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Der Schnecken fressende Zimmermann

Obwohl er wie eine Spinne aussieht, gehört der Schneckenkanker zur Familie der Zimmermänner. Aber nicht nur sein Aussehen ist aussergewöhnlich, auch sein Speiseplan ist delikat: Gehäuseschnecken sind seine bevorzugte Wahl.

Vaduz. – Zimmermänner, auch Weberknechte genannt, kennt jeder. Oft sieht man die Achtbeiner mit dem kleinen Körper in den Hauswänden sitzen. Weltweit sind etwa 4000 Arten der Zimmermänner bekannt. Sie sind ausgezeichnete Jäger und fressen vor allem Insekten in ihrer Grössenordnung oder sogar deutlich grössere. Was viele nicht wissen: Weberknechte gehören zwar zu den Spinnentieren, sind aber keine Spinnen, auch wenn sie diesen wegen den acht Beinen auf den ersten Blick ähneln. Bei genauerem Hinschauen sieht man jedoch, dass sie keinen abgetrennten Hinterleib wie die Spinnen und nur zwei anstatt acht Augen haben. Weberknechte können auch keine Spinnseide produzieren und Netze spinnen. Dafür besitzen sie Stinkdüsen, die zur Abwehr dienen und übertragen die Spermien im Gegensatz zu den Spinnen mit ihrem primären Geschlechtsorgan, dem Penis. Eine spezielle Art der Zimmermänner ist der Schneckenkanker. Bereits sein Aussehen hebt ihn von seinen Verwandten ab. Seine Cheliceren – so nennt man ihre Mundwerkzeuge, die früher einmal Gliedmassen waren – sind zwei- bis dreimal so gross wie der bis zu neun Millimeter grosse schwarze Körper und sind mit Stacheln bestückt.

Lieblingsspeise: Schnecken

Diese übergrossen Werkzeuge benötigt er, um seine Lieblingsspeise zu knacken. Denn nicht Insekten stehen auf seinem Speiseplan, sondern, wie bereits sein Name verrät, Gehäuseschnecken. «Der Scheckenkanker ist ein aktiver Jäger, der die Schnecken sucht und verfolgt», erklärt Christian Komposch vom Ökoteam, Institut für Tierökologie und Naturraumplanung in Graz. Selber ist der Schneckenkanker zwar langsam und nicht sehr agil, aus der Schneckenperspektive sieht dies jedoch anders aus. Hat er eine Schnecke in seinen Fängen, gibt es für diese kein Entrinnen mehr. Der schwarze Zimmermann bricht mit seinen Cheliceren Stück für Stück vom Schneckenhaus ab und arbeitet sich so zum Weichtier vor, welches sich immer weiter ins Häuschen zurückzieht. Schliesslich zieht er die Schnecke heraus und verspeist sie Stück für Stück. Schnecken sind eigentlich keine typische Beute für Zimmermänner. Deshalb ist die Entwicklung des Schneckenkankers so besonders. «Aus Sicht der Weberknechte konnte er sozusagen eine völlig neue Nahrungsquelle erschliessen und nutzen», sagt Holger Frick vom Amt für Wald, Natur und Landschaft.

Brauchen Feuchtigkeit

Trotz dieser Entwicklung sind Schneckenkanker sehr selten. In Österreich gelten sie als stark gefährdet. Denn zum Leben brauchen sie nicht nur Nahrung, sondern auch viel Feuchtigkeit. Ausserdem können sie sich wegen ihrer langsamen Fortbewegung nicht gut ausbreiten und haben nur wenige Nachkommen. Schneckenkanker kommen in Mitteleuropa vor und bewohnen vor allem strukturreiche, montane Laub-, Misch- und Nadelwälder. «Sie benötigen ein konstant feuchtes und kühles Kleinklima», sagt Holger Frick. In Liechtenstein sei zwar bisher nicht nach dem Schneckenkanker gesucht worden, er komme aber sicher auch hier in den bewaldeten Berglagen vor. Wer einen dieser seltenen Zimmermänner entdeckt, solle sich an dem «schönen» Anblick freuen und kann das Tier gerne zur Bestimmung zum Amt für Wald, Natur und Landschaft bringen. «Es gibt ein paar ähnliche Arten, die der Laie nicht unterscheiden kann», sagt Frick. (manu)

 

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