«Auf der Heimfahrt haben wir Tränen vergossen»
Wer jemals auf Radio L einen Beitrag über ein Schwingfest gehört hat, dem dürfte Ernst Frehners Stimme bekannt sein. Voller Leidenschaft berichtet der Grabser in seinen Radioreportagen über den Schwingsport ? der «Liewo» hingegen erzählt er die Geschichte, die sich hinter der Stimme verbirgt.
Früahligszit isch Schwingerzit» ? nicht mehr lange und dann wird dieser Slogan wieder auf Radio L zu hören sein. Die Stimme hinter dieser Parole gehört Ernst Frehner, seines Zeichens passionierter Schwinger-freund und freier Radioreporter. Selten trifft man jemanden, der sich mit so viel Leidenschaft einem Sport verschrieben hat ? einer Leidenschaft, die Ernst Frehner auch gerne mit den Radiohörern teilt. Wann immer Liechtensteins Landessender über ein Schwingfest berichtet, ist es Frehners Stimme, die über den Äther geht. Eine Stimme, die mit einer solchen Begeisterung das Geschehen schildert, dass es selbst den grössten «Hosalupf»-Laien mitreisst. «Ich versuche so gut wie möglich die Atmosphäre in der Arena rüberzubringen und ich glaube, das gelingt mir ganz gut», meint der Schwinger-Fachmann bescheiden. Ihm sei zumindest schon ein paarmal gesagt worden, dass seine Reportagen «leben». Dass er durch seine Berichte in Radio-L-Kreisen bereits Legendenstatus erworben hat, ist ihm aber nicht bewusst. Und wer das eben Geschriebene anzweifelt, hat noch nie seine Berichterstattung über das Unspunnen-Schwinget im Jahr 2011 miterlebt: Als Frehners Favorit seinen Konkurrenten im Schlussgang plattwirft, wird die Stimme des Grabsers erst brüchig und versagt dann unter Freudentränen endgültig.
Das Vermächtnis des Vaters
«Es ist der Kampf Mann gegen Mann, der mich fasziniert. Aber auch die Atmosphäre und die Fairness auf und neben dem Sägemehl machen für mich das Schwingen einzigartig», erklärt Ernst Frehner seine Begeisterung. Seine Leidenschaft für den «Hosalupf» habe er seinem Vater zu verdanken, der ihn schon als kleinen Jungen an Schwingfeste mitnahm. «Ich kann mich noch erinnern, wie wir gemeinsam am Eidgenössischen in Frauenfeld waren. Unser Favorit Karl Meli verlor an jenem Tag im Schlussgang gegen den jungen Rudolf Hunsperger. Auf der Heimfahrt haben mein Vater und ich Tränen vergossen», verrät Frehner lächelnd.
Leider waren dem damals noch jungen Ernst nicht mehr viele solche Momente mit seinem Vater vergönnt. Bereits sechs Jahre nach dieser denkwürdigen Heimfahrt verstarb das Familienoberhaupt unerwartet an einem Herzinfarkt: «Es war an einem Montag. Mein Vater war Hufschmied und Wagenbauer und wollte noch einige Besorgungen erledigen. Vor dem Geschäft sank er auf eine Bank nieder und verstarb.» Lange Zeit sei es ihm schwergefallen, diesen Schicksalsschlag zu akzeptieren: «Vor allem bei Ereignissen wie meiner Hochzeit oder der Geburt meiner Kinder vermisste ich ihn oft schmerzlich ? er wäre schön gewesen, wenn mein Vater dies hätte miterleben können.» Heute, fast 40 Jahre nach diesem tragischen Vorfall, ist die Trauer über diesen Verlust in den Hintergrund gerückt ? was Ernst Frehner jedoch von seinem Vater geblieben ist, ist ein Vermächtnis, welches ihn ein Leben lang begleiten wird: Die Leidenschaft für den schweizerischen Nationalsport.
Dem Sport verschrieben
Selbst war Ernst Frehner nie als Schwinger aktiv. «Ich brachte für diesen Sport nicht die körperlichen Voraussetzungen mit», gibt er zu. Ausserdem habe er schon im Volksschulalter den Wunsch gehegt, Lehrer zu werden ? ein Beruf, der sich nur schlecht mit einer Schwinger-karriere hätte vereinen lassen. Und so kam es, dass Frehner statt zentnerschweren «Bösen» den Rotstift schwang. Nichtsdestotrotz hat sich der heutige Berufsschullehrer ganz diesem Sport verschrieben und wirkt ausserhalb des Sägemehlrings in der Szene mit. So hat er bereits den einen oder anderen Schwinganlass mitorganisiert, fungierte beim «Ländle-Schwinget» im Jahr 2006 als Platzspeaker und ist aktuell der OK-Präsident des kommenden Verbandsschwingfestes in Grabs, das am 30. März über die Bühne gehen soll. «Mit der Besetzung sind wir sehr zufrieden ? es sind einige Eidgenossen dabei und auch organisatorisch liegen wir im Zeitplan. Nun hoffen wir einfach noch auf gutes Wetter», gibt Frehner Auskunft.
Das Herz gehört der Familie
Auch wenn das Herz von Ernst Frehner eindeutig für den Schwingsport schlägt, der Löwenanteil davon gehört seiner Frau und seinen Kindern: «Meine Familie ist mir sehr wichtig ? sie steht für mich an erster Stelle», gibt der Grabser zu. Gemeinsam mit seiner Frau hat er vier Kinder und freut sich an vier Enkelkindern. «Sowohl meine Frau als auch ich sind beide in einer Grossfamilie aufgewachsen. Als wir dann selbst eine Familie gründeten, ging meine Frau ganz in der Rolle als Hausfrau und Mutter auf, während ich für den Lebensunterhalt sorgte», erzählt er. Ihm sei zwar bewusst, dass diese traditionelle Rollenaufteilung nach heutigen Massstäben vielleicht etwas altmodisch sei, aber nichts anderes hätten er und seine Käti sich gewünscht. «Meine Kinder hätten keine bessere Mutter haben können ? ich bin ihr sehr dankbar dafür.» Zudem habe ihm seine Frau stets den Rücken gestärkt und sei hinter allem gestanden, was er anpackte. So auch als er im Alter von 40 Jahren beschloss, eine Vollzeit-Weiterbildung zum Berufsschullehrer in Angriff zu nehmen und hierfür zwei Jahre lang unter der Woche in Zollikofen im Kanton Bern lebte.
Kennengelernt hat Ernst seine Käti übrigens an einer 1.-August-Feier auf der Voralp in Grabs. «Es war Sympathie auf den ersten Blick», erinnert sich Frehner an ihr erstes Aufeinandertreffen. Sie habe ein Dirndl getragen und er hätte den ersten Schritt gewagt und sie zum Tanz aufgefordert. Noch am selben Abend verabredeten sich die beiden für ein zweites Treffen an einer Serenade auf Schloss Werdenberg. Heute ist das Ehepaar seit über 40 Jahren verheiratet.
Es gab auch Schattenseiten
Doch so traut das Familienidyll von aussen vielleicht scheinen mag, auch die Frehners hatten während ihrer gemeinsamen 40 Jahre mit einigem zu kämpfen: «Leider erkrankten zwei unserer Kinder bereits im Jugendalter an einer Depression», erzählt der Vater mit ernster Stimme. Ein Umstand, der ihm und seiner Frau viel Sorgen bereitete. «Sie haben sich einfach von der Welt abgekapselt und wir wussten lange nicht, wie wir damit umgehen sollen.» Es sei hart gewesen, mitanzusehen, wie seine Söhne zu kämpfen hatten und unter ihrer Krankheit litten. Und auch für die Ehe sei die Situation zu einer Belastungsprobe geworden, denn das Thema Depression legte sich lange Zeit wie ein Schatten über die ganze Familie.
«Es war ein schwieriger Prozess, aber mittlerweile haben wir alle gelernt, uns damit zurechtzufinden», erzählt der Familienvater. Zwar sei die Erkrankung seiner Söhne immer noch ein Thema, doch mittlerweile wisse die Familie, wie sie am besten damit umgeht. Und selbst etwas Positives kann Ernst Frehner dieser schwierigen Situation abgewinnen: «Die Depression hat den Zusammenhalt in unserer Familie gestärkt. Wir sind näher zusammengerückt.» Daher ist es nur verständlich, dass das Ehepaar Frehner noch regelmässig von ihren bereits erwachsenen Kindern besucht wird.
Es wird nicht langweilig
In Ernst Frehners Leben gab es also sowohl schöne als auch schwierige Zeiten ? doch einer der wohl schönsten Lebensabschnitte steht dem 65-Jährigen noch bevor: die Pension. Im August dieses Jahres wird er seinen Posten als Allgemeinbildungslehrer an der Berufschule Buchs an den Nagel hängen. «Ich schaue dankbar auf meine Tätigkeit als Lehrer zurück und werde bestimmt auch mit Wehmut vom Berufsalltag Abschied nehmen ? doch langweilig wird mir sicher nicht», ist sich der baldige Pensionist sicher. Dies will man ihm auch gerne glauben, denn was auch der aufmerksame Leser zu diesem Zeitpunkt nicht weiss: Neben Familie und dem Schwingen ist Ernst Frehner bei den Schweizerischen Fussballveteranen aktiv, singt im Männerchor Grabs und jasst ausserdem für sein Leben gern. Zudem wird Frehner auch nach seiner Pension dem Radio als rasender Reporter erhalten bleiben und direkt von den Schwingplätzen im ganzen Land berichten ? mit nur einem einzigen Unterschied: Nun kennen seine Hörer auch die Geschichte hinter der Stimme. (sb)
Steckbrief
Name: Ernst Frehner
Wohnort: Grabs
Alter: 65
Beruf: Berufsfachschullehrer
Hobbys: Schwingen, Fussball und Jassen
Leibspeise: Bratwurst mit Rösti
Getränk: Bier
TV-Vorliebe: Sportsendungen
Musik: Gesang
Lektüre:Tageszeitungen und Schwingerzeitungen
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Ort: Schwingplätze in der Region
Stärke: Umgang mit Menschen und Organisieren
Schwäche: Bewegungsmuffel und Raucher
Mein Wunsch: Gesund bleiben
Schlagwörter
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«Liewo-Porträt»