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Pancakes anstatt Birnenbrot

Mit 20 Jahren wollte Beatrix Zivitski-Marxer die grosse weite Welt erkunden. Aus einem Sprachaufenthalt wurden schliesslich fast 50 Jahre und die 70-jährige Maurerin lebt noch heute in Essex, Amerika.

Connecticut/Mauren. – Die zwei Schwestern Beatrix und Irlanda sitzen gemütlich am Frühstückstisch im Hause Hasler in Gamprin. Sie plaudern und albern – und nutzen dafür jede Minute. Denn in sechs Tagen geht es für Beatrix Zivitski-Marxer schon wieder heimwärts. Zwar ist sie in Mauren – auf Berg – aufgewachsen, wanderte aber vor 49 Jahren in den amerikanischen Bundesstaat Connecticut aus. Mittlerweile fühlt sie sich als richtige Amerikanerin – obwohl sie ihre eigentliche Heimat Liechtenstein nie vergessen könnte. «Wenn ich hier bin, geniesse ich die Natur und die Berge», sagt sie. «Und natürlich meine Schwester», fügt sie schnell hinzu, nachdem diese ihr einen weniger freundlichen Blick zugeworfen hat. Die Schwestern lachen. Ob sie sich vorstellen kann, wieder in Liechtenstein zu leben, darauf sagt Beatrix sehr schnell und bestimmt: «Nein. So sehr ich die Zeit hier geniesse, aber mit Amerika bin ich einfach zu stark verwurzelt.»

Mit Absicht ausgewandert?

Beatrix Zivitski-Marxer war 20 Jahre alt, als sie beschloss, einen Sprachauftenthalt an der Ostküste in Amerika zu machen. Die junge Maurerin verschlug es in ein Dorf namens «Old lyme». Bei einer Familie schmiss sie den Haushalt und hütete die Kinder. Nach einem Jahr ging es wieder zurück nach Liechtenstein – aber nur für zwei Monate. «Ich hatte noch all meine Sachen in Amerika und musste wieder zurück», erzählt sie. «Quatsch», fällt ihr ihre Schwester Irlanda ins Wort. «Du hast deine Sachen extra nicht mitgenommen, weil du wieder nach Amerika wolltest!» Beatrix Zivitski-Marxer grinst.
Wie auch immer – die junge Auswanderin reiste zurück in das amerikanische Dorf zur gleichen Familie. Nach zwei Jahren nahm sie sich eine Wohnung und arbeitete im Service. Sie besuchte die Abendschule und lernte dort einen jungen, hübschen Mann kennen und lieben. Paul sollte ihr zukünftiger Mann heissen. Er war Amerikaner, wollte in der Sprachschule sein Englisch aber wieder aufbessern, nachdem er während des Vietnam-Kriegs längere Zeit in Japan stationiert war. Die beiden heirateten, bauten sich in Essex ein Haus und es folgten zwei Töchter.

«Pötschle» für die Enkel

Nur zehn Minuten von ihrem Haus entfernt ist das Meer. «Wunderschön», sagt Beatrix Zivitski-Marxer. Wobei sie sich anfangs ganz schön daran gewöhnen musste. Ebenso die Frühstücksgewohnheiten der Amerikaner waren der jungen Liechtensteinerin fremd: «Ich konnte es anfangs gar nicht begreifen, dass man Eier zum Frühstück essen kann», sagt sie. «Ich kannte von zu Hause doch nur Ribl und Brot.» Von Pancakes keine Spur! Aber Beatrix Zivitski-Marxer gewöhnte sich gerne daran. Dafür nahm sie ausserdem in Kauf, keine Schweizer Schokolade mehr schlemmen zu können. «Und auch der leckere Käse fehlte mir.» Deswegen aber wieder zurück nach Liechtenstein zu kommen, daran wollte sie nicht denken. Im Gegenteil, schnell baute sie sich einen grossen Freundeskreis auf. «Mit ein paar Frauen treffe ich mich noch heute alle zwei Wochen zu einem Spiele­nachmittag», erzählt sie. «Dabei wird alles lang und breit diskutiert – eine richtige Weiberrunde!»
Wenn Beatrix Zivitski-Marxer nicht gerade Spiele spielt oder jasst, dann verbringt sie ihre Zeit mit Stricken. «Ich mache oft Decken für die Kinder meiner beiden Töchter», sagt sie. «Und
Pötschle», ergänzt ihre Schwester. Ausserdem liebt sie das Lesen – egal ob Bücher, Magazine oder Zeitschriften. «Ich lese alles, was mir in die Finger kommt», lacht sie. An den Wochenenden geht sie manchmal mit ihren Kolleginnen nach New York. Die Weltmetropole liegt nur zwei Autostunden von Connecticut entfernt. «Am Broadway schauen wir uns dann ein Theater oder Musical an.»

Käsknöpfle und Gulasch

Essex ist zwar nicht so gross wie New York, aber die Auswanderin liebt ihr Heimatdorf. «Es ist ein kleines Dorf, aber immer noch grösser als Mauren», lacht sie. Auch gibt es in dem Dorf alles, was die Einwohner brauchen: Einen Lebensmittelladen, Restaurants und eine Kirche. Ihre Schwester Irlanda sieht sie regelmässig – meist reist Beatrix Zivitski-Marxer einmal im Jahr nach Liechtenstein. Etwas vom Wichtigsten sind ihr dann die Besuche bei ihrer 97-jährigen Mutter sowie bei ihren insgesamt vier Geschwistern. Dieses Jahr ist sie für drei Wochen in ihre alte Heimat gekommen. «Die Zeit vergeht aber immer wie im Fluge». Kein Wunder: Ihre Tage sind meist von morgens bis abends total verplant. Neben Besuchen bei Verwandten und Bekannten stand heuer der Besuch auf dem Christkindlmarkt in Ulm auf dem Programm. Darauf freute sich die 70-Jährige besonders. Wenn sie ihre Heimreise antritt, gibt es aber bestimmt noch Dinge, die sie noch nicht gemacht hat. «Ich möchte beispielsweise unbedingt noch ein Gulasch bei Irlanda essen. Und Käsknöpfle wären auch noch lecker.» So weiss die Schwester, was sie in diesen Tagen zu kochen hat.
Mittlerweile ist Beatrix Zivitski-Marxer wieder gut in Amerika angekommen. Ein Birnenbrot vom Güg dürfte in ihrem Koffer auf keinen Fall fehlen. Denn noch heute isst die Auswandererin Birnenbrot um einiges lieber als die amerikanischen Pancakes. (bs)

 

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