aber auch nicht, dass es nicht zuletzt ihr Mann ist, der dafür sorgt, dass das Familienleben einen geordneten, um nicht zu sagen ordentlichen Rahmen hat. «Ich bringe unglaublich wenig Hausarbeit ein», gesteht sie freimütig und auch, dass es ihr eigentlich ein Graus ist, einzukaufen, Wäsche zu waschen und aufzuräumen. Viel lieber ist ihr da schon die Beschäftigung mit den Kindern. Der arbeitsfreie Montag gehört ganz den beiden Kleinen, um gemeinsam die Welt zu entdecken. Und wenn der Spagat zwischen Arbeit, Partnerschaft und Familie einmal doch zu scheitern droht, dann «setzt sich meine Mutter in Wien in den Flieger und ist einfach da. Ohne sie wäre vieles nicht mehr möglich!»
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