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Die Schweiz steht mit dem Rücken zur Wand

Er hatte seine Nachbarn gewarnt: Liechtensteins Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein (41) mahnte, im Streit um Steuerhinterziehung helfe keine Salamitaktik. Nur eine grosse Lösung bringe den Durchbruch. Sein Land hat ihn vollzogen.

Bern/Vaduz. - Er hatte seine Nachbarn gewarnt: Liechtensteins Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein (41) mahnte, im Streit um Steuerhinterziehung helfe keine Salamitaktik. Nur eine große Lösung bringe den Durchbruch. Sein Land hat ihn vollzogen.

Die Schweizer, an die sich die Mahnung richtete, wollten es anders. Nun stehen die Eidgenossen im Streit um Steuerdaten mit dem Rücken zur Wand.

Die Hoffnung, eine schwarz-gelbe Regierung in Berlin werde in Steuerfragen sanfter mit der Schweiz umgehen als Peer Steinbrück von der SPD, der einst mit der Kavallerie drohte, hat sich nicht bewahrheitet. Das 1934 in Kraft getretene Bankgeheimnis dürfte zumindest für Ausländer vollends durchlöchert sein, wenn die jetzt in Berlin getesteten Daten wirklich gekauft und weitere Steuersünder enttarnt werden.

Mit Erbprinz Alois und dem nur ein Jahr älteren Regierungschef Klaus Tschütscher bestimmen in Vaduz junge Pragmatiker die Zukunft Liechtensteins: «Auch wir haben hier Dickschädel, die die Zeichen der Zeit nur schwer begreifen», meinte ein Insider. «Aber der Prinz und Tschütscher ziehen an einem Strang, wenn es um die Zukunft des Finanzplatzes geht.» Von dieser Vernunft ist die Schweiz trotz aller bisherigen Erschütterungen immer noch entfernt. Am Dienstag war es der gerade neu in die Regierung gekommene liberale Innenminister Didier Burkhalter, der zur Besonnenheit im Streit mit Deutschland aufrief. Die Verbandsvertreter der Bankiervereinigung etwa bewegen sich immer noch nicht.

Dabei brennt es für die Schweizer an allen Ecken. Denn es ist ja nicht nur der Streit mit Deutschland um Steuerbetrüger. Mit Frankreich gab es - angeblich - gerade ein ähnliches Desaster, in diesem Fall wurden gestohlene Bankdaten aber wieder zurückgegeben. Aber Paris hat die Daten nach mehreren Medienberichten offenbar kopiert - langfristig gibt es da wohl keine Ruhe. Auch die Drohung gegen Paris, ein Doppelbesteuerungsabkommen verzögern zu wollen, hat die Franzosen, ebenso wenig wie jetzt Deutschland beeindruckt.

Die USA, wo das Schweizer Bankgeheimnis durch Enthüllungen des Bankers Bradley Birkenfeld zu Fall gebracht worden war, warten auf Tausende versprochene Kundendaten der Grossbank UBS. Die Regierung soll neu verhandeln, heisst es nun in Bern. Aber die USA sperren sich. Und weitere Überläufer mit Dateninformationen haben sich bereits angeboten, wie man in Bankenkreisen in Genf und Zürich weiss.

Die Medien in der Schweiz gehen mit den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft nicht zimperlich um. Von «schrillen Tönen» ist die Rede, oder «Die Schweiz heult auf» heisst es gar - ein Zeichen der Unsicherheit, sogar der «Angst vor den Schäden, welche die herunterdonnernde Lawine verursachen könnte», wie die Zeitung «20 minuten» meint. Der Ruf des Schweizer Finanzplatzes als vertrauensvoller Partner werde zerrieben. «Der Bankgeheimnis-Goldklumpen hat sich in einen Mühlstein verwandelt.»

Dabei hatten die Schweizer noch gehofft, ihr Bankgeheimnis mit einer Abgeltungssteuer retten zu können. Diese wollten sie brav von Zinserträgen ausländischer Anleger abführen - dann werde der internationale Druck schon nachlassen. Liechtensteins Erbprinz Alois hatte dies gegenüber der Schweizer «Handelszeitung» schon früh als Irrtum entlarvt. «Ich bezweifle, dass die Abgeltungssteuer ein Modell ist, das sich international durchsetzen wird.» Nur umfassende Lösungen, auf Jahrzehnte hinaus tragfähig, garantierten Rechtssicherheit. Und der Prinz ahnte: «Die Kritik wird mit dem Wechsel (der Schweiz) auf die weisse OECD-Liste nicht verstummen.» Es brauche «klare, mutige Strategien, ansonsten wird der Druck auch auf den Schweizer Finanzplatz weiter steigen».

Den «kleinen Prinzen im Ländle» haben in der Schweiz damals nur wenige ernst genommen. Jetzt ist es für die Nachbarn erst einmal zu spät. Bei Bankern in Genf hiess es am Dienstag, derzeit seien kaum Kundengespräche gefragt. «Die warten erst einmal ab, wie es hier weitergeht», sagte eine Beraterin. Abwarten müssen ohne Perspektive ist mit das Schlimmste, was einem Banker passieren kann. (dpa)

Mehr zum Thema:

Brunhart: Folgen für den gesamten Finanzplatz


«Das ist garantiert der falsche Weg»

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