Unglücksflug
Flugzeuge faszinieren mich! Und ich staune, wie es den Menschen – die ja nun mal keine Flügel haben – gelungen ist, die Schwerkraft zu überlisten und sich den Traum vom Fliegen zu erfüllen.
Nun steh ich also hier und es ist schon kurz vor 17 Uhr. Gerade startet der St. Galler Willy Eicher in einer gemieteten Piper. Sie steigt an, macht eine steile Linkskurve und kommt wieder zurück. Jetzt wird angekündigt, dass Eicher Piperakrobatik zeigt. Und ich höre den Polizeikorporal neben mir sagen: «Meines Wissens kann man mit dieser Maschine keine besondere Akrobatik ausführen». Da könnte er recht haben. Auch diese Piper ist zwar ein technisches Wunderwerk, aber Akrobatik?
Während ich so vor mich hin sinniere, sehe ich auch schon, wie die Maschine ganz niedrig in grosser Geschwindigkeit über uns hinwegbraust. Der Polizeikorporal neben mir scherzt noch: «Wenn der so weitermacht, gehe ich hier weg.» Und ich fühl mich auch nicht so wohl in meiner Haut. Plötzlich taucht die Maschine wieder auf – und wenige Meter vor ihr eine Signalstange! Entsetzt muss ich in den nächsten Sekunden mitansehen, wie das Flugzeug mit der Stange kollidiert und ein Teil des linken Flügels abgetrennt wird. Die Maschine fliegt weiter. Leicht links geneigt – als wäre nichts gewesen. Und plötzlich fangen die Leute an zu rennen … und ich mit ihnen.
Ich starre in Richtung Maisfeld, hinter dem Rauchschwaden aufsteigen – und fliege schnell hin, um zu helfen. Das Flugzeug steckt mit dem «Kopf» im Graben. Und plötzlich schiessen Flammen aus der Kabine. Das Feuer breitet sich rasend schnell aus. Eine Rettung des 38-jährigen Piloten ist aussichtslos. Traurig entferne ich mich vom Unfallort. Einige Tage später vernehme ich, dass die Sachverständigen ein Selbstverschulden des Piloten feststellen. Willy Eicher hinterlässt seine Frau und eine Tochter. Zu ihnen mache ich mich jetzt auf, um mein Beileid zu bekunden. Und zwar zu Fuss. (dv)
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