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Vom Silicon Valley in die Künstlergalerie

Martin R. Wohlwend hat einen aussergewöhnlichen Werdegang hinter sich. Der gelernte Florist studierte Kunst in den USA und China, erstellte Internetauftritte für Unternehmen im Silicon Valley und hat nun innerhalb kürzester Zeit Ausstellungen in der Wirtschaftskammer, dem Schlösslekeller und im Domus.

Sein Atelier befindet sich direkt neben seinem Wohnzimmer. Meh­rere leere Leinwände lehnen an einer Wand, einige sind bereits teilweise bemalt. Für den international ausstellenden Künstler war seit Langem klar, dass seine kreative Ader sehr gross ist. «Mein damaliger Schullehrer Reinhard Walser hat mir aufgrund meiner Zeich­nun­gen eine Ausbildung zum Grafiker empfohlen», sagt Martin R. Wohlwend. Da seine Eltern aber einen Floristen­betrieb führten, entschied er sich zuerst für eine Ausbildung zum Floristen. Während seiner Lehre habe er sich dann entschieden, seine kreative Seite verstärkt auszubilden. «Die Ausbildung als Florist war eine sehr gute Grundaus­bildung in der Farben- und Gestaltungs­lehre, was mir in der Kunstschule wiederum zu einem Vorteil verhalf», erzählt Wohlwend. In der Kunstschule San Fran­cisco Art Institute in Kalifornien liess er sich zunächst von Künstlern wie Salvador Dali, Max Ernst und Marcel Duchamp inspirieren. Später habe er Jackson Pollocks Action-Painting-Me­tho­de entdeckt, sie in seine Bilder integriert und darauf aufgebaut. Zu Beginn habe er sehr surrealistisch gemalt. «Bis mir ein Lehrer eines Tages gesagt hat: «Wir brauchen keinen Salvador Dali, wir brauchen einen Martin Wohlwend», erinnert sich der Künstler. Er habe daraufhin ein Bild, welches einem von Dali sehr ähnlich war, in den Mülleimer ge­worfen und von vorne begonnen.

«In meiner Kindheit habe ich viele Totenschädel und Skelette gemalt», erinnert sich der 44-Jährige. Der Tod und das Sterben beziehungsweise, dass eine Seele nicht sterben könne und ewig leben müsse, seien Themen, die ihn früher oft beschäftigt hätten. Erst der Gedanke, sich bereits in der Ewigkeit zu befinden und dass die Zeit eigentlich gar nicht existiere, habe ihn vor der Angst, ewig leben zu müssen, befreit. Ein Psychologe habe ihm während seines Studiums an der Landegg International University, wo Wohlwend eine Zeit lang Psychologie studierte, gesagt, dass das ziemlich seltsam wäre, da Menschen eher dazu neigen, vor dem Tod Angst zu haben und nicht vor dem ewigen Leben. «Die Anzahl der Atome im Universum dürfte sich kaum verändern», sagt Wohlwend, «Wir sind ein Teil des Gan­zen und verändern ständig unsere Form. So sind wir ein Teil der Unendlichkeit und befinden uns mittendrin.»
«In meinen Bildern findet man viele Linien. Die Linien repräsentieren für mich diese Unendlichkeit. Häufig beginne ich ein Bild mit Linien und schaffe mit Ihnen ein Chaos. Aus dem Chaos schaffe ich dann Ordnung. Ordnung kann sich doch wieder in Chaos umwandeln, wo­rauf ich es anschliessend wieder zu ordnen versuche. Dieser Prozess dauert so lange, bis ich an einem Punkt angelangt bin, wo ich das Bild in seinem Zustand akzeptiere», beschreibt Wohlwend seinen kreativen Prozess. Ein Bild sei für ihn nie wirklich vollendet und er könnte diesen Prozess ewig fortführen. «An einem gewissen Punkt akzeptiere ich seine Unvollkommenheit und lasse es wirken» sagt Wohlwend. Den gleichen Prozess des Übergangs von Chaos zu Ordnung und zurück findet er auch in der Natur, der Gesellschaft und im Univer­sum.

Obwohl Wohlwend viele Jahre lang eine Vorliebe für grelle und starke Acrylfar­ben hatte, änderte er seine Arbeits­mate­rialen vor fünf Jahren radikal und entschied sich dazu, sich eine Weile auf Schwarz-Weiss-Kompositionen zu konzentrieren. «Ich versuche immer wieder auf diesen Prozessen aufzubauen. Ich weiss nicht, welches Material als Nächstes kommt. Ich möchte immer wieder etwas Neues schaffen. Ich bin nicht der Typ Mensch, der sagt: Das ist mein Stil, auf diesen beharre ich für den Rest meines Lebens», erklärt der Künstler. Ver­ein­zelt lässt er heute auch wieder Far­ben in seine Kunstwerke einfliessen.
Der kulturelle Austausch zwischen verschiedenen Ländern ist für Wohlwend unerlässlich. «Je mehr man sich mit anderen Kulturen befasst, desto besser lernt man sich selbst kennen», sagt Wohlwend. Dies hänge auch stark mit dem Bahaitum ? der Religion, welcher Wohlwend angehört ? zusammen. Jeder Mensch sei Teil einer globalen Familie. Erst durch den Gesamtüberblick könne man realisieren, zu welchem aussergewöhnlichen und faszinierenden Organis­mus man dazugehört.

Die ersten Erfahrungen mit anderen Kulturen machte er direkt nach dem Abschluss seiner Lehre, als er für ein Jahr in Israel ein Volontariat als Gärtner im Bahai-Weltzentrum absolvierte. Dort arbeitete er mit gut 600 Leuten aus circa 50 Nationen zusammen. «Da habe ich zum ersten Mal erlebt, dass Leute aus aller Welt harmonisch miteinander auskommen können», erzählt Wohlwend. Jeder habe seine Vorgeschichte mit anderen Religionen gehabt, hätte dann aber zum Bahaitum konvertiert und glaube daran, dass Gott, die Menschheit, und alle Religionen eins sind. «Das hat mein Bewusstsein komplett verändert. Ich bin durch den Kulturaustausch und den Auslandsaufenthalt viel offener geworden», sagt Wohlwend.
Durch mehrere Kulturaustausch-Projek­te in China habe sich Wohlwend Mitte der 90er-Jahre intensiv mit chinesischer Landschaftsmalerei und Kalligrafie befasst. Sein Aufenthalt in Israel und seine Studien in den USA und China hätten ihn ebenfalls nachhaltig beeinflusst.

Wohlwend versuche, die Kunst einer grösseren Masse näherzubringen, das Bewusstsein für Kunst zu fördern und den Status des Künstlers in der Gesell­schaft anzuheben. «Mit der Aus­stel­lung in der Wirtschaftskammer Liechtenstein versuchte ich so, eine gemeinsame Sprache zwischen Kunst und Gewerbe zu finden», sagt Wohlwend
Für seine nächsten Ausstellungen im Schlösslekeller und im Domus hat sich Martin R. Wohlwend den Strassen Liechtensteins gewidmet. Häufig werde die Wichtigkeit der Strasse im täglichen Leben nicht mehr wahrgenommen. Deshalb wolle er der Strasse einen Platz in der Galerie geben, wo man ihr die nötige Ehre erweisen könne. Die Ausstel­lung «Unter Uns» im Domus zeigt Aus­schnitte aus dem Strassennetzwerk der Liechtensteiner Gemeinden aus der Vogelperspektive. Für die zweite Ausstel­lung, «Fragmente» im Schlössle­keller, liess sich Martin R. Wohlwend von Details der Strasse inspirieren und zeigt Eindrücke, welche der Künstler auf der Strasse zwischen dem Domus und dem Schlösslekeller sammeln konnte. «Ich versuche, mit meinen Werken den liechtensteinischen Strassen einen gebührenden Platz in der Gesellschaft zu verleihen, indem ich sie als Inspiration für meine Kunstwerke verwende. Es ist verblüffend, wie sich Vogelperspektive und Details ähnlich sein können. Egal wie weit man hinein- oder herauszoomt, es ergeben sich immer wieder die gleichen Muster», erklärt Wohlwend und unterstreicht somit wieder die Unendlichkeit, von der wir alle ein Teil sind. (jgr)

Die Vernissagen für beide Ausstellungen finden im Januar innerhalb einer Woche statt. 

 

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