Staat und Kirche: Landtag für Sondersitzung
Vaduz. – Eigentlich sollte die Verfassungsänderung und das Religionsgemeinschaftengesetz zur Entflechtung von Staat und Kirche in erster Lesung behandelt werden. Die FBP-Fraktion machte aber gleich zu Beginn der Eintretensdebatte deutlich, dass sie auf die seit Jahrzehnten diskutierte und nun von der Regierung Tschütscher zu einem erfolgreichen Abschluss gebrachte Entflechtungslösung nicht eingehen möchte.
FBP blockiert
FBP-Fraktionssprecher Johannes Kaiser stellte einen Rückweisungsantrag mit der Begründung, dass das Konkordat noch nicht abschliessend ausgehandelt worden sei. Dazu Johannes Kaiser: «Die Konkordatsvereinbarung liegt in den Grundzügen zwar vor, die Gemeinden kennen aber die definitive Ausgestaltung der Konkordatsvereinbarung nicht und darüber hinaus standen und stehen ihnen die integrativen Anhänge, Beilagen usw. nicht zur Verfügung. Alle diese Unterlagen fehlen auch dem Landtag.» Der Entwurf für das Konkordat sei erst am Montag dem Landtag zugestellt worden. Auch habe der Landtag keine Kenntnis von den Anhängen und Ausführungsbestimmungen. Deshalb könne die erste Lesung nicht seriös durchgeführt werden.
Einmalige Einflussmöglichkeiten des Landtags
Regierungschef Klaus Tschütscher stellte gegenüber der FBP-Fraktion klar, dass es in der Geschichte des Landtags noch nie dagewesen sei, dass der Landtag die Chance bekomme, im Rahmen einer vorgesehenen ersten Lesung von übergeordneten Gesetzesbestimmungen den Inhalt eines Staatsvertrages mitzubestimmen. Er wünsche sich die Diskussion im Landtag im Rahmen der ersten Lesung des Religionsgemeinschaftengesetzes gerade deshalb, um zum Beispiel in den Fragen der Ausgestaltung der Mandatssteuer – will man eine Deckelung oder eine Indexierung oder nicht? – oder beim konfessionellen Unterricht die Meinung des Landtags in das Abkommen mit dem Heiligen Stuhl einfliessen lassen zu können.
Landtag folgt Kompromissvorschlag des Regierungschefs
Nach einer fast vierstündigen Diskussion einigten sich die Abgeordneten mit 22 Stimmen bei 25 Abgeordneten auf den konstruktiven Vorschlag von Regierungschef Klaus Tschütscher, der zwischendurch mit Prinz Nikolaus, dem Leiter der Verhandlungsdelegation, Rücksprache gehalten hatte. So wird am 15. November eine nicht-öffentliche Sondersitzung des Landtags durchgeführt, an welcher Prinz Nikolaus, der die Verhandlungen mit dem Heiligen Stuhl leitet, alle offenen Fragen beantworten wird.
Lösung in dieser Periode noch möglich
Im Rahmen der ordentlichen November-Sitzung wird der Landtag am 21. November dann die Verfassungsänderung und das Religionsgesetz in erster Lesung behandeln. Die Stellungnahme zu den in der ersten Lesung aufgeworfenen Fragen wird die Regierung bis zum 4. Dezember vorlegen, damit der zweiten Lesung in der Dezember-Sitzung nichts mehr im Weg steht. Gleichzeitig wird dann auch der paraphierte Staatsvertrag, nämlich das Abkommen mit dem Heiligen Stuhl, in welchem die vermögensrechtliche Entflechtung auf Gemeindeebene geregelt ist, dem Landtag zur Genehmigung vorliegen. (güf)
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