Heisses Lebenswerk eines Tüftlers
Von Valeska Beck
Vaduz. – Das grosse Porträt in der Hoval-Kantine erinnert noch heute daran, wem das Unternehmen seinen Aufstieg hauptsächlich zu verdanken hat: Gustav Ospelt. «Er war ein Vollbluttechniker, der immer alles verbessern wollte», sagt Peter Frick, ehemaliger Hoval-Geschäftsführer und heute Verwaltungsratspräsident.
Frick blättert in der Autobiografie «Gustav Ospelt – 80 erfüllte Jahre». Im Buch ist die kleine Dorfschlosserei beschrieben, die Gustav Ospelts Vater in der Vaduzer Herrengasse führte. «Schon als Schulbub ging ich immer wieder dorthin, um meinem Vater und den Gesellen bei der Arbeit zuzusehen. (...) Was ich werden wollte und sollte, das war selbstverständlich Schlossermeister», schreibt der im Jahr 1989 verstorbene Hoval-Gründer.
Nicht genug fürs Frühstück
Im Jahr 1924 schliesst Ospelt seine Schlosserlehre im väterlichen Betrieb ab. Nach einem Abstecher in die kunstgewerblichen Abteilung der Zürcher Gewerbeschule holt ihn sein Vater zurück nach Vaduz, anfangs der 1930er-Jahre übernimmt er die Führung des Geschäfts. Als Firmenchef wird ihm schnell klar, dass er mit der Schlosserei auf keinen grünen Zweig kommt. «Ich konnte mir nicht einmal das Frühstück verdienen, musste mein Geschäft deshalb umstellen», erinnert er sich in seinem Buch.
Im Jahr 1934 nutzt Ospelt die Gunst der Stunde. Er präsentiert sein Unternehmen an der Liechtensteinischen Landesausstellung auf dem Platz vor dem Vaduzer Rathaus mit einem schmiedeeisernen Friedhofstor – in der gedeckten Hauptzelthalle zeigt er aber etwas Neues: Eine Waschmaschine und eine Zentralheizung mit Ölfeuerung. Die Besucher beissen an. «Viele dachten sich: Wenn der Gustav so schöne Kunstschmiedearbeiten schaffen kann, wird er sicher auch gute Heizungen machen», so Ospelt.
Seitdem lässt ihn die Idee, Heizungen zu entwickeln und zu bauen, nicht mehr los. Im selbem Jahr noch erhält er von der liechtensteinischen Regierung die Konzession für die Errichtung von Heizungsanlagen. Zwei Jahre darauf gründet er die «Gustav Ospelt Apparatebau Aktiengesellschaft Vaduz». Der Unternehmer richtet daraufhin seinen Betrieb immer mehr auf die Montage von Zentralheizungen aus. Einfach hat er es dabei nicht: Die 1930er-Jahre sind geprägt von Weltwirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit. Wo immer es Arbeit gegeben habe, habe er sich darum bemüht, schreibt Ospelt. Zudem habe er in diesen schwierigen Jahren «viel gepröbelt»: An einer Furnierpresse, an Expansionsgefässen, an Obstdörranlagen – sogar ein «Sägemehl-Öfele» habe er gebaut.
Der Herd, der auch heizen kann
Zum unternehmerischen Schlüsselerlebnis wird für Ospelt der Besuch der Leipziger Messe in Deutschland. Dort entdeckt er einen Herd mit einem eingebauten Heizkessel, an den man vier bis fünf Radiatoren und einen Boiler anhängen und gleichzeitig kochen kann. «Eine interessante, aber noch primitive Angelegenheit», erinnert sich Ospelt, «mir war aber sofort klar, dass man die Sache besser und gescheiter machen kann.»
Ospelt fängt Feuer und will den Leipziger Herd nach seinen eigenen Vorstellungen weiterentwickeln. Zusammen mit seinen Arbeitern macht er sich an ans Werk, baut Versuchsmodelle in seiner zum Entwicklungslabor und Prüfstand umfunktionierten Waschküche. Ein paar Jahre später präsentiert Ospelt seinen ersten eigenen Zentralheizungskochherd – «die erste grosse Innovation in unserer Firmengeschichte», sagt VR-Präsident Frick. «Der Herd war ein Alleskönner: Man konnte darauf kochen, das Haus heizen und zusätzlich über den angehängten Boiler warmes Wasser gewinnen.»
Die Geburt der «Rakete»
In den Jahren des Zweiten Weltkriegs sucht Ospelt nach einem neuen Namen für die Produkte seines Betriebs. Im Jahr 1945 lässt er die Marke
«Hoval» – das steht für «Heizapparatebau Ospelt Vaduz Liechtenstein» – beim Fürstlich-Liechtensteinischen Amt für Geistiges Eigentum eintragen. «Der Name ist vortrefflich geraten; er klingt gut und ist in verschiedenen Sprachen gut aussprechbar», schreibt Ospelt in seinem Buch.
Im selben Jahr schafft er in seiner Firma eine eigene Abteilung für die Herdfabrikation, bereits vier Jahre später werden die Herde in Serie produziert. Doch Ospelt wird bald klar, dass er nach der Erfindung seines Herds noch einen Schritt weitergehen muss. Viele Menschen wollen nach Kriegsende nicht mehr in der Küche mit Holz heizen – der Heizkessel muss also in den Keller, erkennt Ospelt. Er widmet daraufhin seine ganze Energie der Entwicklung eines Zentralheizungskessels – «meine beste Idee und Kreation», wie er schreibt. Der erste Kessel, der serienmässig hergestellt wird, heisst «Hovaltherm», damals wegen seiner länglichen Form auch «Rakete» genannt. Es ist der erste Heizkessel mit eingebautem Warmwasserspeicher und revolutioniert bald den europäischen Heizkesselmarkt.
Dank der guten Verkaufszahlen in Liechtenstein, der Schweiz, Österreich und Deutschland kann es sich Ospelt im Jahr 1957 leisten, in Vaduz eine neue Fabrik bauen: das Werk Neugut, bis heute Hauptsitz von Hoval – «auf dem gleichen Grundstück, auf dem Gustav Ospelt als Kind seines Vaters Kühe hütete», wie es in der Biografie heisst. Was folgt, ist eine rasante Erfolgsgeschichte: Im Jahr 1960 verliess der 10 000. Kessel die Hoval-Fabrik in Vaduz, zehn Jahre später sind es schon 100 000 Kessel. In den Jahren darauf entwickelt Hoval verschiedene Generationen von Heizkesseln, die mit flüssigen, gasförmigen und festen Brennstoffen funktionieren.
Umbruch in den 1980ern
Einen grossen Umbruch erlebt das Unternehmen Ende der 1980er-Jahre, als der Klimawandel immer stärker ins Bewusstsein der Menschen rückt.
«Das hat auch den ganzen Heizungsmarkt umgestellt», sagt Verwaltungsratspräsident Frick. Heute arbeitet Hoval im Bereich Heiztechnik vor allem mit alternativen und erneuerbaren Energien. Das Unternehmen ist weltweit an 14 eigenen Standorten vertreten, beschäftigt 1200 Mitarbeiter und macht jährlich 335 Millionen Franken Umsatz.
In der Serie «Auf der Spuren der Grossen» gibt «Wirtschaft regional» einen Einblick in die Geschichte von Grossunternehmen, die die Region bis heute prägen.
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Peter Frick