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Einheitskasse nicht sinnvoll

Nach eingehender Analyse der Vor- und Nachteile einer Einheitskasse gibt die Regierung im Gesundheitsbericht eine klare Empfehlung ab: «Von einer Einheitskasse wird abgesehen.»

VON GÜNTHER FRITZ

Die Idee einer staatlichen Einheitskasse für die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) begleitet die Diskussion um kostendämpfende Reformen im Gesundheitswesen schon seit Jahren. In der von Regierungsrätin Renate Müssner dem Landtag vorgelegten Gesamtschau über das liechtensteinische Gesundheitswesen wird das Thema «OKP-Einheitskasse» erneut aufgegriffen. Insbesondere werden in die Überlegungen, ob eine solche staatliche Einheitskasse in Liechtenstein sinnvoll wäre, auch die Pro- und Kontraargumente aus der entsprechenden Debatte in der Schweiz mit einbezogen.

Schweizer Volk gegen Einheitskasse

Am intensivsten wurde dieser gesundheitspolitische Aspekt in der Schweiz im Vorfeld der am 11. März 2007 durchgeführten Volksabstimmung über die linke Volksinitiative für eine soziale Einheitskrankenkasse diskutiert. Mit 71,2 Prozent legte das Schweizer Stimmvolk schliesslich sein Veto gegen die Einführung einer Einheitskasse ein.

In Liechtenstein machte sich in der Vergangenheit die Freie Liste immer wieder einmal stark für die Einführung einer staatlichen Einheitskasse. «Eine Einheitskasse stärkt die Versicherten gegenüber den Leistungserbringern, schafft gleiche Rahmenbedinungen und klare Zuständigkeiten und erleichtert wesentlich eine transparente Kostenkontrolle», argumentierte die Freie Liste im Oktober 2006 in einer Presseaussendung. Zudem könne auf unnötige Verwaltungsstrukturen wie den Krankenkassenverband verzichtet werden.

Funktionierendes System bewahren

Das heutige liechtensteinische System mit den drei Krankenkassen Concordia (Marktanteil von über 70 Prozent), FKB (Freiwillige Krankenkasse Balzers) und Swica sowie einem Versichertenbestand von rund 36 000 Personen hat insbesondere den Vorteil, dass der Versicherte die Krankenkasse mit der günstigeren Prämie wählen kann. Als weiterer Vorteil gilt, dass der Versicherte bei gleichem Leistungskatalog die Krankenkasse wechseln kann, wenn er mit dem Service nicht zufrieden ist oder wenn er der Meinung ist, er werde wegen eines Leidens oder einer Krankheit bei einer Krankenkasse schlechter behandelt.
Gegen die Einführung einer Einheitskasse spricht vor allem, dass ein gewachsenes und funktionierendes System aufgegeben werden müsste. Ein vom Wettbewerb geprägter Versicherungsmarkt würde fehlen. Zudem würde das Know-how, das heute zu grossen Teilen über die Concordia als grosse schweizerische Versicherung sichergestellt wird, verloren gehen.

Es würde alles noch komplizierter

Als weitere Nachteile einer Einheitskasse orten die Krankenkassen bzw. der Liechtensteinische Krankenkassenverband (LKV) das fehlende Interesse eines Monopolisten an einer Kosteneindämmung sowie zusätzliche Wettbewerbsverzerrungen im Zusatzversicherungsbereich.

Gerade mit Blick auf die Zusatzversicherung spricht sich «Santésuisse», der Branchenverband der schweizerischen Krankenversicherer, klar gegen die Einheitskasse aus: «Auch wenn es paradox klingt: Die Einheitskasse macht alles noch komplizierter. Über 80 Prozent der Versicherten haben eine Zusatzversicherung. Eine Einheitskasse würde somit fast alle Versicherten zwingen, ihre Krankenversicherung auf zwei Unternehmungen aufzuteilen: Die Grundversicherung auf die Einheitskasse, die Zusatzversicherungen auf den bisherigen Krankenversicherer.» Ein solches Splitting ist jedoch unpopulär, denn Betreuung aus einer Hand entspricht einem starken Kundenbedürfnis.

Einheitskasse ist falscher Weg

Als Hauptargument gegen die Einführung einer Einheitskasse führt «Santésuisse» ins Feld, dass damit die Probleme nicht an ihren Wurzeln gepackt würden. Hauptgründe für die starke Kostenentwicklung im OKP-Bereich sind der medizinische Fortschritt, Mengen- und Preisentwicklungen, falsche finanzielle Anreize namentlich im Spitalbereich sowie die Anspruchshaltung der Bevölkerung. Dazu «Santésuisse» weiter: «Die Einheitskasse setzt aber nicht bei diesen Hauptgründen an, sondern bei den Krankenversicherern, deren Verwaltung nur gerade 5,6 Prozent der Ausgaben in der Grundversicherung ausmacht.»
Im umfassenden Gesundheitsbericht, mit dem sich der Landtag noch im Mai befassen wird, kommt die Regierung nach Abwägen der Vor- und Nachteile einer Einheitskasse zum Schluss: «Von einer Einheitskasse wird abgesehen. Die Wahlfreiheit für die Versicherten soll weiterhin bewahrt bleiben. Die Krankenkassen sollen sich über ihre Leistungen und Angebote um Versicherte bemühen.»

 

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