Flucht in die Liquidation
VON PATRICK STAHL
Vaduz. – Die Affäre um die krisengeschüttelte und mittlerweile verstaatlichte Hypo Group Alpe Adria zieht Kreise bis nach Liechtenstein. Nach Österreich, Deutschland und Kroatien nehmen nun auch die Ermittler in Vaduz die Geschäfte im Umfeld der Hypo-Gruppe unter die Lupe.
Der leitende Staatsanwalt Robert Wallner bestätigte gestern, dass das fürstliche Landgericht in Vaduz bereits seit Sommer 2008 Vorerhebungen gegen insgesamt zwölf Verdächtige sowie weitere unbekannte Täter führt. Gegen die Betroffenen werde zum Teil wegen Verdachts des gewerbsmässigen schweren Betrugs und zum Teil wegen Geldwäsche und der Verletzung von Sorgfaltspflichten ermittelt, teilte Wallner auf Anfrage mit.
Handel mit Spam-Aktien
Die Ermittlungen stehen in Zusammenhang mit illegalem Aktienhandel der Tochterbank in Liechtenstein. Die damalige Hypo Alpe-Adria-Bank Liechtenstein war in den Handel mit Spam-Aktien verwickelt. Dabei wird durch den massenhaften Versand von E-Mails eine Aktie mit tiefem Preis angepriesen. um den Kurs in die Höhe zu treiben. Angeregt durch die Werbung lassen sich Investoren zum Kauf verleiten und steigern damit den Börsenkurs der Aktie. Die Versender der Werbung verkaufen ihre Aktien dann mit Gewinn, während die verbliebenen Aktionäre auf nahezu wertlosen Papieren sitzen bleiben.
Das österreichische Nachrichtenmagazin «Profil» zitierte im Sommer 2008 aus einem Bericht der Finanzaufsicht der kanadischen Provinz British Columbia (BCSC). Demnach vertrieb die Hypo Alpe-Adria-Bank Liechtenstein zwischen November 2006 und August 2007 rund 40 Millionen an Spam-Aktien. Die Abwicklung der Geschäfte erfolgt über Konten der Hypo Alpe-Adria-Bank bei insgesamt elf kanadischen Banken.
Suspendiert «für alle Zeiten»
Die Finanzaufsicht von British Columbia suspendierte die Liechtensteiner Bank bereits im August 2007 vorübergehend vom Handel, um den Auftraggebern der Geschäfte auf die Spur zu kommen. Die Bank zeigte sich auf Nachfragen der Behörden allerdings wenig kooperativ und verweigerte die Auskunft mit Verweis auf das strikte Bankgeheimnis in Liechtenstein, wie das österreichische Magazin «Profil» berichtete.
In der Folge schloss die kanadische Finanzaufsicht die Hypo Alpe-Adria-Bank im Mai 2008 «für alle Zeiten» vom Wertpapier- und Devisengeschäft in British Columbia aus – ein vermutlich einmaliges Vorgehen in der Geschichte der internationalen Finanzaufsicht.
FMA deckt Mängel auf
Die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht (FMA) teilte gestern mit, dass sie aufgrund von Amtshilfeersuchen im Frühjahr 2008 eine Strafanzeige wegen Marktmanipulationen einreichte. Als sich die Verdachtsmomente wegen Handels von Penny-Stock-Aktien verdichteten, ordnete die FMA im Herbst 2008 eine aufsichtsrechtliche Untersuchung an. Die Ergebnisse dieser Prüfung hätten sowohl Mängel nach dem Bankengesetz als auch im Bereich der Sorgfaltspflichtvorschriften aufgedeckt, heisst es in der Mitteilung.
Daher erstattete die FMA im Frühjahr 2009 eine weitere Strafanzeige gegen Beteiligte. Zum Schutz des Finanzplatzes Liechtenstein habe die FMA ausserdem die Verantwortlichen der Bank aufgefordert, «tiefgreifende Massnahmen» zu ergreifen, um die illegalen Aktivitäten zu stoppen, sagte FMA-Sprecher Beat Krieger. Die Bank beschloss daraufhin im April 2009 ihre Geschäftstätigkeit in Liechtenstein aufzugeben und freiwillig in Liquidation zu treten. Nach Ansicht von Beobachtern kam sie damit einer drohenden Zwangsliquidation durch die FMA zuvor.
Ermittlungen laufen noch
Laut Wallner ist das strafrechtliche Vorverfahren gegen die Verdächtigen noch nicht abgeschlossen. Weitere Details wollte der leitende Staatsanwalt deshalb nicht bekanntgeben. Die Staatsanwaltschaft werde nach Abschluss der Vorerhebungen entscheiden, ob sie Anklage erheben oder das Verfahren einstellen werde, sagte er.
Die Verantwortlichen der Bank drohen nun von der Vergangenheit eingeholt zu werden. Das Management der Hypo-Gruppe hatte im Dezember 2007 die Mehrheit an der Hypo Alpe Liechtenstein an eine nicht genannte Investorengruppe um Prinz Michael von und zu Liechtenstein verkauft.
32 Stellen gehen verloren
Der Verwaltungsrat der Bank wird von Graf Francis von Seilern-Aspant präsidiert. Der Graf ist Mitglied der Geschäftsleitung des Industrie- und Finanzkontors in Vaduz. Hauptaktionär der Gesellschaft ist wiederum Prinz Michael von Liechtenstein, ein Cousin von Fürst Hans-Adam II. Die Hypo-Gruppe ist noch mit 49 Prozent an der Bank beteiligt. Ein externer Liquidator ist nun mit der Abwicklung der Bank beschäftigt. Bis Ende dieses Jahres will die Bank ihre Tätigkeit in Liechtenstein beenden. Durch den Abzug der Alpe Adria Privatbank gehen 32 Stellen verloren.
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S.D. Fürst Hans Adam II.