«Die Griechen schaffen es nicht aus der Krise»
In seinem brandneuen Buch «Dramödyssee. Von Patridioten und anderen Primaten» geht der «Papierschweizer» und gebürtige Grieche Konstantin «Kosta» Athanasopoulos kritisch mit den Hellenen ins Gericht. Dabei verzichtet er auch nicht auf autobiografische Anekdoten.
Die Vorgänge rund um die griechische Finanzkrise ist seit Jahren in aller Munde. Das war aber nicht der Anlass dafür, dass Kosta Athanasopoulos sein Buch schrieb. «Im Gegenteil: Begonnen habe ich damit bereits 2004. Dann kam die Finanzkrise, die ich in ersten Fassungen bereits vorgweggenommen hatte. Dann hätte es geheissen, ich hätte ohnehin nur abgeschrieben», erklärt der Grieche.
Dabei ist ihm klar: Mit seiner Art, mit den griechischen Problemen umzugehen, wird er polarisieren. Gerade ein stolzes Volk wie die Griechen täten sich nämlich schwer, wenn man Kritik von aussen übt. «Ich denke aber, wenn man etwas gegen Probleme tun möchte, muss man auch selbstkritisch sein und an sich arbeiten.»
«Bürokratie ist eine griechische Erfindung»
In 33 spannenden und leicht zu lesenden Kapiteln kann der Leser nicht nur in die teilweise verstörenden Strukturen und Vorstellungen der Griechen eintauchen ? die persönliche Note erhält die Geschichte durch die Anekdoten aus der eigenen Familie, die Kostas Geschichte und den Umgang mit ihr nachfühlen lassen. Seine Hassliebe zu seinem Land, in der die Wurzeln seiner Familie liegen, kommt klar zum Vorschein.
«Ich möchte in diesem Buch nicht nur draufhauen», erklärt der Autor. «Wer das Buch bis zum Schluss liest, kann auch sehen, dass ich dieses Land an und für sich liebe.» Gewisse Strukturen und Herangehensweisen an Probleme stören ihn jedoch ? und das beschreibt er als einen der Ursprünge der sozialen Konflikte in Griechenland. «Um es vorwegzunehmen: Nein, ich glaube nicht, dass die Griechen es jemals schaffen, aus eigener Kraft aus der Schuldenkrise kommen.» Was man da in den letzten Jahrzehnten alles auf Pump errichtet habe, gehe «auf keine Kuhhaut» und es wurde zu vieles falsch gemacht. «Und ein Grundübel ist die Bürokratie, die ja nicht umsonst in Griechenland erfunden wurde.»
Zwischen lachen und weinen
Das Buch widerspiegelt nicht nur das gespaltene Verhältnis des Autors zu seinem «Ursprungsland», sondern auch die griechische emotionale Mentalität ? entweder voll begeistert oder total traurig. «Da kann ich nicht leugnen, dass ich hier auch griechische Züge habe. Denn entweder mache ich etwas ganz oder gar nicht. Ansonsten bin ich ein richtiger ?Bünzli-Schweizer?», scherzt Athanasopoulos. Bewusst wurde darum der Titel des Buches so gewählt. Zum einen ist es ein Drama, zum anderen eine Komödie ? und der Weg zum Buch die Odyssee. «Und ich kann nicht leugnen, dass auch das Wort ?Ödipus? einen gewissen Anteil am Titel hat», erklärt Athanasopoulos.
Aufgewachsen mit einem sehr strengen Vater, der sehr vom Griechenland seiner Zeit geprägt war, hatte er wahrlich keine leichte Jugend. Kosta kannte die Gewalt, die Waffe der Ungebildeten, wie er sie nennt, am eigenen Leib. Anstatt stolz darauf zu sein, dass sein Sohn keine Drogen nimmt, kritisierte er dessen Hang zur Kunst. Noch schlimmer erging es ihm in St. Gallen in der Griechisch-Schule. «Mittlerweile habe ich aber verstanden, warum diese Männer so handelten, wie sie handelten und so dachten, wie sie dachten. Leider kam ich bis zum Tod meines Vaters im Jahr 2010 nicht dazu, mich mit ihm auszusprechen», bedauert der 43-Jährige. Das Haus der Eltern in Griechenland hat er mittlerweile verkauft. «Wenn ich heute nach Griechenland gehe, bin ich nur noch der Schweizer Tourist», schmunzelt Athanasopoulos.
Das Schicksal des Auslandsgriechen
Es sei auch nicht so, dass ein Auslandsgrieche nach Griechenland komme und gleich mit offenen Armen empfangen werde. In Griechenland sei man dann gleich als Kapitalist gebrandmarkt, der seine Landsleute im Stich lässt. «Ihnen ist zu wenig bewusst, dass wir in doppelter Hinsicht leiden:?Zum einen müssen wir mitansehen, wie Griechenland ruiniert wird, und zum anderen werden wir auch in unserer neuen Heimat als Fremde angesehen», kritisiert der 43-Jährige. Er schränkt aber ein: «In Liechtenstein habe ich meine fremde Herkunft nie so zu spüren bekommen.»
«Meine Mutter hat mich immer unterstützt»
Während der in St. Gallen geborene Jung-Grieche bei seinem Vater mit seinen Ideen und Vorlieben auf wenig Gegenliebe stiess, unterstützte ihn seine Mutter in allem. «Sie war stolz, als ich als Kind begann, auf Super 8 Filme zu drehen und mein Schauspieltalent suchte. Sie lud Verwandte und Bekannte ein, um diese Filmchen anzuschauen.» Auch während seiner Zeit als Sänger in den 80er- und frühen 90er-Jahren ? mit Schwerpunkt Hard Rock ? stand sie fest an seiner Seite und glaubte immer an ihn. «Nicht zuletzt deshalb habe ich das Kapitel über den Weg meiner Familie in die Schweiz eingefügt. Es war der Wunsch meiner Mutter, diese Geschichte niederzuschreiben», erklärt der leidenschaftliche Schreiber. Diesen Wunsch hat er ihr erfüllt. Als er im Jahr 2007 bereits erste Entwürfe vorliegen hatte und ihr kurz vor ihrem Tod präsentierte, war sie abermals stolz auf ihren Sohn.
Gute Musiklaufbahn
Seine beste Zeit als Musiker habe er vor allem in Liechtenstein erlebt, wo ihn immer noch der eine oder andere auf die alten Zeiten anspricht. Kosta Athanasopoulos sei ein «mittlerweile angepasster Revoluzzer». Er absolvierte, um ein Rocksänger zu werden, eine klassische Gesangsausbildung. Als 1989 die Band Tess einen Sänger suchte, wurde Werner Noll auf ihn aufmerksam und brachte ihn zur Band. Er habe sowohl in seinem Können als auch in seiner Erscheinung genau dazugepasst. «Wir hatten sehr gute Konzerte und eine ansehnliche Anzahl an Fans», erinnert sich der Wahl-Seveler an seine Zeiten als Rockmusiker zurück.
Als Sänger hat sich Athanasopoulos mittlerweile zurückgezogen und verlegte seine musikalischen Aktivitäten aufs Schreiben. Er half beim Schreiben der Texte für ein Album der Unterländer Band Pussylovers mit und war einige Zeit lang als Gesangscoach tätig. Das Schreiben gefiel ihm immer mehr und so kam er am Ende auf die Idee, das Buch über die Griechen zu schreiben, das ihm auch bei der Vergangenheitsbewältigung half.
Der lange Weg zum ersten Buch
Und ein Grieche wäre auch kein richtiger Grieche, wenn die Suche nach einem Verlag nicht eine wahre Odyssee gewesen wäre. Geschlagene fünf Jahre lang wartete er auf einen Verleger. Dabei testete er nicht nur verschiedene Lektoren, sondern geriet auch an Agenten, die sich nicht mit einem kleineren Verlag zufriedengaben und stattdessen dem grossen Geld nachjagten. «Heute warten auch die grösseren Verlage darauf, ob die Bücher der neuen Autoren auf freien Internet-Plattformen wie Amazon und so weiter Absatz finden, bevor sie einen unter Vertrag nehmen.» Er habe bereits überlegt, das Buch im Selbstverlag herauszugeben, doch dann habe sich mit dem Aavaa-Verlag aus Berlin doch noch ein kleinerer Verlag gemeldet, der bereit war, «Dramödyssee. Von Patridioten und anderen Primaten» herauszugeben.
Erste Lesung bereits fixiert
Nach der Erscheinung des Buches gilt es nun, es populär zu machen. «Ich bin derzeit damit beschäftigt, Institutionen zu finden, die mir eine Vorlesung anbieten», erklärt der Autor. Dabei wolle er aber nicht eine stocksteife Lesung durchführen, sondern den Zuhörern sein Werk auch mit der nötigen Portion Entertainment näherbringen. Das dürfte Kosta Athanasopoulos nicht schwerfallen, denn er bringt mit seinen südländischen Wurzeln das nötige Temperament und mit seinem Buch einen brisanten Inhalt mit. Die erste Lesung konnte er gemeinsam mit der Erwachsenenbildung Stein Egerta und Omni Bücher in Eschen organisieren. Dieser sollen weitere folgen. (mw)
Lesung mit Kosta Athanasopoulos
Termin: Mittwoch, 23. Oktober, um 19 Uhr,
Seminarzentrum Stein Egerta, Schaan
Veranstalterinnen: Erwachsenenbildung Stein Egerta und Omni Bücher, Eschen
Steckbrief
Name: Konstantin Athanasopoulos
Wohnort: Sevelen
Alter: 43
Beruf: Autoverkäufer/Autor
Hobbys: Kochen, Wandern, Lesen
Leibspeise: Mediterrane Küche
Getränk: Wasser, Tee und guter Rotwein
TV-Vorliebe: Pastewka/Dokus
Musik: John Farnham, Cold Chisel, Dire Straits
Lektüre: Sachbücher und Biografien
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Frühling und Herbst
Lieblings-Ort: Zakynthos/Wallis
Stärke: Pflichtbewusstsein
Schwäche: Gutes Essen
Kontakt: www.facebook.com/Dramoedyssee
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«Liewo-Porträt»