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Am Puls der Wirtschaft

Ein Wirtschaftsanwalt, der denkt wie ein Unternehmer, der strategisch planen kann und dazu kreativ ist, wie ein Künstler ? das ist Karl Josef Hier. Für einen kurzen Abstecher kam er vor 23 Jahren nach Liechtenstein und blieb aus Überzeugung und Liebe zum Land.

Von Shusha Maier

Das Büro ist weder gross noch prunkvoll – Karl Josef Hier braucht keinen ausladenden Mahagonischreibtisch, um seine Wichtigkeit zu unterstreichen. Der Erfolg ist ihm Beweis genug: Als Wirtschaftsanwalt ist er einer der ganz Grossen. Von ihm heisst es, er könne weit über die Juristerei hinaus auch unternehmerisch und strategisch denken. Eine Gabe, mit der er sich in wenig mehr als 20 Jahren das Vertrauen und die Treue zahlreicher Firmenchefs erarbeitet hat. Sie lassen sich von ihm in allen wichtigen Unternehmensfragen, bis hin zur Nachlassregelung, beraten und gar nicht selten in persönlichen und privaten gleich dazu.
Weit hat er es gebracht, der 52-Jährige, der erzählt, im Ennstal, dort wo die Steiermark besonders rau und steinig ist, eine bescheidene, aber glückliche Kindheit verbracht zu haben. Es waren sein eigener Ehrgeiz und Antrieb, die ihn zuerst zu einem hervorragenden Schüler machten und später zu einem ebensolchen Studenten. Die Rechtswissenschaften waren allerdings nicht seine erste Wahl.

«Lieber wäre ich Filmregisseur geworden», gesteht er. Das Medium fasziniert ihn bis heute. Als Jugendlicher hat er sich sein Taschengeld als Filmvorführer verdient. «Alle grossen Filme der späten 60er und der 70er – ‹Papillon› etwa oder ‹Der letzte Tango von Paris› – habe ich mindestens 30-mal gesehen.» Langweilig wurde es Karl Josef Hier dabei nie. «Bei jedem Durchlauf habe ich mich auf andere Details konzentriert, habe einmal auf die Kameraführung, das nächste mal auf die Dialoge und ein weiteres Mal auf die Architektur geachtet.»  Allerdings war das vereinte Europa damals noch nicht so weit gediehen, dass er als junger Österreicher eine internationale Karriere im Filmgeschäft ins Auge fasste, der Schritt nach Übersee schien noch unmöglicher und das kleine Heimatland bot wenig Chancen. Karl Josef Hier lacht fröhlich, als er darüber nachdenkt, dass er in seinem jetzigen Beruf genau das tut, was er am Beginn seiner Studienzeit für höchst unwahrscheinlich hielt: international Karriere machen.
Bedauert hat er es trotz anhaltender Affinität zu den schönen Künsten nie, Jus studiert zu haben; im Gegenteil, er fand das akademische Umfeld in der Jurisprudenz so spannend, dass er nach der Dissertation noch ein ganzes Jahr als Assistent für öffentliches Recht an der Grazer Universität blieb. Danach zog es ihn aber in die Praxis, denn von Studienbeginn an war Karl Josef Hier fest entschlossen, Wirtschaftsanwalt zu werden. Ein Gebiet der Rechtswissenschaften, «das von staubtrockener Paragrafenreiterei weit entfernt ist». Viel psychologisches Geschick brauche er dazu, Geduld, die Gabe zuzuhören und Gehörtes richtig zu deuten. «Reiche Menschen werden häufiger von Ängsten geplagt, als man annimmt; sie fürchten um ihr Lebenswerk, fürchten, ihr Vermögen zu verlieren, ihr Unternehmen durch falsche Entscheidungen zu schwächen.» Sie würden sich gar nicht selten auch mit der Regelung der Nachfolge quälen, da die beste Lösung für die Familie nicht das Beste für das Unternehmen sein muss.

Sechs Jahre hat Karl Josef Hier  in Wiener Kanzleien die nötige Erfahrung gesammelt, um als selbstständiger Wirtschaftsanwalt zu arbeiten. Bevor er sich niederlassen wollte, gedachte er allerdings noch ein bisschen über die Grenzen zu schauen. Ein Anwaltskollege riet: «Komm doch zu uns nach Liechtenstein», machte ihm das Land schmackhaft und half dabei, Kontakte zu knüpfen. Schon bald konnte der junge Anwalt in einer der renommiertesten Kanzleien des Landes seinen Einstand geben. Ein Jahr, höchstens eineinhalb, hatte Karl Josef Hier vor, in Liechtenstein zu bleiben. Er mietete eine kleine Wohnung, möblierte sie sparsam und – wohnt nun seit 23 Jahren darin. «Warum habe ich mir nicht längst eine grössere Wohnung genommen, sie komfortabel eingerichtet?», überlegte er vor einiger Zeit laut. «Wahrscheinlich, weil du nicht mehr brauchst, als du hast», konstatierte ein Freund und Karl Josef Hier glaubt, dass er recht hat.

Recht hatte – denn vor Kurzem hat der Anwalt ein traditionsreiches, architektonisches Juwel gekauft und schmiedet nun Pläne, es sorgsam zu renovieren und für seine Bedürfnisse zu adaptieren. Die Bescheidenheit der Anfangsjahre in allen Ehren, hat Karl Josef Hier doch entdeckt, dass er gerne ein bisschen mehr Platz zum Leben hat und das heisst Platz für unzählige Bücher, für Musik, für Kunst, für edle Weine und viele Freunde, mit denen er seine Interessen teilen kann.

Die Szenen, die er vor Augen hat, wenn er die Renovierungspläne erklärt, schildert er so packend, dass man meint, man stehe schon mitten drin in dem licht- und sonnendurchfluteten Haus, das 1933 erbaut wurde. Dessen Pläne entstanden vermutlich nach einem Vorentwurf von Bruno Taut, «er war ein Tycoon der Bauhaus-Architektur und insbesondere des Neuen Bauens. Unmittelbaren urkundlichen Beweis gibt es dafür zwar nicht, aber viele Indizien.» Sie wurden von Ernst Sommerlad – er gilt als Wegbereiter der modernen Architektur in Liechtenstein – ausgeführt und das Haus war lange Jahre das Heim einer vielköpfigen, sehr kultivierten Familie. Das viertelkreisförmige Haus mit dem Flachdach gab vor 77 Jahren einiges zu reden in Vaduz; heute steht es unter Denkmalschutz. Man kann sich Karl Josef Hier sehr gut vorstellen in seinem künftigen Domizil, das Tradition und Moderne aufs Beste verbindet. Es ist bis ins kleinste Detail durchdacht, auf die Umgebung und die Bedürfnisse gehobenen Wohnens abgestimmt und wirkt noch heute radikal modern. So wie es sein Besitzer mag; privat und beruflich.
Bedeutet der Hauskauf, dass Karl Josef Hier endgültig in Liechtenstein angekommen ist? «Das bin ich wohl schon vor einiger Zeit und meine Verbundenheit mit dem Land rührt nicht allein von seiner optimalen geographischen Lage mitten in Europa.» Als einer, der seinen Finger am Puls der Wirtschaft hat, attestiert Karl Josef Hier dem kleinen Staat die besten Chancen, interessante ökonomische Nischen zu finden.

Bei allen Vorzügen, die Liechtenstein bietet – ein Wermutstropfen ist und bleibt, dass Ausländer nicht politisch aktiv sein können. Wenigstens auf kommunaler Ebene würde sich Karl Josef Hier gerne einbringen und wenns nur für eine Legislaturperiode,  für vier Jahre wäre. «Ich habe Ideen und Visionen weit über den juristischen Bereich hinaus», sagt er und beteuert, sich mit Verve und Elan fürs Allgemeinwohl in seiner Wahlheimat einsetzen zu wollen.

Derweil hat Karl Josef Hier aber auch ohne politisches Amt mehr als genug zu tun: Er möchte neue, interessante Mandate betreuen, die Herausforderung annehmen, internationale Unternehmen zu reorganisieren und nicht zuletzt sein zweites Buch schreiben. Es soll nach dem juristischen Sachbuch «Die Unternehmensstiftung in Liechtenstein» eine Habilitationsschrift werden, in der die Rechtswissenschaften aus einem völlig neuen Blickwinkel, nämlich dem der Soziobiologie beleuchtet werden. Ein Werk, das nicht allein seiner interdisziplinären Betrachtungsweise wegen weit über Fachkreise hinaus Beachtung finden wird.
 

 

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