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Wichtiger Schritt zur Verwaltungsreform

Dass Regierung, Verwaltung und Landtag revisionsbedürftig sind, ist unbestritten. Mit der ersten Lesung zur Corporate Governance für die Staatsbetriebe tat der Landtag gestern einen ersten Schritt auf diesem Weg.

Viereinhalb Stunden dauerte gestern allein die Eintretensdebatte zur Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen bezüglich der Führung und Transparenz der öffentlichen Unternehmen. Anfänglich gab es eine ganze Reihe von Bedenken, dass der Landtag sich mit der Einführung dieser sogenannten Corporate Governance selbst in seinen Rechten beschneiden könnte. Nach intensiver Überzeugungsarbeit von Regierungschef Klaus Tschütscher stimmte schliesslich mit 21 Abgeordneten eine deutliche Mehrheit für Eintreten. Ein Rückweisungsantrag des FL-Abgeordneten Pepo Frick war zuvor mit nur fünf Stimmen gescheitert. Ein anderes Ergebnis wäre auch überraschend gewesen, da die 200 Seiten umfassende Gesetzesvorlage nur in einigen wenigen Punkten strittig war und ansonsten von den Abgeordneten als grosse Leistung gewürdigt wurde.

Im «Verwaltungszoo» aufräumen


«Der Bericht möchte bei den öffentlichen Unternehmen klare Verhältnisse in struktureller wie auch organisatorischer Hinsicht schaffen», sagte VU-Fraktionssprecher Peter Hilti in seinem Eintretensvotum. Das heutige, historisch gewachsene System sei sehr unüberschaubar und lasse keine klare Linie erkennen. Dies wird verständlich, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Landesbank vor weit über 100 Jahren gegründet wurde, während andere Staatsbetriebe erst wenige Jahre alt sind. «Die OECD hat in diesem Zusammenhang den Begriff ‹Verwaltungszoo› verwendet», so Hilti. Das vor diesem Hintergrund von der VU-Fraktion im Dezember 2006 eingereichte Postulat und die Debatte über dessen Beantwortung im September 2007 seien die Grundlagen für den nun vorliegenden Bericht und Antrag gewesen und konsequent umgesetzt worden.
Die Regierung verfolgt mit der Corporate Governance die Absicht, die operative Führung der staatlichen Betriebe im Stile einer Konzernleitung zu übernehmen, wie dies in der Verfassung vorgesehen ist. Dem Landtag wiederum kommt – ebenfalls verfassungsgemäss – die Oberaufsicht über die Regierung zu. «Um eine einheitliche Linie in die Gesetzeslandschaft zu bringen, sollte diese Vorlage dazu genutzt werden, die Mitwirkungsrechte des Landtags neu festzulegen», sagte der VU-Abgeordnete Günther Kranz in diesem Zusammenhang
Die neu für alle Staatsbetriebe angestrebte Eignerstrategie begrüsste Kranz ebenfalls ausdrücklich. Denn langfristig nütze die beste Unternehmensstrategie nichts, wenn die Interessen des Eigners, also des Staates, nicht klar definiert seien und umgesetzt würden. Die Eignerstrategie fördert damit das Vertrauen zwischen Regierung und Unternehmen.

Ungleichgewicht befürchtet

Angesichts des Umfangs und der Bedeutung der Vorlage ist es natürlich nicht weiter verwunderlich, dass die Abgeordneten auch gewisse Bedenken anmeldeten und Anregungen hinsichtlich der zweiten Lesung machten. Dabei ging es unter anderem um die Informationsrechte, welche der Landtag künftig innehat und um die Informationspflichten der Regierung. Besonders die Abgeordneten der FBP befürchteten, dass sich das Machtgefüge innerhalb der Gewaltentrennung zu sehr in Richtung der Regierung verschieben könnte. Dies machten sie nicht zuletzt daran fest, dass der Landtag nicht mehr wie bisher das Wahlgremium für die Verwaltungsräte einiger Staatsbetriebe sei. Wendelin Lampert (FBP) befürchtete beispielsweise auch, dass das Parlament künftig nur noch in Extremsituationen steuernd eingreifen könne.

Reihe von Bedenken ausgeräumt


Regierungschef Klaus Tschütscher bedankte sich in seiner Stellungnahme zunächst ausdrücklich bei Thomas Lorenz, dem Leiter der Stabsstelle Finanzen, der hunderte von Arbeitsstunden in die Vorlage investiert hatte. Dann ging er ausführlich auf die Bedenken der einzelnen Abgeordneten ein. Er legte dem Landtag seine Rechte gemäss der Verfassung, die Befugnisse der Geschäftsprüfungskommission und seine Kontrollrechte dar. Diese würden zusätzlich über das geplante Gesetz über die Finanzkontrolle weiter gestärkt.


Die Wahlrechte für die Verwaltungsräte von vier der 26 Unternehmen müsse der Landtag zwar tatsächlich abgeben. Den Rest wähle bereits bisher die Regierung. An der Kontrolle der Regierung durch den Landtag, wie sie seit 80 Jahren in der Verfassung verankert ist, ändere sich jedoch nichts. Im Gegenteil würden die parlamentarischen Kontrollinstrumente in zweifacher Hinsicht verbessert. «Einerseits werden sie indirekt, nämlich über die Kontrolle der Oberaufsicht der Regierung, auf alle öffentlichen Unternehmen, ausgedehnt und damit erweitert. Andererseits werden die parlamentarischen Kontrollrechte durch die klare Zuordnung der Oberaufsichtsfunktionen zur Regierung viel effektiver, da sich die Kontrollbefugnisse auf die einzig richtige Stelle konzentrieren, nämlich die dem Landtag verantwortliche Regierung.» Darüber hinaus stellte er dem Landtag weitere Informationspflichten durch die Regierung in Aussicht.

Landtagsreform unerlässlich

Der zweite Teil der Eintretensdebatte drehte sich vor allem um die personellen und finanziellen Ressourcen des Landtags und der Geschäftsprüfungskommission. Mit den heutigen Ressourcen jedenfalls seien die neuen Rechte und Möglichkeiten für das Milizparlament kaum wahrnehmbar, so die einhellige Meinung. «Dies haben wir selbst in der Hand, wir sprechen schliesslich die Mittel», zog der VU-Abgeordnete Harry Quaderer zu diesem Thema Bilanz. Der erste Schritt in Richtung einer solchen Landtagsreform ist gemäss Doris Beck (VU) bereits mit der Bestellung einer entsprechenden Kommission am vergangenen Mittwoch getan worden.


Genauso intensiv wie in der Eintretensdebatte befassten sich die Abgeordneten auch in der ersten Lesung mit der Regierungsvorlage. Diese zog sich bis weit in den Abend hinein. Die Fragen der Abgeordneten werden nun, sofern sie der Regierungschef nicht auf der Stelle klären konnte, bis zur zweiten Lesung beantwortet. (hb)

 

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