die Ueberfliegerin von Intersky
Von Shusha Maier
Wer auf die Idee kommt, im bisher schwärzesten Jahr der Luftfahrt, 2001, mit einer einzigen Turboprop-Maschine, die 56 Passagiere transportiert, eine Luftfahrtgesellschaft zu gründen, muss verrückt sein. Oder ungemein schlau. Schon bei der Begrüssung, die sehr herzlich ausfällt, ist klar: Verrückt kann Renate Moser, die erste und einzige Frau, die je eine Airline gegründet hat, ganz gewiss nicht sein – viel eher hat sie ein enormes Gespür für Marktentwicklungen. «Richtig», sagt sie lachend, «wir haben im Wellental angefangen, aber Wellen steigen wieder an und da muss man schon mitschwimmen, um schliesslich on top zu sein.»
Und wirklich, heute noch keine zehn Jahre alt, ist die Fluggesellschaft Intersky «on top». Das Geschäft hat sich so gut entwickelt, dass die Intersky-Flotte gerade um eine fünfte Turboprop-Maschine erweitert wurde. «Wir haben eine Landeerlaubnis in Düsseldorf bekommen» – die schöne, blonde Geschäftsfrau strahlt noch immer vor Freude, denn, «das ist wie ein Lottosechser!». Bis zu 40?000 neue Passagiere werden diese Verbindung voraussichtlich nutzen. Für das kommende Jahr ist zudem der Kauf einer weiteren, grösseren Maschine mit 70 bis 80 Sitzplätzen und einer grösseren Reichweite geplant. «Zurzeit fliegt Intersky 17 Destinationen an, mit der grösseren Maschine werden noch viele weitere möglich sein.»
Stilsicher, schick, fraulich und herzlich – auf den ersten Blick wirkt Renate Moser nicht wie die taffe Geschäftsfrau, die sie ist. «Das würde ich gar nicht wollen», wehrt sie lachend ab. Sie findet diese uniformierten Damen in ihren «grauen oder dunkelblauen Kostümchen» schrecklich anzuschauen. Viel lieber trägt sie farbige Kleider – vorzugsweise in Rot, das ihrem Teint ganz
besonders schmeichelt. Auch Schmuck darf sein, fröhlich leuchtende Steine am Ausschnitt und ordentlich Lippenrot im Ton des Kleides. «Ich bin für Gleichberechtigung, aber gegen Gleichmacherei; ich würde es nicht akzeptieren wenn wir alle versuchen würden, wie bessere Männer zu sein», sagt sie streng. «Wir sollten unsere Chancen als Frauen nützen.»
Auf eine Karriere wurde Renate Moser schon im Elternhaus durch sorgfältige Bildung vorbereitet; doch hätte sie eigentlich Bankerin werden sollen. «Aber zum Leidwesen meines Vaters
habe ich eine sehr, sehr schlechte Figur gemacht in der Bank.
Groschenzählen im stillen Kämmerlein ist einfach nichts für mich.» Renate Moser hat gerne Menschen um sich, mag es turbulent und lebhaft. Als Pressesprecherin für den Elektrokonzern Philips und später für den Flughafen Wien fühlte sich das Kommunikationstalent schon wesentlich wohler. Nach zwei Jahren Pressearbeit, in denen sie am Image des Flughafens Wien feilte, nebenbei bemerkt als damals bestbezahlte Frau Österreichs, machte sie sich mit einer eigenen PR-Agentur selbstständig. «Ich habe immer den Mut gehabt, Dinge anzugehen, die vielleicht um zwei Nummern zu gross für mich schienen» – ein Rat, den sie jungen Frauen mit auf den Berufsweg geben möchte.
«Traut euch – man muss an die Sache glauben und den Mut haben, über den eigenen Schatten zu springen!» Zugleich warnt die Doyenne der Luftfahrt aber vor Hochmut: «Bescheidenheit und Demut darf man trotz Erfolgen nicht verlieren», rät sie. Hierzulande würde man sagen «man muss bei den Leuten bleiben», und das ist Renate Moser trotz ihrer grossen Erfolge stets gelungen. Ihr ist klar, dass sie auch als treibende Kraft zuletzt ein Team braucht, um ihre Ideen umzusetzen, denn, «nicht alles kann man alleine machen». Was sie allerdings ganz besonders gut kann: Mit ihrer Begeisterungsfähigkeit, ihrem Charme und ihrer sprichwörtlichen Disziplin ihr Team zu motivieren, mitzureissen und zu Höchstleistungen anzuspornen. Nur so war es möglich, dass aus der winzigen Charterlinie, die «pünktlich am 25. März 2002 zu ihrem ersten Flug von Bern nach Elba gestartet ist», eine europaweit operierende, florierende Fluglinie geworden ist. Um abzuschätzen, wie viel Arbeit und Einsatz da dahintersteckt, muss man wissen, dass ein Flugzeug rund um die Uhr fliegen muss, um gewinnbringend zu sein. Jede Standzeit bedeutet Verlust.
Und trotz Arbeit rund um die Uhr bezeichnet Renate Moser ihre Jahre in Bern «als die bisher schönsten meines Lebens». Mit ihrer humorvollen, charmanten Art hat sie die Herzen der Berner im Sturm erobert und etwas erreicht, was vor ihr noch keiner gelungen ist: Als erste Frau und Ausländerin dazu hat sie die Berner Sektion des Handels- und Industrievereins mit dem HIV-Preis ausgezeichnet. «Ich hatte nichts davon geahnt, es war wirklich eine grosse Überraschung, so gross, dass mir die Dankesworte im Hals steckenblieben.»
Vor vier Jahren hat sich Renate Moser aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und den Platz an der Spitze ihrem Sohn Claus Bernatzik überlassen. Der hat es aber gerne, wenn ihm seine geschäftstüchtige und erfahrene Mutter zur Seite steht, «so spart er sich einen zweiten Geschäftsführer», erklärt Renate Moser den eigentlich lobenswerten Pragmatismus.
«Wir sind ein reines Familienunternehmen und all unser Vermögen steckt in der Firma, da ist es nur logisch, dass man bedachtsam mit den Ressourcen umgeht.» Aber auch wenn sie sich nun ab und zu längere Auszeiten gönnt, zum Beispiel in ihrer «Bröselhütte», wie sie das von Termiten ein wenig angeknabberte Haus im thailändischen Inselparadies Koh Samui nennt, bleibt sie leidenschaftlich der Fliegerei verbunden. «Luftfahrt findet jeder sexy», ist Renate Moser sicher.
Den Steuerknüppel einer Maschine in die Hand zu nehmen, hat sie aber nie gereizt: «Ich lasse lieber fliegen.» Zumal ihr Mann Rolf Seewald stets behauptet: «Du bist schon am Boden gefährlich genug!», und das ist ganz gewiss als Kompliment gemeint.
Schlagwörter
-
Eine Stunde mit...