«Als Kleinstaat ist man beweglicher»
VON GÜNTHER FRITZ
Unter dem Titel «Cleveres Liechtenstein» befasste sich gestern Abend das Wirtschaftsmagazin ECO des Schweizer Fernsehens SF 1 mit den Finanzplatzreformen «im Ländle». Schwarzgeld sei heute kein Modell mehr für erfolgreiche Bankgeschäfte. Diese Woche stelle der Bund deshalb seine neue Strategie für den Finanzplatz Schweiz vor, hiess es im ECO-Beitrag. Bereits einen Schritt weiter sei Liechtenstein, das lange ein Eldorado für Steuersünder gewesen sei. Das Fürstentum habe sein Geschäftsmodell inzwischen geändert und neue Doppelbesteuerungsabkommen geschickt ausgehandelt. Und zwar geschickter als die Schweiz.
Eine Revolution von oben
In den letzten Jahren habe der Druck auf Liechtenstein, vor allem aus Deutschland, zugenommen. Das Wirtschaftsmagazin blickte auf die Verhaftung Zumwinkels am Valentinstag 2008 zurück: «Er hatte Millionen in Liechtenstein versteckt, ausgerechnet bei der Bank, die der Fürstenfamilie gehört, der LGT Bank.» Ein ehemaliger Mitarbeiter der Bank hatte Postchef Klaus Zumwinkel an die deutschen Steuerbehörden verraten. Dies sei das Ende des traditionellen Geschäftsmodells in Liechtenstein gewesen. Wie ein Bollwerk hätte das Fürstenhaus das intransparente Geschäftsmodell jahrzehntelang verteidigt. Dann sei im Zentrum der Gedanke gereift, dass sich etwas ändern müsse, «eine Revolution von oben». Der Fürst persönlich habe dann die Wende eingeleitet.
In der Krise auch Chancen sehen
«Gerade im Finanzbereich hat es in der Vergangenheit starke Widerstände gegeben. Reformen, die teilweise schon mein Vater angedacht und dann auch ich angedacht hatte, konnten meistens immer nur dann implementiert werden, wenn wir eine Krise hatten», sagte Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin ECO. «Und deshalb sind wir für Krisen manchmal nicht ganz undankbar. Das klingt zwar ein bisschen macchiavellistisch, aber ich sehe in Krisen immer grosse Chancen», betonte der Landesfürst.
Finanzplatz setzt auf Transparenz
Liechtenstein habe dann seine Chance ergriffen, hiess es im ECO-Bericht. Der Finanzplatz habe dann auf Transparenz gesetzt. Erstmals habe die Regierung in Vaduz Steuerabkommen abgeschlossen, und zwar gleich sieben in nur neun Monaten. Unter anderem mit den USA, Deutschland und Frankreich. Also mit jenen Mächten, die den Kampf gegen Steueroasen anführen. Weitere sieben Abkommen seien in nur drei Monaten gefolgt. Damit gilt Liechtenstein nicht länger als Steueroase. Das sei ein klarer Durchbruch gewesen.
Ein neues Geschäftsmodell
Ein neues Geschäftsmodell lasse die Geldströme auch in Zukunft nach Vaduz fliessen, wurde in der ECO-Sendung weiter berichtet. Liechtenstein habe insbesondere mit Grossbritannien geschickt verhandelt. Der Finanzplatz rücke damit in ein anderes Licht, was für neue Kunden attraktiv sei. Diese würden nun eben die Chance erhalten, ihr Schwarzgeld weiss zu waschen, und zwar auf legale Weise, wie das Abkommen mit Grossbritannien zeige. Steuersünder würden straffrei ausgehen. Wer sein Vermögen dem englischen Fiskus offenlegt, werde nicht verfolgt. Ganze fünf Jahre habe der Steuerflüchtling Zeit, sein Geld zu deklarieren. Die Folge laut ECO: «Vermögende Kunden verschieben ihr Schwarzgeld aus anderen Steueroasen nach Liechtenstein. Hier können sie es dem britischen Steuervogt straffrei offenlegen. Nicht so in der Schweiz. Sie konnte kein Pardon für ausländische Steuersünder aushandeln. Von hier fliesst darum Geld ab.»
Den Schweizern ein Dorn im Auge
Einer, dem das nur recht sein kann, sei Michael Lauber, Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbandes. Er wisse genau, dass das Abkommen Liechtensteins mit Grossbritannien den schweizerischen Privatbankiers ein Dorn im Auge sei. Liechtenstein mit dem LGT-Skandal und die Schweiz mit der UBS-Affäre seien vor ähnlichen Problemen gestanden. Geschickter und schneller agiert habe aber Liechtenstein. «Die Abkommen mit England bieten bessere Bedingungen als die allgemeine Steueramnestie, sowohl was den Inhalt als auch den Zeithorizont betrifft», bestätigt Michael Lauber im ECO-Interview. Das Abkommen mit Grossbritannien sehe klar die Möglichkeit für den Finanzplatz Liechtenstein vor, Neugeld anziehen zu können. Und die liechtensteinischen Banken hätten natürlich starkes Interesse an Neukunden.
Neue Vision: «State Governance»
Ein neues Geschäftsmodell für Liechtenstein sei das Erste und Dringlichste gewesen. Doch inzwischen wolle das Fürstenhaus mehr. Dazu hiess es in der ECO-Sendung: «Der Fürst will das Ländle auf der Weltbühne neu positionieren. Die Vision heisst: State Governance, auf Neudeutsch gute Staatsführung.»
Für diese Vision hat Fürst Hans-Adam II. laut ECO jenen Mann als Berater engagiert, der State Governance in der ganzen Welt bekannt gemacht hat: Anwalt Daniel Levin, ein schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger. Daniel Levin ist Direktor der Liechtenstein Foundation for State Governance und erklärte die Arbeit seiner Stiftung im Gespräch mit ECO: «Die Idee dieser Stiftung ist, eine Analogie für Corporate Governance zu schaffen, übertragen auf den Staat. Die Idee ist, dass man dem Staat und allen Personen, die innerhalb des Staatsapparates arbeiten, das Instrumentarium gibt, um ihre Aufgaben richtig zu machen. Der Staat soll Rechenschaft ablegen, transparent handeln und Interessenskonflikte vermeiden.»
Ständiger Anpassungsprozess
Fürst Hans-Adam II. erklärte gegenüber dem Wirtschaftsmagazin ECO: «State Governance ist ein ständiger Anpassungsprozess. Die Welt verändert sich permanent. Auf dem Finanzplatz hat man vorher gedacht, dass man das eine oder andere nicht brauchen wird. Und heute brauchen wir es doch. Wir brauchen eine strengere Aufsicht, wir brauchen andere Vorschriften usw. Das ist ein ständiger Prozess, diese State Governance, so ähnlich wie in einem Unternehmen, wo man sich auch an der Markt anpassen muss.»
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S.D. Fürst Hans Adam II.