Der ertrunkene Züsler
Eine Familie fand in ihrem Keller den Tod und nur ein einziges Haus blieb verschont, obwohl auch viele Liechtensteiner beim Löschen halfen. Auf der anderen Rheinseite hatte es schon häufig gebrannt, 1816 gleich zweimal in Fontnas, 1819 in Azmoos und jetzt dieser Grossbrand!
Von Anfang an hatten viele den Fontnaser Hans Jakob Müller als Brandstifter in Verdacht. Doch lange konnte man dem schwarzen Schaf einer der angesehendsten Wartauer Familien, die seit Jahrhunderten Schlossammänner und -richter gestellt hatte, nichts nachweisen. Nach dem verheerenden Brand in Oberschan aber wanderte Müller für 10 Jahre ins Zuchthaus. Glück hat er damit noch gehabt, normalerweise stand auf Brandstiftung dazumal die Todesstrafe.
Im Spätherbst 1931 wurde Müller entlassen und kam bei einem Bekannten in Azmoos unter. Wohl fühlte er sich dort nicht und überlegte, nach Amerika auszuwandern. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen: Als kurz vor Weihnachten Azmoos erneut von einem fürchterlichen Brandunglück heimgesucht wurde, waren sich alle einig, nur einer könne dafür die Schuld tragen: der unverbesserliche Hans Jakob Müller. So rotteten sich Azmooser und Oberschaner zusammen, um seiner habhaft zu werden, und konnten ihn schliesslich am Rheinufer stellen.
In dieser ausweglosen Lage stürzte sich Müller in den Rhein, um auf die Liechtensteiner Seite zu gelangen. Doch er ertrank und wurde in Balzers beim Fahr am Schollberg auf einer Kiesbank angespült. Nun entspann sich ein langes Hin und Her zwischen den Balznern und Wartauern, wer für die Bestattung zuständig wäre – keiner wollte den Übeltäter auf seinem Friedhof beerdigen. Nach drei Monaten beschloss der Balzner Gemeinderat endlich, den Leichnam beseitigen zu lassen und er wurde in einem alten Kiesloch nahe der Fundstelle verscharrt. Kein Kreuz oder Gedenkstein erinnert an diese letzte Ruhestätte, aber sie ging dennoch nicht vergessen, sondern heisst bis auf den heutigen Tag «Beim Züsler». (he)
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