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Bern warnt Berlin vor CD-Kauf

Nun hat auch die Schweiz einen Fall «Heinrich Kieber». Zwei Jahre nach der deutsch-liechtensteinischen Steueraffäre prüft Berlin den Ankauf gestohlener Bankdaten möglicher Steuersünder in der Schweiz. Bern warnt vor dem CD-Kauf.

VON GÜNTHER FRITZ

Ein Informant will den deutschen Steuerbehörden zum Preis von 2,5 Millionen Euro Daten von angeblich bis zu 1500 Deutschen verkaufen. Sie sollen Millionensummen auf Schweizer Konten geschleust haben. Laut «Handelsblatt» handelt es sich vorrangig um Daten von Konten bei der Schweizer UBS.

Überzeugendes Testmaterial

Über den Fall des bisher unbekannten Informanten hatten am Wochenende die «Frankfurter Allgemeine» (FAZ) und die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. Nach dem in deutschen Regierungskreisen bestätigten Bericht übergab der Informant den Steuerfahndern Testmaterial. Die Überprüfung ergab demnach, dass in jedem dieser fünf Fälle eine Steuernachzahlung von jeweils einer Million Euro fällig wäre. «Für die fünf Kontoinhaber, die wir probehalber kontrolliert haben, ist es für eine Selbstanzeige zu spät», heisst es in der Finanzverwaltung, die die Akten dem «FAZ»-Bericht zufolge mit einer Geheimhaltungsstufe versahen.

Steinbrück passte es ins Konzept

Der neue Fall eines Anbieters von gestohlenen Kundendaten erinnert an die deutsch-liechtensteinische Steueraffäre, die mit der Verhaftung des deutschen Postchefs Klaus Zumwinkle am 14. Februar 2008 ausbrach. Damals hatte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zusammen mit den Steuerbehörden grünes Licht für einen brisanten Deal gegeben. Der Bundesnachrichtendienst BND als Auslandsgeheimdienst kaufte Heinrich Kieber, einem Exmitarbeiter der LGT-Treuhand, gestohlene Daten-DVDs für bis zu fünf Millionen Euro ab. Es folgten Razzien und viele Verfahren. Insgesamt wurden Steuerermittlungen gegen rund 770 wohlhabende Deutsche bekannt. Innerhalb weniger Monate konnten rund 110 Millionen Euro von Verdächtigen wieder eingetrieben werden. Trotz aller Bedenken genehmigte Steinbrück den Deal – und freute sich später: «Sensationell! Das war das Geschäft meines Lebens.» Steinbrück passte der Deal ins politische Gesamtkonzept. Schliesslich war er angetreten, um die internationalen Fluchtpunkte für Schwarzgeld unter Druck zu setzen. «Das ist Hehlerei im grossen Stil», kritisierte Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein damals den Kauf der gestohlenen Daten durch Berlin.

Schäuble vor schwierigem Entscheid

In der Schweiz und in Liechtenstein schaut man jetzt gespannt, wie Berlin nach dem Regierungswechsel auf dieses unmoralische Angebot reagieren wird. Der neue deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) befasste sich bislang nicht mit dem spektakulären Fall. Das Bundesfinanzministerium wollte am Wochenende dazu nicht detailliert Stellung nehmen. Wie die Deutsche Presse Agentur (dpa) erfahren hat, prüfen die Finanzbehörden die Rechtslage. Mache man Fehler, seien die Daten später vor Gericht nicht verwertbar. Zudem müsse gesichert sein, dass keine Nieten im grossen Stil in den Daten versteckt seien.

«Kein Datenschutz nach Kassenlage»

In Deutschland gehen die Meinungen auseinander, ob Finanzminister Wolfgang Schäuble die Daten von einem geheimen Informanten kaufen soll. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar empfahl den Behörden, die Finger von der Sache zu lassen: «Ich habe grosse Zweifel an der Rechtmässigkeit eines solches Geschäfts», sagte er in einem dpa-Gespräch. Andernfalls agiere der Staat in der Nähe der Hehlerei. «Wenn zu einem Preis von 2,5 Millionen Euro 100 bis 200 Millionen Euro hinterzogener Steuern eingetrieben werden können, sollte die Regierung nicht zögern», drängt SPD-Finanzsprecherin Nicolette Kressl. Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg (CSU) kontert: «Vorauseilende Lust auf Daten» müsse einer Überprüfung der Rechtslage standhalten. Die Position vertritt auch die FDP. Klare Worte fand der CDU-Abgeordnete Michael Fuchs: «Das ist gestohlenes Gut. Da würde man Diebe belohnen.»

«Kein Handel mit Kriminellen»

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble soll die angebotenen Daten über deutsche Steuersünder in der Schweiz «nicht ankaufen» und «keine Geschäfte mit Kriminellen machen». Dies forderte am Wochenende die eidgenössische Wirtschaftsministerin und amtierende Bundespräsidentin Doris Leuthard. Verteidigungsminister Ueli Maurer erklärte, es würde sein Vertrauen in Deutschland «definitiv erschüttern», wenn sich der Staat dazu hergebe, gestohlene Daten zu kaufen. «Das ist etwas, das man unter Rechtsstaaten schlicht und einfach nicht macht.»

 

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