Der Theatermacher
Von Shusha Maier
Im neuen Stück stirbt er in der dritten Szene. «Nicht, dass damit mein Auftritt schon zu Ende wäre», sagt Reinhard Walser lachend. «Ich soll als Toter noch drei Szenen lang herumliegen und mich möglichst wenig bewegen. Das ist wirklich schwierig.» Eine Sprechrolle mit viel Text würde den agilen Lehrer weit weniger herausfordern. Zumal Eloquenz ebenfalls zu seinen natürlichen Grundausstattungen zählt.
Die meisten kennen Reinhard Walser als Schauspieler und als Kopf des Theatervereins Karussell, mit dem er seit bald 10 Jahren Laientheater auf professionellem Niveau macht. Viele kennen Reinhard Walser darüber hinaus auch als Pädagogen. Er unterrichtet seit 36 Jahren an verschiedenen Schulen des Landes und tingelte von Ruggell über Vaduz und Triesen dann nach Eschen. Unterrichten, findet er, sei über die Jahre immer mühevoller geworden. Mittlerweile sei es so weit, dass er bereits im Halbjahresrhythmus seine Werteskala revidieren müsse. Das mache es ihm leicht, das Feld zu räumen und es Jüngeren zu überlassen. Ausserdem besteht keine Gefahr, dass Reinhard Walser, der Mühe der täglichen Arbeit enthoben, Langeweile leiden wird: In seiner geschmackvollen, grossen Wohnung zeugen diverse Requisiten von den vielen Interessen ihres Bewohners. Da lehnen ein halbes Dutzend Golfschläger an der Wand – er spielt seit gut zehn Jahren und schätzt vor allem die Verbindung von Sport und Geselligkeit am Golfen – Bilder, Plastiken und Objekte zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit den bildenden Künsten, stapelweise Bücher säumen die Tische des Literaturfreundes und ein grosses Poster zeigt Reinhard Walser als Koch «in action».
Die ältesten Kunstwerke in seinem Besitz sind von Herbert Fritsch: «Er war einer meiner Lehrer an der Pädagogischen Akademie.» Mit Werner Marxer, Urheber etlicher anderer Bilder an Reinhard Walsers Wänden, verbinden ihn die vielen gemeinsamen Jahre im Theater Karussell. Marxer gestaltet meist das Bühnenbild. Reinhard Walser besitzt nur Kunstwerke von Freunden und Bekannten und weiss zu jedem eine – meist amüsante – Geschichte zu erzählen. In einigen Bildungsurlauben hat er sich schliesslich selbst als bildender Künstler versucht: Zwei Steinskulpturen und eine grosse Plastik erinnern ihn daran.
Und dann ist ja schliesslich noch das Theater. Dazu ist Reinhard Walser vor 40 Jahren gekommen, als Statist der Operettenbühne Vaduz. Es hat ihn gleich hineingezogen in das Metier und es hat ihn seither nie mehr losgelassen. Anfangs wollte er zwar lieber hinter der Bühne wirken, ein Zufall bescherte ihm seine erste Hauptrolle und Reinhard Walser merkte, dass er sich auch auf der Bühne ausgesprochen wohlfühlt. Fühlte muss es zwar heissen, denn «heute spiele ich nicht mehr so gerne».
Das liegt weniger an einer spontan aufgetretenen Theatermüdigkeit, sondern daran, «dass ich mich voll auf die Organisation der Theaterproduktionen konzentrieren und den Schauspielern ein möglichst professionelles Umfeld bieten möchte». Dass diese Arbeit nur schwer mit Rollenstudium, Probendruck und Lampenfieber zu vereinbaren ist, ist klar. Zumal «Marketing und Sponsoring mit immer grösserem Aufwand betrieben werden muss». Der Verein werde zwar von der Kulturstiftung recht grosszügig bedacht, darüber hinaus Geld aufzutreiben, gestalte sich aber zunehmend schwieriger. Und das, obwohl die Produktionen des Theaters Karussell stets viel und begeistertes Publikum haben. «Wir schaffen es, jedesmal sechs- bis siebenhundert Zuschauer ins Theater zu holen», sagt Reinhard Walser mit berechtigtem Stolz.
Der Aufwand, der für so viel Erfolg nötig ist, ist allerdings beträchtlich: 35 bis 40 Proben, Bühnenbild, Maske und Kostüme von Vollprofis. Die Regie sowieso. Wer weiss, wie viel das kostet, weiss auch, dass Reinhard Walser das Theater nicht des Mammons wegen liebt. «Finanziell ist da nichts drin», versichert er; aber Begeisterung, Teamgeist, Spielfreude und nicht zu vergessen Akzeptanz und Erfolg sind schliesslich Werte, die dauerhafter sind als Geld und darüber hinaus auf jeder Seele Balsam.
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