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Liechtensteiner Grossparteien wanken

Sofern sie zusammenstehen, bestimmen die beiden Liechtensteiner Grossparteien die Politik immer noch nach Belieben. Aber es wird bedrohlich enger: Die Bürgerpartei und die Union haben stark an Wähleranteilen verloren und sind ins Wanken geraten.
Das Liechtensteiner Parlamentsgebäude mit dem markanten Giebeldach: Der Einfluss der zwei grossen Volksparteien ist geringer geworden.
Das Liechtensteiner Parlamentsgebäude mit dem markanten Giebeldach: Der Einfluss der zwei grossen Volksparteien ist geringer geworden. (Bild: KEYSTONE/EDDY RISCH)

Die Fortschrittliche Bürgerpartei (FBP) von Regierungschef Adrian Hasler musste diesen Frühling einen gewichtigen Abgang verkraften. Johannes Kaiser, bestgewählter Parlamentarier seines Wahlkreises bei den Wahlen 2017, verliess im März die Bürgerpartei und politisiert seither im Landtag "parteifrei".

Der Parteiaustritt des früheren FBP-Vizepräsidenten löste in Vaduz ein mittleres innenpolitisches Beben aus. Offenbar wurde dabei, dass der langjährige Parlamentarier und Regierungschef Hasler nicht miteinander klar kommen.

Kaiser sitzt seit 2001 im 25-köpfigen Parlament und bekleidete zwischendurch mehrere Jahre das Amt des Fraktionssprechers. Er ging im Jubiläumsjahr des 100-jährigen Bestehens der Bürgerpartei. Es war das zweite Mal in der jüngeren Geschichte der Liechtensteiner Parteien, dass ein prominentes Mitglied adieu sagt.

Auf Anhieb 15 Wählerprozente

Vor sieben Jahren spielte sich das Austrittsszenario bei der anderen Volkspartei ab, der Vaterländischen Union (VU). Harry Quaderer ging und gründete die politische Gruppierung Die Unabhängigen (DU). DU holte bei den Wahlen 2013 auf Anhieb über 15 Prozente der Wählerstimmen und vier Parlamentssitze, 2017 über 18 Prozente und fünf Sitze. Die Liechtensteiner Politik ist bunter geworden.

Tatsächlich herrschte parteipolitisch jahrzehntelang bleierne Monotonie. Denn neben der Bürgerpartei war das Jahr 1918 ebenfalls für die Vaterländische Union das Geburtsjahr. Die Wurzeln der Partei gehen zurück auf die Christlich-Soziale Volkspartei.

Dominiert nach Belieben

Bürgerpartei und Union, beide bürgerlich orientiert, dominierten nach Belieben und bildeten jeweils die Regierungskoalitionen. Die wählerstärkere Partei stellte den Regierungschef und zwei Regierungsmitglieder, die schwächere den stellenvertretenden Regierungschef und ein Regierungsmitglied. Erst 1993 zog die grün-alternative Freie Liste (FL) in den Landtag ein.

Inzwischen nimmt sich Mehrheit der Regierungsparteien im Parlament nicht mehr so komfortabel aus wie zu jenen Zeiten, als entweder die FBP oder die VU sogar alleine schalten und walten konnten. Je acht Sitze besetzen die Bürgerpartei und die Union. Und die Kleinen legten zu. DU ist bei fünf Mandaten angelangt, die FL bei drei.

Kommt Regierungskoalition auf den Prüfstand?

Geht bei den nächsten Wahlen die Talfahrt der Grossen weiter, könnte die Regierungskoalition auf den Prüfstand landen. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Die Bürgerpartei verlor seit der Jahrtausendwende fast 15 Prozentpunkte an Wählerstimmen, die Union fast 8 Prozentpunkte.

Haben die Grossen abgewirtschaftet? Günther Fritz, Präsident der Vaterländischen Union, spricht von einer Bewährungsprobe. Die beiden Parteien würden sich einerseits zur Regierungskoalition bekennen, stünden aber andererseits im politischen Wettbewerb miteinander. Die öffentlich ausgetragenen Konflikte und die Sparanstrengungen der letzten Jahre auf Kosten des Mittelstandes hätten der Bevölkerung das Gefühl gegeben, dass nichts mehr richtig vorwärts gehe.

Thomas Banzer, Präsident der Fortschrittlichen Bürgerpartei, sieht die Grossen nicht weiter auf abschüssigem Terrain. Die Bürgerpartei verfüge über eine starke und stabile Wählerbasis. Zudem sei in den letzten Jahren zu beobachten gewesen, dass vor allem immer jüngere Wählerinnen und Wähler den traditionellen Volksparteien ihr Vertrauen schenkten.

"Viele wünschen, dass ich erneut kandidiere"

FBP-Dissident Johannes Kaiser sieht das anders. Die Grossparteien würden weiterhin das eine oder andere Mandat an kleinere, vielleicht künftig auch an weitere neue Wählergruppen abgeben müssen. Ihre inhaltliche Ausrichtung sei von der Substanz her immer verschwommener.

Kaiser selber lässt hinsichtlich seiner weiteren politischen Karriere noch nicht in die Karten blicken. Kandidiert er wieder bei den Wahlen? In einer neuen Partei? In einer bestehenden, aber nicht der FBP? Alles sei offen, antwortet er und fügt an: "Viele wünschen sich von mir, dass ich an den Landtagswahlen 2021 erneut kandidiere." (sda)

 

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