Vortrag, der Wellen warf ? die andere Seite
Interview: Richard Brunhart
Herr Seger, Gabriele Kuby erklärte in ihrem Referat, die Privilegierung der Ehen zwischen Mann und Frau sei gerechtfertigt – aufgrund der Möglichkeit, dass aus heterosexuellen Beziehungen Kinder hervorgehen. Wie begründen Sie eine andere Ansicht?
Daniel Seger: Frau Kuby hat in ihrem Referat einzelne Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und wie es ihr gerade passte zusammengewürfelt, ohne nochmals zu prüfen, ob dies auch denklogisch ist und der Realität entspricht. Viele Aussagen von Frau Kuby hätten klärende bzw. richtigstellende Worte benötigt. Leider wurde diese Möglichkeit nicht wirklich gegeben. Es müssen zwei Dinge unterschieden werden, die Ehe nach Ehegesetz und die Ehe nach katholischem Kirchenrecht.
Die Ehe nach katholischem Kirchenrecht ist eine Verbindung zwischen Mann und Frau, um Kinder in die Welt zu setzen und erlaubt sogar die Annullierung der Ehe, falls ein Teil des Ehepaares dies nicht will. Die staatliche Ehe sieht in der Ehe die Verbindung von Mann und Frau als Rechtsinstitut mit Rechten und Pflichten, wobei die Kinderzeugung kein konstitutives Merkmal ist.
Inwiefern sind sich schwule, lesbische und heterosexuelle Paare gleich, was eine gleiche Behandlung rechtfertigt?
Schwule und Lesben wollen sich und ihre Partnerschaft absichern können, ohne der Willkür von Familie, Ärzte, Behörden etc. ausgesetzt zu sein. Dies ist bisher nur in einem kleinen beschränkten Rahmen möglich. Das Gesetz soll zur Absicherung beitragen – bspw. Auskunftspflicht, Pflichtteilsrecht im Erbrecht, Sozialversicherungsrecht, Ausländerrecht, Aufenthaltsrecht.
Die Referentin führte weiter aus, dass der Aufwand für ein Partnerschaftsgesetz nicht gerechtfertigt sei, da aufgrund einer promiskuitiveren Lebensweise von Schwulen und Lesben dieses Institut nur von einem verschwindend geringen Teil der Bevölkerung genutzt werden würde. Weshalb wurde die Diskussion um diese Aussage am vergangenen Montag vom Publikum so emotional diskutiert?
Der Gesetzgeber versucht, wann immer möglich, mit Gesetzen einen Interessensausgleich zu schaffen: die Position des Stärkeren zu schwächen und die des Schwächeren zu stärken. Dies ist auch so bei Minderheiten. Wenn keine Gesetze für den Schutz von Minderheiten gemacht würden, hätten wir u.a. keinen Schutz für Behinderte, Kranke, Alte und andere Minderheiten.
Minderheiten tragen einen wertvollen Beitrag zu unserer Gesellschaft bei. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Aufwand ein solches Gesetz zu entwerfen, wenn die schweizerische Vorlage herangezogen wird, vertretbar ist. Zumal bspw. FLay und andere Gruppierungen ihre Mithilfe mehrmals angeboten haben und wann immer möglich auch beigetragen haben, ohne dafür irgendein Entgelt oder ähnliches zu erhalten.
Credo-Vorstand Hans Gassner erklärte, dass die Ansicht einer Minderheit in die Meinung der Mehrheit umgewandelt werden soll. Welchen Stellenwert räumen Sie Minderheitenrechte in einer Demokratie ein?
Frau Kuby hat am Montag versucht darzulegen, dass nicht die Schwulen, Lesben etc. eine Minderheit darstellen, sondern ihre Gegner. Dem kann ich nur widersprechen. Gerade die Studie, welche von der Stabstelle für Chancengleichheit durchgeführt wurde, zeigt sehr gut auf, dass Schwule, Lesben etc. eine Minderheit darstellen, deswegen benachteiligt werden und darunter leiden. Grund genug für uns, sich für Rechte – inklusive Pflichten – einzusetzen.
Gabriele Kuby ist der Ansicht, dass durch eine «Homosexualisierung» der Gesellschaft das Leitbild der Familie über den Haufen geworfen wird. Welchen Stellenwert räumen Sie der traditionellen Familie – bestehend aus Vater, Mutter und Kindern – ein?
Die traditionelle Familie ist eine Verbindung zwischen einem heterosexuellen Mann und einer heterosexuellen Frau. Die eingetragene Partnerschaft eine Verbindung zwischen zwei Männern, die sich lieben, oder zwischen zwei Frauen, die sich lieben. Niemand sucht es sich aus, homosexuell zu sein. Mann/Frau ist es oder nicht. Die Institute stehen nebeneinander, aber konkurrenzieren sich nicht, da die Voraussetzungen, um sie einzugehen, verschieden sind. Das eine Institut steht Heterosexuellen zur Verfügung, das andere Homosexuellen.
Schwule und lesbische Liebe war lange ein Tabuthema. Frau Kuby erklärte, dass mittlerweile tabu ist, sich für die Privilegierung von heterosexuellen Paaren auszusprechen. Stört Sie die im Land geführte Diskussion um die Schaffung eines Gesetzes über die eingetragene gleichgeschlechtlicher Paare?
Liechtenstein ist ein freies Land und jeder soll seine Meinung frei äussern dürfen. Ich, wir von FLay bzw. die Homosexuellen aus Liechtenstein haben unsere Meinung und Frau Kuby und die Mitglieder von Credo haben ihre Meinung. Unsere Freunde, Bekannten und Kollegen sind gestern mit an die Veranstaltung gegangen, um die Sicht der anderen und ihre Ängste und Befürchtungen verstehen zu können.
Zumindest was mich anbelangt, hat es mich befremdet, dass Frau Kuby gestern versucht hat, die Gegner des Partnerschaftsgesetzes als Opfer darzustellen. Themen, welche die Menschen bewegen, sollten ausgesprochen und diskutiert werden: am besten fair und mit fairen Mitteln. Mühe habe ich, wenn mit unfairen Mitteln hantiert wird. Beispielsweise war es schade, dass nur die Rede von Frau Kuby aufgezeichnet wurde und die anschliessende Diskussion nicht. Diese wurde leider auch nur sehr kurz gehalten, sodass eine wirkliche Diskussion nicht stattfand bzw. stattfinden konnte. Meines Erachtens war dies auch nicht gewollt.
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Daniel Seger