«Wahrscheinlich frei erfunden»
Von Günther Fritz
Vaduz. – Am vergangenen Donnerstag hat sich der meistgesuchte Kriminelle Liechtensteins, der von ausländischen Geheimdiensten geschützt wird, in einem neunseitigen «Stern»-Interview zu Wort gemeldet. Darin sagt Heinrich Kieber zu seinem Motiv für den Datenklau, es sei ihm dabei nie um Geld, sondern nur um Gerechtigkeit gegangen. Unrecht habe ihm vor allem Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein zugefügt.
«Es überrascht mich nicht»
Zum plötzlichen Auftauchen von Datendieb Heinrich Kieber aus dem Off in einem «Stern»-Interview sagt Fürst Hans-Adam II. auf Anfrage des «Liechtensteiner Vaterlands»: «Es überrascht mich nicht.» Ausserdem führt der Landesfürst dazu aus: «Was den Stern betrifft, so ist es nicht das erste Mal, dass er auf Gauner und Fantasten hereingefallen ist und für teures Geld ihre Stories gekauft hat. Irgendwo passen der Stern und Herr Kieber gut zusammen.» Der «Stern» dementiert, dass Kieber Geld für das Interview erhalten habe. Interviewer Oliver Schröm sagt dazu auf Anfrage des «Vaterlands»: «Wir haben nichts bezahlt. Von Geld war nie die Rede».
Nie konkreten Hinweis geliefert
Er sei 1997 von ehemaligen Geschäftspartnern nach Argentinien gelockt, dort gefangen genommen und gefoltert worden, führt Kieber im «Stern»-Gespräch aus. Er habe jahrelang Unterstützung in Liechtenstein gesucht, um diesen Fall vor Gericht zu bekommen. Die 2002 gestohlenen Kontodaten wollte er benutzen, um einen Prozess zu erzwingen. In einem 38-seitigen Brief an den Landesfürsten habe er 2003 gedroht, das explosive Material andernfalls Steuerfahndern in Deutschland oder den USA zu übergeben. Heinrich Kieber wirft dem Liechtensteiner Staatsoberhaupt vor, «er und sein ganzer Apparat, die Regierung, die Justiz» hätten ihn von 1997 bis 2005 jedoch «verarscht». Ihm sei sein Recht, seine Folterer auf die Klagebank zu bringen, verweigert worden.
«Herr Kieber ist aufgrund seiner unglücklichen Kindheit ein sehr labiler Mensch, dem es offensichtlich schwer fällt, Fantasie und Wirklichkeit auseinanderzuhalten», erklärt Fürst Hans-Adam II. zu dieser Darstellung Kiebers. So sei die Geschichte über die Entführung und Folterung in Argentinien «wahrscheinlich frei erfunden». Dazu hält das Liechtensteiner Staatsoberhaupt fest: «Jedenfalls konnte Herr Kieber nie einen konkreten Hinweis liefern, der einer Überprüfung standhielt.»
«Wie seriös arbeitet der BND?»
Heinrich Kieber habe darauf bestanden, dass nicht erwähnt wird, auf welche Weise das Interview stattgefunden hat, schreibt der «Stern». Kieber, der für seine bei der fürstlichen LGT Treuhand geklauten Kundendaten vom deutschen Geheimdienst BND fünf Millionen Euro kassiert hat, sagt im «Stern»: «Wenn die Kugel kommt, kommt sie von Hans-Adam. Das ist so! Dagegen wird man geschult, vom BND übrigens.» Der Fürst sei mit Angeboten «von Profis, Halbprofis und Möchtegernfirmen» überschwemmt worden, «ihm meinen Kopf, meine Leiche zu bringen, wenn die Kasse stimmt», behauptet Kieber im «Stern»-Interview weiter. Dazu erklärt Fürst Hans-Adam II.: «Auch diese Behauptung von Herrn Kieber gehört in das Reich der Fantasie. Sollte diese Information tatsächlich vom BND stammen, stellt sich natürlich die Frage: wie seriös arbeitet der BND?»
Und am Sonntag das Buch
Laut «Stern» möchte Heinrich Kieber kommende Woche erneut für Schlagzeilen in den internationalen Medien sorgen. So will der Liechtensteiner Datendieb am Sonntag ein 600-seitiges Buch ins Internet stellen, in welchem er – gestützt auf «tonnenweise erdrückendes Material, Unterlagen des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft» – darstellen werde, welches Unrecht ihm in Liechtenstein widerfahren sei. «Jeder, der will, findet es ab Sonntag kostenlos im Internet, man muss nur nach meinem Namen und dem Titel googeln», sagt Kieber im «Stern». Der Titel soll lauten: «Der Fürst. Der Dieb. Die Daten.»
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S.D. Fürst Hans Adam II.
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