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Hier kocht der Chef

Mit Liebe zum Detail, aber ohne das Gesamte aus den Augen zu verlieren. Dass sich Hubertus Real diese Arbeitsweise zu eigen gemacht hat, merkt man an seinen Kreationen als Sternekoch sowie am mondänen und dennoch gemütlichen Ambiente seines «Sonnenhofs».

«Kochen ist keine Hexerei», sagt Hubertus Real. Frische Produkte zusammenbringen und sie so einfach wie möglich zu kombinieren, das sei schon alles. Damit untertreibt der 16-Punkte-Gault-Millau-Koch allerdings gewaltig und sein charmantes Lächeln, das die Aussage begleitet, lässt darauf schliessen, dass ihm das bewusst ist. Kochen ist vor allem solides Handwerk, das gelernt sein will; gut kochen aber erfordert mehr als handwerkliche Fähigkeiten. Dazu gehören Kreativität und Vorstellungsvermögen und der Sinn, verschiedene Geschmacksrichtungen zu einem runden, neuen Geschmackserlebnis zusammenzuführen.
Von diesem besonderen Talent redet Hubertus Real nicht; dafür von seinem Interesse fürs Kochen, das ihn schon als kleinen Buben zum Vater in die Küche gelockt hat. «Sicher habe ich, wie die meisten Buben, ab und zu damit geliebäugelt, Pilot oder Astronaut zu werden, aber das waren meist kurze Phasen der Schwärmerei.» Sein wirklicher Berufswunsch stand fest, als er zehn war: Koch – und lernen wollte er im Badrutt’s Palace Hotel in St. Moritz. Die Küche des Hotels hatte auf ihn grossen Eindruck gemacht, als er einmal mit seinem Vater dort zu Besuch war.
Der Plan wurde in die Tat umgesetzt; drei Jahre liess sich Hubertus Real dort in der hohen Schule des Kochens unterweisen, zog nach seinem erfolgreichen Lehrabschluss weiter nach Gstaad, um in einem ebenso mondänen Hotel seine Kenntnisse zu vertiefen. Sein Talent und seine solide Ausbildung konnte der Jungkoch alsbald unter Beweis stellen: Er war kaum 20, als er bei der Berufsolympiade in Australien teilnahm und Gold nach Hause brachte. «Der Erwartungsdruck nach diesem Erfolg war sehr hoch», erinnert er sich, aber natürlich sind ihm auch alle Türen offengestanden. Der junge Koch-Champion aber wählte eine Sprachschule auf den Kanarischen Inseln, «um Spanisch  zu lernen.» Danach zog es ihn an den Ort seines bis zu diesem Zeitpunkt grössten Erfolgs, nach Australien.
Dort hat er nicht nur eine neue Kochphilosophie kennengelernt,  sondern eine für ihn neue Lebensphilosophie gleich dazu. «In Sydney habe ich erfahren, dass es mehr gibt, als den Beruf. Ich war sehr ehrgeizig, kochfanatisch könnte man fast sagen. Die Kollegen haben mir beigebracht leichter, lustiger zu leben.» Gelassen lehnt er sich in dem gemütlichen Sessel zurück. Die letzten Mittagsgäste sitzen noch beim Kaffee. Kalbssteak mit Pfifferling-Kefengemüse gabs, dazu ein Grapefruitrisotto und für Fischliebhaber Heilbutt mit Rahmspinat und Rösti. «Wir kochen bodenständig im Sonnenhof», erklärt der weit gereiste Cuisinier seinen Kochstil, «die Kreativität darf nicht überborden.» Die Speisekarte ist sympathisch überschaubar, vom Brot bis zu den Petite Fours zum Kaffee kommt alles aus der eigenen Küche. Und dabei muss Hubertus Real weitaus mehr managen, als diese Küche. Als er sich nach seinen Wanderjahren entschlossen hatte, nach Hause zurückzukehren, stand fest, dass er das elterliche Hotel übernehmen wird. Das Rüstzeug dazu holte er sich in der Hotelfachschule in Zürich. Direkt von der Schulbank, stieg er schliesslich 1993 in den Betrieb ein – eine Sieben-Tage- Arbeitswoche, ein 350-Tage-Arbeitsjahr. Die Australier haben offensichtlich ganze Arbeit geleistet an Hubertus Real; er wirkt trotz dieses enormen Pensums kein bisschen gestresst. «Je älter ich werde, desto gelassener werde ich», sagt der Vater zweier Kinder lachend. Und mittlerweile gönne er sich auch regelmässig einen freien Tag und hin und wieder sogar eine Woche Ferien.
Sein Beruf bringe durchaus auch Vorteile, wenn vormittags alles glattläuft, könne er den halben Nachmittag mit der Familie verbringen, denn abends wird er erst ab halb sieben wieder in der Küche gebraucht. Und wenns nicht glattläut? «Dann muss ich natürlich im Hotel nach dem Rechten sehen». Dort sei er sozusagen «Mädchen für alles». Keine Allüren, kein Dünkel: Mit seinen Mitarbeitern, sei es in der Küche, sei es im Hotel, verkehrt Hubertus Real auf Augenhöhe. Diese halten ihm dafür die Treue, «einige der Angestellten arbeiten schon seit 20 Jahren hier.» Ein eingespieltes Team, das im Sonnenhof am Werk ist. Man merkt das im Restaurant wie auch an der heimeligen Wohnzimmeratmosphäre des Hotels. «Uns kommt zugute, dass die Menschen wieder vermehrt das Individuelle suchen, das Authentische.» Und genau das weiss Hubertus Real zu bieten. Sein Erfolg als Koch wie als Hotelier beweisen das und bestätigen seine Eltern in ihrer Entscheidung, ihn «einfach machen zu lassen». «Noch immer hole ich mir gerne bei ihnen Rat; sie sind auch immer da, wenn Not am Mann ist, aber nie haben mir meine Eltern ungefragt dreingeredet», windet er Jutta und Emil Real ein Kränzchen. Hubertus Reals Sohn ist sechs, noch möchte er gerne Astronaut werden, aber wer weiss, in vier Jahren vielleicht …

 

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