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Kantone sollen Prämien bestimmen können

Die Krankenkassenprämien sollen künftig von den Kantonen festgelegt und einkassiert werden. Eine Volksinitiative will auf freiwilliger Basis ein Modell einer Ausgleichskasse in den Kantonen einführen.
Der Waadtländer SP-Staatsrat Pierre-Yves Maillard, links, hat am Freitag zusammen mit Vertretern des Initiativkomitees die Ziele der Volksinitiative "Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone" erklärt. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Der Waadtländer SP-Staatsrat Pierre-Yves Maillard, links, hat am Freitag zusammen mit Vertretern des Initiativkomitees die Ziele der Volksinitiative "Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone" erklärt. (KEYSTONE/Anthony Anex) (Bild: KEYSTONE/ANTHONY ANEX)

Nach den Worten des Waadtländer Gesundheitsdirektors Pierre-Yves Maillard (SP) schlägt die Initiative im Gegensatz zu der 2004 vom Volk verworfenen Einheitskasse ein kantonales System vor. Es stehe den Kantonen auch frei, am bisherigen Modell festzuhalten.

Lanciert wird die Volksinitiative "Krankenversicherung. Für die Organisationsfreiheit der Kantone" am kommenden 3. Oktober mit der Publikation im Bundesblatt. Gemäss dem Initiativtext sollen die Kantone eine kantonale oder interkantonale Einrichtung nach dem Modell einer Ausgleichskasse schaffen, die im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung die Prämien festlegt und erhebt, die Kosten finanziert und sich an der Finanzierung von Präventions- und Gesundheitsförderungsprogrammen beteiligt.

Die kantonale Einrichtung soll für alle Versicherten der betroffenen Region eine einzige Prämie anbieten, je nach Versicherungsmodell und Franchise. Sie setze damit der sogenannten "Jagd auf gute Risiken" ein Ende. Die Versicherer sollen weiterhin die administrative Arbeit erledigen und dafür entschädigt werden. Die Prämienerhöhungen sollen sich künftig für alle Versicherten genau nach der Entwicklung der Gesundheitskosten richten.

Bewegung schwappt auf Deutschschweiz über

"Das ist der Beginn einer Bewegung", sagte Maillard. Was in der Romandie begonnen habe, schwappe immer mehr auch auf die Deutschschweiz über. Im Initiativkomitee finden sich nationale Parlaments- und Regierungsmitglieder von Linken und Grünen sowie kantonale Parlamentsmitglieder von FDP und CVP. Dazu kommen auch Ärzte, Westschweizer Konsumentenschutzverbände und mit Jean-Paul Diserens auch der Gründer der Assura-Versicherung.

Der Genfer Regierungsrat Mauro Poggia vom Mouvement Citoyens Genevois (MCG), wies darauf hin, dass sie seit Monaten daran seien, einen Konsens zu finden und die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. "Und wer zufrieden ist mit dem heutigen System, der muss auch nicht mitmachen", sagte er.

Konkrete Einsparungen kaum bezifferbar

Wie sich das vorgeschlagene System konkret auf die Kostenentwicklung und damit die Prämien auswirken wird, lässt sich nach den Worten von Maillard nicht genau abschätzen. Heute konstituiert jeder Versicherer Reserven, die etwa 20 Prozent seiner jährlichen Ausgaben decken müssen. Die neue Einrichtung wird weniger als zehn Prozent Reserven ihrer jährlichen Ausgaben halten dürfen.

Während der ersten Jahre des Betriebs erlauben diese überschüssigen Reserven einen Prämien- und Kostenanstieg zu verhindern. Wenn die überzähligen Reserven einmal aufgebraucht sind, werden die Prämien in genau demselben Masse ansteigen wie die Gesundheitskosten.

Wegfallen werden auch die jährlichen Kassenwechsel, weil allen Versicherten eine identische Prämie entsprechend dem gewählten Versicherungsmodell und der Selbstbeteiligung geboten wird, wie Poggia sagte.

Heute wechseln jedes Jahr 500'000 bis eine Million Versicherte die Kasse. Pro Versicherten entstehen dadurch administrative Kosten von über 200 Franken, wie die St. Galler SP-Regierungsrätin Heidi Hanselmann sagte.

Der heutige "Pseudowettbewerb" verursache ungesunde Kosten. "Wie wollen sie einem Laien erklären, dass die Bandbreite der Prämienerhöhung zwischen 1,2 und 13 Prozent beträgt?", fragte sie.

Krankenversicherungen: Zwängerei

Der Krankenkassenverband santésuisse hat die Initiative als "untaugliche Zwängerei" abgetan. Anstatt die Kosten zu senken, verstärkten verstaatlichte, sogenannte kantonale Kompensationskassen einzig die heutigen Interessenkonflikte in den Kantonen und vergrösserten damit die Fehlanreize.

Curafutura, ein Zusammenschluss von CSS, Helsana, Sanitas und KPT sieht im Begehren "alten Wein in neuen Schläuchen". Auch mit der neuen Initiative werde das Gesundheitswesen nicht besser. Im Gegenteil. Ein System mit bis zu 26 kantonalen Einheitskassen werde zu Insellösungen führen. Das bringe das Schweizer Gesundheitswesen mit Sicherheit nicht weiter, sondern mache es nur noch komplizierter. (sda)

 

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