Bedingte Freiheitsstrafen verhängt
Vaduz. – Fast zwei Tage dauerte der Prozess vor dem Jugendgericht (das «Vaterland» berichtete in der gestrigen Ausgabe). Während am Donnerstag die Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren zu den Delikten befragt wurden, waren gestern morgen die Plädoyers ihrer zehn Anwälte zu hören. Von Fürsprache zu Fürsprache stieg die Anspannung unter den Jugendlichen und der eine oder andere wünschte sich die Urteilsverkündigung so schnell wie möglich herbei.
Die Verteidiger erwähnten in ihren Plädoyers die jugendliche Unbesonnenheit, mit welcher die Angeklagten gehandelt hätten. Nun seien sie aber alle reumütig, einsichtig, geständig. Einige Verteidiger legten dem Jugendgericht Berichte von Fachpersonen vor, in welchen von günstigen Prognosen für ihren Mandanten geschrieben stand. Alle waren sich einig, dass keiner der Jugendlichen die Einbruchdiebstähle begangen hatte, um damit regelmässig Geld zu verdienen. Der Vorwurf von gewerbsmässigem Einbruchdiebstahl sei somit nicht gerechtfertigt. Ausserdem wies jeder einzelne Verteidiger auf die Mögleichkeit einer Diversion hin: «Für die Jugendlichen ist es bestimmt ärgerlicher, beispielsweise im Sommer eine gemeinnützige Arbeit zu leisten, während die Freunde sich im Freibad sonnen, als einen Eintrag im Strafregister zu haben», begründete ein Anwalt. Zwar handle es sich bei den Delikten keineswegs um Bubenstreiche, dennoch hätten die jungen Menschen eine Chance verdient.
Enorme Schadenssumme
Für den Staatsanwalt war die Diversion allerdings kein Thema: «Die Vielzahl der Delikte lässt dies auf keinen Fall zu», sagte er. Ausserdem wies er auf den durch die Einbrüche entstandenen Sachschaden von mehreren zehntausend Franken hin. «Die Schadenssumme ist enorm und zeugt von mangelndem Respekt vor fremdem Eigentum», so der Staatsanwalt. Bei zwei Angeklagten forderte er den Widerruf der bedingten Strafnachsicht, die sie sich bei Vorstrafen eingefahren haben.
Neun der zehn Angeklagten nutzten die Gelegenheit, vor der Urteilsverkündung noch das letzte Wort ergreifen zu können. Sie alle entschuldigten sich, gaben zu, eine riesige Dummheit begangen zu haben und versprachen, dass dies in Zukunft nicht mehr vorkomme.
Die Stunde der Wahrheit
Nach den Plädoyers ihrer Verteidiger und des Staatsanwaltes mussten sich die Jugendlichen noch eine Stunde gedulden, während sich die Jugendrichter zur Beratung zurückzogen. Manche besprachen sich mit ihren Verteidigern, andere liessen sich von Mutter oder Vater beruhigen. Zurück im Gerichtssaal schlug dann die Stunde der Wahrheit – der Jugendrichter verkündete das Urteil: Für acht Angeklagte erfolgte ein Schuldspruch, bei einem Jugendlichen gab es keinen Strafausspruch, dafür eine dreijährige Probezeit, ein anderer Jugendlicher wurde freigesprochen. Für alle anderen verhängte der Richter Freiheitsstrafen von vier bis neun Monaten – allerdings auf Bewährung. Lassen sie sich drei Jahre lang nichts zu Schulden kommen, sind sie für dieses Mal mit einem blauen Auge davon gekommen. «Aber», warnte der Richter, «wer in irgendeiner Weise wieder strafffällig wird, für den sieht es dann richtig schlecht aus.» Moralpredigt wolle er nun aber keine halten – «entweder ihr checkt es nun oder nicht.» Vom Vorwurf des gewerbsmässigen Einbruchdiebstahls wurden alle freigesprochen.
Hemmschwelle sinkt
Zusätzlich zu den Freiheitsstrafen erhielten die Jugendlichen Bussen zwischen 400 und 800 Franken wegen Konsums von Marihuana. Für drei Jugendliche ordnete das Jugendgericht die Bewährungshilfe an, zwei müssen ein Anti-Gewalttraining absolvieren.
Die Angelegenheit diversionell zu erledigen, kam für das Jugendgericht nicht in Frage: «Die Diversion setzt ein geringes Verschulden voraus», begründete der Richter. Dass diese Jugendlichen jedoch ein grosses Potenzial an krimineller Energie haben, sei unbestritten. Der Einbruch beispielsweise in die weiterführenden Schulen Triesen grenze an Schwerkriminalität. Ausserdem glaube er nicht, dass ein Sommer lang arbeiten mehr Eindruck hinterlasse als eine bedingte Freiheitsstrafe.
Ausserdem merkte der Jugendrichter an, dass sich die Einstellung von Jugendlichen gegenüber fremdem Eigentum in den vergangenen Jahren massiv zum Nachteil verändert habe. «Die Hemmschwelle vor Sachbeschägigungen ist gesunken und die Jugendlichen haben vor fremdem Eigentum keinen Respekt mehr.» Umso abschreckender sollen nun diese Schuldsprüche wirken. (bfs)
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Eigentum und Eigentumsrecht