Peter Galliard: Lyrischer Tenor mit Pepp
Knapp 30 Jahre ist Peter Galliard bereits festes Ensemblemitglied an der Hamburger Staatsoper. Immer wieder gerne kehrt der in Graubünden geborene Tenor in seine Heimat zurück. So auch als Erminio in der Operette «Gasparone».
«Ich habe immer schon gerne gesungen und wollte ausprobieren, ob ich Opernsänger werden kann», lautet die Erklärung Peter Galliards für die Entscheidung nach abgeschlossener Feinmechanikerlehre ein Gesangsstudium anzupacken. Was am Konservatorium Feldkirch und dem Mozarteum Salzburg bescheiden begann, hat sich in den letzten drei Jahrzehnten zu einem Werdegang entwickelt, von dem viele Profisänger nur träumen können. Bereits kurz nach Studiumsabschluss und seiner Auszeichnung beim Internationalen Mozart-Wettbewerb wird der in Untervaz geborene Galliard von Rolf Liebermann an die Hamburger Staatsoper verpflichtet. Mit erst 23 Jahren kann er hier als Ensemblemitglied viele Erfahrungen sammeln und entwickelt sich vom Spieltenor über den lyrischen Tenor hin zum Heldentenor. «Ich wurde in Hamburg optimal gefördert und aufgebaut», blickt Galliard dankbar zurück. Und dass er heute von einer «optimalen Laufbahn für einen 52-Jährigen» spricht, verdankt er nicht zuletzt der Weitsicht des Hamburger Intendanten Liebermann und dessen Feingefühl dafür, wer bereit ist, welche Rolle zu singen. Auch nach über 27 Jahren ist Galliard seiner «Talentschmiede» treu geblieben. Gleichzeitig hat er Engagements auf der ganzen Welt. Und in Balzers.
Hier wird er nach 1998 und 2002 ab Mitte Januar als Erminio in Carl Millöckers Operette «Gasparone» zu sehen sein, eine Partie, die der Tenor noch nie zuvor gesungen hat, die aber «wunderschöne Arien und Duette» enthält und für die es einen «lyrischen Tenor mit Pepp» braucht. «Säuseln darf man das nicht», ist sich der Profi sicher. Bei all seinen Engagements, zu denen in jüngster Vergangenheit unter anderen eine «Rheingold»-Inszenierung unter Kirill Petrenko oder die Aufführung des gesamten Wagner-Rings unter Jonathan Nott am KKL Luzern zählen, kommen Operetten jedoch immer zu kurz. Umso mehr freut sich Galliard, dass ein erneutes Engagement in Balzers dieses Mal geklappt hat. Zumal ihm das auch die Gelegenheit bietet, sein Heimweh nach den Bündner Bergen etwas zu stillen. Und obwohl es sich Peter Galliard gewöhnt ist, mit Vollprofis und namhaften Künstlern an renommierten Häusern zu singen, schätzt er die Zusammenarbeit mit der Operette Balzers sehr. «Ich bin begeistert davon, wie professionell hier gearbeitet wird. Zudem hat die Operette in Balzers Tradition, was sich immer wieder auch bis in den hohen Norden durchspricht», gibt der Sänger, der mit seiner Ehefrau und den drei Kindern in Hamburg lebt, unumwunden zu. Wenn es nach ihm ginge, müsste die Operette auf den Spielplänen renommierter Häuser mehr Beachtung finden, zumal sie eine gelungene Kombination aus Musik, Tanz und Schauspielerei darstellt. «Und wenn sie gut gemacht ist, ist die Operette immer ein Publikumsmagnet», zeigt sich Galliard überzeugt. Dass sie dennoch vielerorts immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird, liegt laut Galliard an den Intendanten der jeweiligen Häuser.
Bevor Peter Galliard jedoch in die Rolle des Erminio schlüpft, steht nicht nur eine intensive Probenarbeit in Balzers bevor, sondern auch weitere grosse Partien in Opern von Janacek und Richard Strauss. Sogar zwischen den Aufführungen in Balzers wird er für die Proben zu Benjamin Brittens «Peter Grimes» immer wieder nach Hamburg reisen. Eine Belastung, die er gerne auf sich nimmt und die zum Alltag jedes Profisängers gehört. Dennoch ist er froh, dass er nicht ? wie viele seiner freischaffenden Kollegen ? dauernd aus dem Koffer leben muss. «Das wäre nichts für mich», ist Galliard sicher. Auch wenn er gerne unterwegs ist, kehrt er umso lieber wieder nach Hause zurück. Sei dies nach Hamburg oder nach Graubünden, wo er die letzten beiden Sommer über an einer Opernproduktion in Obersaxen mitwirkte und im Zuge der Arosa Musikwochen Meisterkurse gab. Dass er sich selbst als bodenständig bezeichnet, darf da nicht verwundern.
Obwohl Peter Galliard seit knapp drei Jahrzehnten zahlreiche Rollen gesungen hat und vor allem in den letzten vier Jahren auch international «gut im Geschäft» ist, gibt es für ihn keine Lieblingspartie. «Das ist immer die, die ich gerade singe», meint der Profi, der Geduld und Bescheidenheit als seine Stärken ansieht. Letzteres lachend hinzugefügt ? versteht sich. Seine Sensibilität sieht er eher als Schwäche an, obwohl gerade sie ihm im Beruf auch förderlich ist. Und würde dieser noch leben, würde er gerne mit dem deutschen Tenor Fritz Wunderlich einmal ein Bier trinken gehen, da er für Galliard in vielerlei Hinsicht ein Vorbild darstellt.
Langeweile wird bei Peter Galliard wohl so schnell nicht aufkommen. Und so kann man ihm nur gutes Durchhaltevermögen wünschen. Vor allem auch deshalb, weil er seinen Beruf mit dem eines Spitzensportlers vergleicht. «Am Ende kommt es auf die Technik und das Können an. Und darauf Nein sagen zu können.» Das Richtige zur richtigen Zeit zu singen, entscheidet massgeblich darüber, wie lange man sich an der Spitze halten kann. «Deshalb sollte man immer genau wissen, was man singen kann und was nicht», meint Galliard und äussert damit gleichzeitig auch Zweifel an der heutigen Gesangsausbildung und dem Umgang mit jungen Sängern zu Beginn ihrer Laufbahn.
Doch nun freut er sich erst einmal auf sein Gastspiel in Balzers und hofft, dass möglichst viele die Aufführungen besuchen werden, da es sich um eine «tolle Operette, eine tolle Produktion und wunderbare Musik handelt, die den Leuten mit Sicherheit gefällt». Und kann man dem Urteil eines international gefragten Tenors Glauben schenken, wird es alles andere als eine «verstaubte Operetteninszenierung» werden. (ehu)