Nationalratskommission ändert die Meinung
Im Januar hatte die Kommission beschlossen, für Observationen die Genehmigung eines Richters oder eine Richterin des kantonalen Versicherungsgerichts zu verlangen - und zwar unabhängig von den eingesetzten Instrumenten.
Nun beantragt sie dem Nationalrat, wie der Ständerat einzig für den Einsatz von Instrumenten zur Standortbestimmung - so genannten GPS-Trackern - eine richterliche Genehmigung vorzusehen. Das beschloss die SGK mit 14 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. Bild- und Tonaufnahmen wären somit ohne richterliche Genehmigung erlaubt.
Ausreichend für Strafverfahren
Die Kehrtwende begründet die Kommission damit, dass eine richterliche Genehmigung nicht zwingend sei, um Beweise in einem allfälligen Strafverfahren verwerten zu können. Dabei beruft sie sich auf eine Auskunft des Bundesamtes für Justiz.
Weiter präzisierte die Kommission das Verfahren und die Modalitäten für die richterliche Genehmigung beim Einsatz von GPS-Trackern. In den übrigen Punkten folgte sie dem Ständerat. Der Nationalrat wird das Geschäft in der Frühjahrssession behandeln, die kommende Woche beginnt.
Auch auf dem Balkon
Geht es nach dem Willen der Nationalratskommission und des Ständerates, wären Observationen nicht auf allgemein zugängliche Orte wie Strassen und Parks beschränkt. Sie sollen auch an Orten wie Balkonen zulässig sein, die von einem allgemein zugänglichen Ort aus frei einsehbar sind.
Eine Minderheit der Kommission lehnt den Observationsartikel ab. Derart heikle Eingriffe in die Privatsphäre von verletzlichen Personen müssten in der Strafprozessordnung geregelt werden, argumentieren die Gegnerinnen und Gegner.
Verhältnismässigkeit wahren
Der Bundesrat hatte Instrumente zur Standortbestimmung nicht zulassen wollen. Innenminister Alain Berset wies im Ständerat auf den Schutz der Privatsphäre und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit hin.
Er erinnerte auch daran, dass potenziell viele Menschen betroffen seien. Die Regeln gelten nicht nur für die IV, sondern auch für die AHV sowie die Unfall-, Arbeitslosen-, und Krankenversicherung. Ausserdem sei unklar, welche technischen Instrumente erlaubt wären.
Fehlende Grundlage
Die Gesetzgebungsarbeiten gehen auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zurück. Dieser hatte festgestellt, dass in der Schweiz eine klare und detaillierte gesetzliche Grundlage zur Observation von Versicherten fehlt. Wegen des Urteils mussten die IV und die Unfallversicherer ihre Beobachtungen einstellen.
Um diese wieder zu ermöglichen, wollte der Bundesrat im Rahmen einer Reform des Sozialversicherungsrechts eine gesetzliche Grundlage schaffen. Die Ständeratskommission beschloss aber, das Verfahren zu beschleunigen. Sie löste den Observationsartikel aus dem Reformpaket heraus und ergänzte diesen. (sda)
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