Steuersünder schlagen zurück
VON PATRICK STAHL
Vaduz. – Am Landgericht in Vaduz wird seit gestern die Schadenersatzklage einer deutschen Steuersünderin gegen die mittlerweile verkaufte und in Fiduco umbenannte Treuhandfirma verhandelt. Eine Frau aus Köln fordert Schadenersatz in Höhe von rund 395 000 Euro. Sie argumentiere, dass sie eine Geldstrafe in eben dieser Höhe an den deutschen Fiskus zu entrichten hatte, weil die LGT sie zu spät über den Datenklau informiert habe, erklärte ihr Anwalt Helmut Schwärzler am Rande der Verhandlung.
Kaution hinterlegt
Der Anwalt der früheren Stiftungskundin erklärte sich gestern dazu bereit, eine Kaution von 95 000 Franken innerhalb von vier Wochen beim Gericht zu hinterlegen. Diese Sicherheit muss die Klägerin leisten, damit die anfallenden Prozesskosten notfalls eingetrieben werden können.
Erst nach Eingang dieser Zahlung kann die Klage inhaltlich verhandelt werden. Rechtsanwalt Schwärzler geht davon aus, dass die Beweisaufnahme und die Einvernahme von Zeugen etwa zwei Verhandlungstage in Anspruch nehmen werden. Einen Termin für den ersten Verhandlungstag hat das Gericht noch nicht anberaumt. Schwärzler hat unter anderem LGT-Chef Prinz Max von Liechtenstein und LGT-Geschäftsleitungsmitglied Thomas Piske als Zeugen angefordert. Über die Anhörung von Zeugen hat das Gericht zu entscheiden.
Weitere Klage folgt nächste Woche
Schwärzler kündigte am Rande der Verhandlung zudem an, dass die nächste Klage wegen des Datenklaus bei der LGT Treuhand schon kommende Woche eingereicht werden soll. In diesem Fall liege der eingeforderte Schadenersatz bei rund 1,2 Millionen Euro. Details zu diesem Fall nannte er nicht. Weitere Klagen seien jedoch in der Vermittlung, sagte Schwärzler. Er hat sich mit dem früheren liechtensteinischen Justizminister Heinz Frommelt und weiteren Anwälten zusammengetan, um das Interesse an Klagen zu bündeln. Die Anwaltsallianz prüft nach eigenen Angaben aktuell rund 20 bis 30 Fälle.
Sünder wittern Morgenluft
Die aufgeflogenen Steuersünder haben nach dem erstinstanzlichen Urteil im Musterprozess Morgenluft gewittert. Das Landgericht in Vaduz hatte bereits Anfang Januar dem deutschen Immobilienhändler Elmar S. einen Schadenersatz in Höhe von
7,3 Millionen Euro zugesprochen. Rechtlich ähnliche Situation
Die LGT Treuhand habe den Kläger «pflichtwidrig zu spät vom Datendiebstahl informiert und ihm damit eine strafbefreiende Selbstanzeige verunmöglicht», urteilte das Gericht.
Elmar S. wäre bei einer rechtzeitigen Selbstanzeige die Bewährungsauflage, die ihm ein deutsches Gericht anstelle einer Freiheitsstrafe aufgebrummt hatte, erspart geblieben. Der Steuersünder hatte insgesamt rund 20 Millionen Euro an Nachsteuern und Geldstrafen sowie Anwaltskosten bezahlt. Die beiden Parteien haben angekündigt, das Urteil am Obergericht anzufechten.
Rechtlich ähnlich gelagerter Fall
In rechtlicher Hinsicht ist der Fall der Kölner Frau ähnlich gelagert wie bei Elmar S. Der Rechtsvertreter der Klägerin argumentiert, dass die LGT unmittelbar nach dem Auffliegen des Datenklaus bei der Treuhandtochter seine Mandantin hätte darüber informieren sollen. Dann hätte sie rechtzeitig Selbstanzeige erstatten können und wäre wesentlich günstiger davongekommen. Der frühere LGT-Angestellte Heinrich Kieber hatte die Daten von Stiftungskunden der Treuhandtochter im Jahr 2002 gestohlen. Die LGT beruft sich bisher darauf, dass der Datendieb das Material 2003 in einem Strafverfahren vermeintlich vollständig zurückgegeben habe. Die Bank betrachtete nach eigenen Angaben den Fall damit als abgeschlossen.
Schlagwörter
-
Bankgeheimnis