«Die Vorurteile sind die grösste Hemmschwelle»
Peter Davida hat sein Leben dem Kickboxen verschrieben. Der Schaaner peilt die höchsten Titel der Welt an ? und nebenher baute er mit seinen Freunden die Kampfsportschule «Chikudo Martial Arts» auf, die in den letzten drei Jahren ihre Mitgliederzahl knapp verfünffachen konnte.
Kickboxen hat in Liechtenstein seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert. Immer wieder gab es vereinzelt gute Kämpfer im Land, die ihre Farben an internationalen Wettkämpfen würdig vertraten. Mit Chikudo Martial Arts sollen die Kickbox-Talente nun am Fliessband produziert werden. Massgeblich an der Neuorientierung des ehemaligen Vereins All Style Karate beteiligt ist Peter Davida, der mit diesem Sport schon seit seinem achten Lebensjahr verbunden ist. Gemeinsam mit seinem Vater Rainer und seinen Kollegen Michael Lampert und Michael Gstöhl sowie dem Rest des ehemaligen Vorstands verpasste er 2011 dem Verein einen neuen Anstrich ? und das lockte zahlreiche Mitglieder an, die nun dem Kickboxen in den verschiedensten Ausprägungen frönen. Mit viel Einsatz und vor allem Zeitaufwand ist den Chikudos ein grosses Wachstum gelungen, das jetzt beginnt, die ersten Früchte abzuwerfen.
Penetranz, die sich auszahlt
«Wenn alles gut läuft, schicken wir dieses Jahr mit Jovana und Haris zwei Junioren an die WM. Das macht uns sehr stolz», erklärt Peter Davida, der sich vor allem dafür einsetzt, dass sich der Nachwuchs im Verein gut entwickelt. «Denn ohne Nachfolger verliert ein Verein seine Daseinsberechtigung.» Der 25-jährige Schaaner weiss, wovon er spricht. Denn um das Jahr 2011 war der Vorgängerverein am Scheideweg. «Wir entschieden uns für einen Umbruch ? weg vom Alten, hin zu mehr Innovation», erklärt er. Gemeinsam mit Michael Lampert und mit der Rückendeckung des Vereinspräsidenten ? eben seinem Vater Rainer Davida ? entwickelten sie ein neues Konzept und einen neuen Auftritt. «Wir wollten die Jungen ansprechen und setzten dazu auf Mund-zu-Mund-Propaganda und Facebook.»
Während All Style Karate über 30 Mitglieder hatte, sind es nun etwa 150. «Wir sind jedem und jeder in unserem Bekanntenkreis so lange auf den Wecker gegangen, bis er oder sie mal in ein Schnuppertraining gekommen ist. Viele sind geblieben. Der Aufwand hat sich also gelohnt.» Denn die grösste Hemmschwelle bei diesem Sport sei es oft nicht einmal, dass man gegen einen Gegner kämpft und ihm Schmerzen zufügt. «Erfahrungsgemäss ist die grösste Hemmschwelle, die Menschen einmal ins Training zu bringen. Viele haben das Gefühl, dass Kickboxen ein Sport für Schläger ist. Wenn sie dann aber einmal sehen, wie der Sport funktioniert und wie wir arbeiten, kommt der Rest fast von allein.» Verletzungen seien ? verglichen mit anderen Sportarten ? sehr selten. «Gerade bei unserer Hauptdisziplin ? Point Fighting ? geht es nicht darum, dem Gegner Schmerzen zuzufügen, sondern taktisch und technisch richtig zu agieren, um Punkte zu erzielen.» Auch Kondition und Konzentration spielten dabei eine zentrale Rolle.
EM-Podest als Ziel
Einen langen Atem brauchen Davida und seine Vereinskollegen aber nicht nur auf der Matte oder bei der Mitglieder-Rekrutierung. Denn neben dem Vereinsvorstand und den Trainings, die er selbst gibt, muss er auch sich selbst immer wieder einen Schritt vorwärts bringen. Dass er ausserdem noch zu 100 Prozent bei einer renommierten Informatikfirma angestellt ist, bei der er auch seine Lehre absolvierte, stört ihn dabei nicht. «Klar, die meiste Freizeit geht für den Sport drauf. Aber ich liebe ihn und komme dabei weit herum. Und warum etwas sein lassen, das Spass macht?»
Irland, Österreich, Holland, Italien, Belgien, England, Deutschland und Slowenien. Das sind in diesem Jahr die wichtigsten Länder, in denen er seine grossen Turniere bestreitet. Der Träger eines Schwarzgurtes weiss dabei auch genau, was er will. «An der EM in Maribor möchte ich aufs Podest. Diesem Ziel ordne ich alles unter», sagt der junge Informatiker, der letztes Jahr seine erste Weltcup-Medaille holte, zielstrebig. Er weiss, wo aktuell seine Schwächen liegen. «Ich strebe Perfektion in Technik und Taktik an. Hier habe ich sicher noch Luft nach oben.»
Kampf statt Metal-Musik
Die Entscheidung, wirklich alles dem Sport unterzuordnen, fiel bei Peter Davida, als er 19 Jahre alt war. Er war zwar im Verein, hatte aber ? wie er sagt ? «eine Pubertätspause» eingelegt. «Ausgang, Party und Musik waren mir damals wichtiger», erinnert er sich unter anderem an seine Zeit bei der Metal-Band Dark Salvation, bei der er als Sänger mitwirkte. «Irgendwann kam der Zeitpunkt, mich zu entscheiden. Und ziemlich schnell kam ich drauf, dass ich im Sport besser bin, wenn ich in anderen Bereich zurückschraube.» Zu der Band selbst hat er aber immer noch Kontakt und besucht ? wenn es zeitlich möglich ist ? auch deren Konzerte. Vom Sänger wurde er also zum Fan.
Mittlerweile verbringt Peter Davida zwei bis drei Stunden an vier bis fünf Tagen unter der Woche in der Fighthall in Nendeln. Auch diese Institution ist ein zentraler Erfolgsfaktor für den Verein: Seit 2013 ist Chikudo dort Hauptmieter und kann auf eine perfekte Infrastruktur zurückgreifen, die speziell für den Kampfsport konzipiert ist.
Für jeden etwas
Mit der steigenden Mitgliederzahl erweiterte der Verein auch das Angebot massiv. Und die ambitionierten Kämpfer sind gleichzeitig Trainer für andere. So gibt es seit 2012 ein Training speziell für Kinder, seit 2014 eine Golden-Oldies-Gruppe für die Männer über 35 und eine Fitness-Gruppe, die sich nicht mit dem Zweikampf beschäftigt, sondern den Körper mit Übungen aus dem Kickbox-Bereich stärkt.
Die Trainer teilen sich die Gruppen jeweils auf. Unter anderem sind im Trainerteam neben Rainer und Peter Davida auch dessen Schwester Carolin, Michael Lampert und die Wienerin Paulina Jarzmik dabei. «Sie ist für uns ein grosser Glücksfall: Mittlerweile gehört sie bei den Frauen zum weltweiten Spitzenfeld in unserem Sport, und da sie in Vaduz studiert, fand sie den Weg zu Chikudo», freut sich Davida.
Vermittlung friedlicher Werte
Obwohl der Verein mittlerweile 150 Mitglieder hat, ist er sehr familiär geblieben. Ganz nach dem Vorbild der Sportart an sich: «An den Wettkämpfen geht es bei uns immer freundschaftlich und vor allem respektvoll zu und her. Das sind die Werte, die wir auch den Jungen vermitteln wollen. Denn der gegenseitige Respekt ist heute leider nicht mehr selbstverständlich.»
Gerade an den internationalen Wettkämpfen holt sich der Schaaner mit seinen Kollegen Expertenrat ein. Ob Weltmeister oder Spitzentrainer, jeder ist bei Fragen zu Training und Organisation zur Stelle. «Es wollen alle weiterkommen und besser werden. Da hilft man sich gegenseitig gerne.» Weitere Trainingsmethoden und Weiterentwicklungen des Sports werden neben dem Live-Erlebnis auch im Internet gesammelt. Da holen sich die Kickboxer aus Liechtenstein die Informationen mittels YouTube-Videos und Fachportalen und geben sie an ihre Schützlinge weiter.
Professionalisierung
Ziel müsse es für den Verein sein, eine weitere Professionalisierung zu erreichen. Eine Idee wäre es, einen externen Trainer mit viel Erfahrung und Know-how zu engagieren. «Das liegt aber aufgrund der beschränkten Mittel finanziell nicht drin. Daher helfen wir uns eben selbst», erklärt der Schwarzgurt-Träger Peter Davida, dem die Erfolge der jüngsten Zeit durchaus recht geben. (mw)
Steckbrief
Name: Peter Davida
Wohnort: Schaan
Alter: 25
Beruf: Informatiker
Hobbys: Kickboxen, Reisen, Schlafen
Leibspeise: praktisch alles mit Schokolade
Getränk: Wasser
TV-Vorliebe: das meiste von Pro7 und Pro7maxx
Musik: je nach Stimmung
Lektüre: Sachbücher
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Ort: Trainingsorte jeder Art
Stärke: zielstrebig, ehrlich und zuverlässig
Schwäche: oft zu perfektionistisch
Kontakt: www.chikudo.li
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