Nur noch ankreuzen
Zeitunglesen ist schon eine schöne Beschäftigung, muss ich mal wieder feststellen. Und zwar nicht nur für die Generation meiner Vorfahren wie Papa und Neni, sondern auch für mich und meinesgleichen. Wir können uns nämlich genauso schön aufregen und amüsieren, wie die Alten. Vor allem natürlich aufregen, wir sind schliesslich echte Liechtensteiner.
Ein besonderes Vergnügen ist es, zu beobachten, wie das Kräftespiel zwischen Volk und Regierung oder Landtag, man kanns auch «zwischen Steuerzahlern und Politikern» nennen, läuft. Was da so alles mitspielt! Man will wiedergewählt werden, also herrscht Kompromisszwang, man will?s recht machen, also dem Volk nützlich sein, also ist Sparen angesagt. Ebenso angesagt ist aber auch, und da sind wir wieder beim Kompromisszwang, dass es allen gut oder wenn möglich noch besser geht, als unter der Vorgängerregierung. Dafür gibts den schönen Begriff von der Quadratur des Kreises.
Anwenden kann der gewiefte und genügend verbissene Partei- oder Statistikstratege alle diese Zwänge, Wünsche, Begierden, die Not- und Pseudolösungen, Kompromisse, faulen Kompromisse, Scheinkompromisse, Partei- und Fraktionszwänge beim Zeitungsstudium. Dazu notiert er sich Stichworte und erstellt ein Formular zum Ankreuzen mit Rubriken wie «Skandal, Unverschämtheit, Frechheit, lobenswert, grenzwertig, richtig, Abzocke, lobbyistisch, ignorant, gelogen, Vertrauensbruch, nachhaltig, gottlos, zukunftssicher, populistisch, überteuert, sparsam» usw.
Nun heisst es nur noch, an der für zutreffend angesehenen Stelle sein Kreuzchen ins Kästchen zu machen, also je nach Stichworten wie «Telecom, Staatspensionskasse, Krankenkassenprämien, Postautotarife, Rentensicherung, Subventionspolitik, Kirche-Staat, Kulturpolitik, Sportförderung, Internetkosten, Parteienfinanzierung, Gleichstellung, Schulwesen, S-Bahn, Letzetunnelpolitik, Gesundheitswesen, Energiepolitik, Bankwesen» usw.
Und weil nach der Wahl immer auch vor der Wahl ist, sorgen diese und andere Themen dafür, dass wir immer was zu lachen oder zu beklagen haben, dass wir kaum Todesfälle aufgrund zu niedrigen Blutdrucks kennen und den Zeitungen nie der Stoff ausgeht, aus dem die Träume sind, glaubt Euer auf den pfingstlich-erleuchtenden Geist auch für unsere Politiker hoffender Max.
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Max Motz