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Credit Suisse verliert die Reiselust ins CD-Land

In Deutschland schwindet die Lust auf gestohlene Bankdaten mutmasslicher Steuersünder. Unterdessen zeigen sich immer mehr Steuerhinterzieher selbst an. Derweil bangt die Schweizer Grossbank Credit Suisse um ihre Mitarbeiter.

VON WOLFGANG FREY

Hamburg/Stuttgart. – Das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» schrieb gestern von einem neuen «peinlichen Kapitel» eines an «Possen reiche Gerangels». Schon 2009 hatte ein Unbekannter dem Bundesland Baden-Württemberg eine CD mit gestohlenen Bankdaten aus dem Ausland angeboten. Angeblich befinden sich darauf Bankdaten von 1581 mutmasslichen deutschen Steuerhinterziehern. Angeblich stammen die Daten aus der Schweiz.

Erst hatte die christlich-liberale Regierungskoalition in Stuttgart wochenlang um das Für und Wider eines Kaufs gestritten, schliesslich hatte der kürzlich neu gewählte Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) erklärt, der Bund werde den Ankauf übernehmen, dieser hatte umgehend dementiert, aber laut «Spiegel» versucht, ein anderes Bundesland für den Ankauf zu gewinnen – Steuerfahndung ist in Deutschland Sache der Bundesländer. Nun hätten aber sowohl Nordrhein-Westfalen (NRW) als auch Bayern abgewunken, schreibt das Magazin. Was nun mit der CD passiert und dem laut «Stuttgarter Nachrichten» weiteren Dutzend inzwischen eingegangener Angebote, ist offen.

Mehr Einnahmen

Sicher ist, dass sich die öffentliche Debatte um gestohlene Datensammlungen aus dem Ausland für den deutschen Fiskus lohnt. Auch für den baden-württembergischen: Landesfinanzminister Willi Stächele (CDU) erklärte gestern in Stuttgart, seit dem 5. Februar hätten sich knapp 3000 Steuersünder im Bundesland angezeigt. Die geschätzte Höhe der nacherklärten Kapitalerträge liege nun insgesamt bei etwa 557 Millionen Euro.

Die öffentliche Debatte war Anfang Februar entbrannt, als deutsche Medien von den ersten Ankaufsplänen seit der Affäre um die gestohlenen Daten der Vaduzer LGT Treuhand berichtet hatten. NRW hatte die CD schliesslich für 2,5 Millionen Euro von einem Unbekannten gekauft. Seither registrieren die Finanzämter bundesweit rund 10 000 Selbstanzeigen von Steuerhinterziehern.
Die grosse Medienpräsenz der Debatte hat die Bereitschaft zu Selbstanzeigen offenbar ebenso angekurbelt wie die Aufweichung des Bankgeheimisses in Luxemburg und den Alpenländern sowie das neue Formular für die Einkommensteuererklärung 2009, in dem explizit nach Beziehugen zu Auslandsbanken gefragt wird.

Mehr Selbstanzeigen

Zum Vergleich: Während der Affäre um den deutschen Steuerhinterzieher und Ex-LGT-Treuhand-Kunden Klaus Zumwinkel, die im Februar vor zwei Jahren ausbrach, zeigten sich in Baden-Württemberg lediglich 121 Bürger selbst an – mit 3000 sind es nun 25-mal mehr.
Im Fokus der deutschen Fahnder und der Angstmache stehen derzeit offenbar vor allem Schweizer Banken und ihre deutsche Kundschaft. Das Magazin «Focus» hatte vor wenigen Wochen zwar auch von einer CD aus Liechtenstein berichtet, offenbar handelte es sich dabei aber um eine Ente oder eine gezielte Indiskretion mit dem Ziel, Panik unter Steuerhinterziehern zu verbreiten. Zumindest wurden keine weiteren Details bekannt.

Mehr Reiseverbote

In der Schweiz haben Deutsche Schätzungen zufolge Vermögen von rund 300 Milliarden Franken gebunkert. Davon sind laut in der Schweizer Presse zitierten Experten seit Jahresbeginn rund 60 Milliarden Franken abgezogen worden. Die von NRW gekaufte CD betrifft offenbar die Grossbank Credit Suisse.

Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche nach Auswertung des Datenträgers 1100 Ermittlungsverfahren gegen Kunden und Mitarbeiter der Bank eingeleitet. Das Anlagevermögen der mutmasslichen Steuerhinterzieher soll sich auf 1,2 Milliarden Euro summieren.

Deutsche Steuerexperten berichten vermehrt, dass sich die Fahnder auch die Kundenberater respektive weitere Helfer der Steuerflüchtlinge vornehmen. Dazu passt, dass die Credit Suisse Reisen ihrer Mitarbeiter nach Deutschland nur noch in Einzelfällen erlaubt, wie ein Sprecher der Bank gestern Berichte der Zeitungen «Sonntag» und «SonntagsZeitung» bestätigte.

Mehr Ermittlungen

Der ehemalige deutsche Finanzminister Hans Eichel verlangte unterdessen im «SonntagsBlick», die Behörden sollten auch gegen die Bank selbst vorgehen. Sollte sich herausstellen, dass Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein Geschäftsmodell der Bank sei, müsse ihr die Lizenz in Deutschland entzogen werden. Ähnlichen Drohungen sah sich die Schweizer UBS in den USA ausgesetzt, als ihre fragwürdigen Praktiken des gezielten Werbens um Steuerhinterzieher vor zwei Jahren publik wurden.

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