Die Passionfür die Schere
Sie ist Friseurin aus tiefster Leidenschaft, überzeugt von ihrem Können und immerauf der Suche nach neuen Herausforderungen. Özlem Celiksümer machte vor 16 Jahrenihren Traum zum Beruf und ist ihm heute noch mit Haut und Haar verfallen.
Ihre Kunden schätzen ihre offene und ehrliche Art. Sie wiederum liebt es, sich mit ihnen zu unterhalten. Zu alledembesitzt sie die Gabe, Menschen mit einer neuen Frisur glücklich zumachen ? «ein grösseres Geschenk gibt es nicht», ist sich die 32-jährige Friseurin und Inhaberin des Salons «Goldschnitt» in Eschen bewusst.
Öfter mal was Neues
Mit dem nötigen Feingefühl geht Özlem Celiksümer auf ihre Kunden ein, denn sie schätzt ihr Vertrauen. «Schliesslich lässt man nicht jeden an seine Haare.» Für Veränderung ist Özlem immer zu haben ? ein neuer Schnitt, eine neue Farbe ? nichts lieber als das.
«Ich liebe die Veränderung. Sie bringt ein neues Lebensgefühl mit sich.» Bei der Beratung achtet sie auf Merkmale wie Typ, Kleiderstil, Haarstruktur, Haarfall, Beruf, Freizeitbeschäftigung. «Eine Frisur muss praktisch und wandelbar sein. Jeder sollte eine freche Frisur wenn nötig auch konservativ stylen können.» Nicht nur der Schnitt, auch die Farbe trage wesentlich dazu bei. Wemwelche Farbe steht, sei abhängig von Fachwissen, aber auch Gefühl. Um dabei dem Trend zu folgen, ist ihr wichtig, dass sie sich ständig weiterbildet und neue Dinge ausprobiert. Im Mai reist sie deshalb zusammen mit ihrer ehemaligen Chefin vonFigarissimo nach Frankfurt an die Friseur-Weltmeisterschaften. Vorerst noch als Zuschauerin, bald vielleicht sogar als Teilnehmerin. «Wer weiss, was in den nächsten Jahren kommt, aber ich habe es fest vor.»
Barbie macht es richtig
Den Einstieg ins «haarige Business» musste sich Özlem erst verdienen. Bereits im Alter von 8 Jahren versucht die gebürtige Dornbirnerin mit türkischen Wurzeln ihre Mutter von ihrem Traum zu überzeugen, doch die ist wenig begeistert von den Plänen ihrer Tochter: «Kind, lern was Gscheits, geh studiern», meinte sie. Doch die Kleine ist sich sicher, wo ihre Reise hingeht. «Ich habe nie einer meiner Barbies die Haare geschnitten. Ich wusste damals schon, dass ihr die lange blonde Mähne am besten steht», lacht sie.
Sieben Jahre später bemüht sich ihr Vater um die «gscheite» Ausbildung seiner Tochter. Er schickt sie in die Handelsschule ? er will nur das Beste für sie. Doch da macht er die Rechnung ohne seine eigenwillige Tochter. Während der Schulzeit schnuppert die 15-Jährige heimlich in einem Friseursalon und bekommt dort prompt eine Zusage. Stolz geht sie nach Hause und streckt ihremVater den Lehrvertrag entgegen. Er staunt zwar über den Ehrgeiz seiner Tochter, ist aber dennoch ein wenig kritisch. Trotzdem unterschreibt er den Vertrag. Ihre Reise kann alsobeginnen.
keine Herrenjahre
Hohenems ? Bregenz ? Götzis ? Dornbirn ? Vaduz ? Zürich ? Stuttgart ? Vaduz ? Schaan und Eschen: Stationen im Leben von Özlem, auf denen sie immer wieder beweisen kann, wie viel an Willensstärke und Durchhaltevermögen in ihr steckt. Zu jedem Ort, jedem Salon, in dem sie gearbeitet hat, hätte die junge Mutter einiges zu erzählen. An die prägendsten Momente kann sie sich auf Anhieb erinnern.
Die ersten zwei von drei Lehrjahren verbringt sie in Hohenems. Dort lässt ihre Chefin sie jeden Mittwoch den Boden mit der Zahnbürste putzen. «Ich war mir schon bewusst, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, aber das ging mir zu weit.» Selbstbewusst, wie sie damals schon war, wechselt sie nach Bregenz, macht dort mit Erfolg ihren Abschluss und bleibt sogar ein Jahr länger.
Eine Challengefolgt der anderen
In Götzis sind sowohl Chef als auch Kundschaft regelrecht begeistert von ihr. Lange bleibt sie jedoch nicht, denn sie ist auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Mit einem 1a-Zeugnis in der Hand zieht Özlem weiter. Ihr Chef gibt ihr mit auf den Weg, Kamm und Schere nie abzulegen, denn sie sei talentiert. Doch sie macht es trotzdem ? wenn auch nur für den Moment. Sie geht nach Dornbirn und arbeitet als Verkäuferin in einer Bäckerei. Lange hält sie es dort aber nicht aus, denn «die Kunden wollten mich ständig zum Kaffeeklatsch verführen», lacht sie. Das kurze Gespräch zwischen Tür und Angel reicht auch ihr auf die Dauer nicht aus. Ihre Chefin schickt sie zurück in ihren Beruf. «Sie merkte, dass er mir fehlt.» Da packt sieerneut der Ehrgeiz. Sie bewirbt sich bei Figarissimo in Vaduz. Ein super Team und eine sensationelle Chefin ? hart, aber herzlich ? erwarten sie dort. Endlich kann sie sich entfalten und zeigen, was sie draufhat. «Bei Frau Helbok habe ich gelernt, wie positiv Kritik sein kann, denn sie bringt mich weiter.» Heute ist es ihr lieber, ein Kunde sagt ganz offen, wenn ihm etwas nicht gefällt, als dass er nichts sagt. «Für mich ist es positiv, dass Kunden mir mitteilen, wenn ihnen meine Arbeit nicht gefällt. So geben sie mir die Möglichkeit, mich zu verbessern.»
Nach drei lehrreichen Jahren bei Figarissimo fühlt sich Özlem bereit für eine neue Aufgabe. Sie verabschiedet sich mit dem Wissen, dass ihr die Tür bei Frau Helbok jederzeit offen steht. In Zürich arbeitet sie dann ein Jahr als Top-Stylistin, wobei sie zeitgleich in Stuttgart die Ausbildung zur Techniktrainerin absolviert. Sie ist zuständig für die Farbtechniken bei Bühnenshows und Salonschulungen, wo sie intern und extern Friseure weiterbildet. Auch die Lehrlingsausbildung gehört zu einer ihrer Tätigkeiten. Eine Arbeit, die ihr nicht nur Spass macht, sondern die ihr auch liegt.
«Stehaufweibchen»
Die Liebe führt sie 2007 zurück nach Liechtenstein und sie besetzt eine freie Stelle bei Headroom in Vaduz. Sie versteht sich sehr gut mit ihrem Chef, doch schon länger schlummert in ihr der Gedanke, irgendwann mal ihr eigener Chef zu sein. Mutig wie sie ist, macht sie Nägel mit Köpfen, denn wenn Özlem etwas will, dann kann sie so schnell nichts davon abhalten. 2008 macht sie sich selbstständig und eröffnet ihren Salon in Schaan unter dem Namen «Goldschnitt». Zweieinhalb Jahre führt sie ihr Geschäft mit Erfolg, bis Mikail im November 2010 das Licht der Welt erblickt. Die Freude über ihren Sohn ist riesig, die Beziehung zu ihremdamaligen Mann hält der Prüfungjedoch leider nicht stand.
Doch sie ist eine Kämpfernatur. Ganz nach dem Motto: Wenn du siebenmal hinfällst, steh achtmal wieder auf, kämpft sie sich Schritt für Schritt in die Arbeitswelt zurück. «Mein Optimismus war einfach immer stärker. Wenn es mir schlecht ging, hab ich mich erst recht auf die positiven Dinge im Leben konzentriert.» Diese Eigenschaft hat sie von ihrer Mutter, die leider verstarb, als Özlem erst 14 Jahre jung war. «Ich glaube, egal wo sie jetzt ist, dass sie stolz auf mich ist.» Sie sei eine sehr warmherzige Frau gewesen, die sich immer auf die Stärken der Menschen konzentriert und sie darin ermutigt habe, diese auch zu leben. Oft erinnert sich die 32-Jährige an die letzten Worte ihrer Mutter: « Versprich mir eins, sei immer ehrlich, geradeaus und friss nichts in dich hinein.» Ein Versprechen, das sie bis heute gehalten hat. Mittlerweile könne sie gar nicht mehr anders. «Was raus muss, muss raus. Was drin bleibt, macht krank», weiss sie.
Goldschnitt 2.0
An ihrem Traum, der Selbstständigkeit, hält sie weiterhin fest und nimmt sich vor, wieder in ihremeigenen Geschäft zu stehen, wenn Mikail 3 Jahre alt wird.
Im Oktober 2013 ist es dann so weit: Özlem eröffnet «Goldschnitt» ein weiteres Mal, und zwar in Eschen. Von Sonntag bis Dienstag ist sie zu Hause bei ihrem Sohn und Mittwoch bis Samstag auf Anmeldung im Salon. Und sie ist glücklicher denn je. «Ich kann mich wieder frei entfalten, darf meinen kleinen Hund Snoop mit ins Geschäft nehmen und weiss, dass mein Sohnemann bei meinem Vater in guten Händen ist, wofür ich ihm sehr dankbar bin.»
Heute ist sie froh, dass sie während ihrer Laufbahn in einigen Salons gearbeitet hat. «Ich habe unterschiedliche Arbeitsweisen kennengelernt und mir überall das für mich Passendste rausgepickt.» Der Weg, den sie gegangen ist, war zwar nicht immer einfach, doch sie bereut ihn nicht, denn alle Erfahrungen haben sie zu der Person gemacht, die sie heute ist: selbstbewusst, ehrgeizig, fröhlich, herzlich ? immer den Blick nach vorne gerichtet und gespannt, was da noch so alles kommen mag. (jul)
Steckbrief
Name: Özlem Celiksümer
Wohnort: Götzis
Alter: 32
Familie: Mutter von Mikail (3)und Hund Snoop
Beruf: Friseurin
Hobbys: Hund, Sport, Lesen, Ausgang
Leibspeise: Steak
Getränk: Cola light, Weiss-Sauer
Musik: «Alles, was mich berührt.»
Lektüre: «Herzenhören», «Dienstags bei Morrie»
Stärke: Optimismus
Schwäche: Essen
Motto: «Wenn du siebenmalhinfällst, steh achtmal wieder auf.»
Kontakt: www.goldschnitt.li, info@goldschnitt.li
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«Liewo-Porträt»