«Wir sind mit Matilaberg nicht aus der Verantwortu
Herr Staub, wie froh sind Sie, dass das Projekt Matilaberg nun abgeschlossen ist?
Rudolf Staub: Ich würde das Projekt nicht als abgeschlossen bezeichnen. Mit der Schutzgebietsausweisung ist zwar ein zentraler Meilenstein erreicht und die Beteiligten sind sicher glücklich. Dies heisst aber nicht, dass wir damit aus der Verantwortung entlassen sind. Es gilt, die Entwicklung im Gebiet weiter zu beobachten und auf unerwünschte Veränderungen zu reagieren.
Wie entstand die Idee, Matilaberg zum Naturschutzgebiet zu erheben?
Die Idee hat eine lange Geschichte. Bereits in den 70er-Jahren wurde der hohe botanische Wert des Gebietes durch den ehemaligen Schulabwart Richard Banzer aus Triesen erkannt.
Doch damals geschah noch nichts.
Nach detaillierten Erhebungen durch einen regionalen Botaniker gelangte 1981 in der Folge die Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz mit ihrem damaligen Geschäftsführer Mario F. Broggi an die Gemeinde Triesen zwecks Unterschutzstellung des Gebietes. Eine formelle Unterschutzstellung gelang jedoch nicht. 1994 wurde das Thema von der Umweltschutzkommission erneut aufgegriffen. Die Sachbearbeitung erfolgte durch Helmut Kindle, heute Leiter des Amtes für Umweltschutz. Geplante Bodentauschaktionen verliefen jedoch im Sand.
Wie kam dann das Thema zurück aufs politische Parkett?
2010 lancierten die Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz (LGU) und die Botanisch-Zoologische Gesellschaft Liechtenstein-Sarganserland-Werdenberg (BZG) die Idee erneut und erarbeiteten unter Mitwirkung von Naturinteressierten wie Mario F. Broggi oder Wilfried Kaufmann aus Balzers eine detaillierte Gebietsbeschreibung. Diese verdeutlichte erneut den hohen Naturschutzwert der Feuchtgebiete und Magerwiesen am Matilaberg. Das Amt für Wald, Natur und Landschaft (AWNL) mit Josef Schädler unterstützte dabei fachlich das Projekt und war für die rechtliche und politische Umsetzung verantwortlich. Die Grundeigentümer und die Gemeinde nahmen in der Folge das Anliegen auf. Nach der dreissigjährigen Vorgeschichte sind von der Wiederlancierung der Idee bis zur Verordnung damit rund zwei Jahre vergangen.
Welches sind die Kriterien an ein Naturschutzgebiet in Liechtenstein?
Naturschutzgebiete dienen der Erhaltung von seltenen Lebensräumen und von bedrohten Arten. Sie sind Horte der biologischen Vielfalt. Entsprechend müssen hohe Naturwerte und ein Schutzbedürfnis vorhanden sein, um ein Naturschutzgebiet auszuweisen. Rechtliche Grundlage ist das Gesetz zum Schutz von Natur und Landschaft.
Wie ist die Situation im Land allgemein, was die Naturschutzgebiete betrifft?
In Liechtenstein gab es vor dem Matilaberg acht Naturschutzgebiete, die alle in den 60er- und 70er-Jahren ausgewiesen wurden. Die letzten Naturschutzgebiete waren 1978 das Ruggeller Riet und das Schneckenäule, ebenfalls in Ruggell. Damals wurden vor allem die im Talraum verbliebenen Feuchtgebiete unter Schutz gestellt. Anschliessend wurde es ruhiger um neue Naturschutzgebiete. Der Naturschutz auf der Fläche wurde ab den 90er-Jahren über vertragliche Regelungen mit den Bewirtschaftern umgesetzt. Naturschutzgebiete bieten aber einen höheren Schutzstatus und schliessen auch Beeinträchtigungen, die nicht mit der Bewirtschaftung zusammenhängen, mit ein. Sie sind daher für die besonders wertvollen Naturflächen das ideale Schutzinstrument. Naturschutzgebiete haben auch in den Augen der Bevölkerung einen besonderen Stellenwert und sind daher ein gutes Instrument, um für die Erhaltung der uns umgebenden Natur zu werben.
Wie viel Liechtenstein steht nun unter Naturschutz?
Zusammen mit dem neuen Naturschutzgebiet Matilaberg sind gut ein Prozent der Landesfläche als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Dies ist international gesehen unterdurchschnittlich. Zum Vergleich: Die Naturschutzgebietsfläche ist in Liechtenstein nur etwa halb so gross wie die von Strassen und Wegen bedeckte Fläche. Bessere Zahlen liegen im Waldbereich vor, wo rund ein Viertel der Waldfläche als Waldreservat oder Sonderwaldfläche einen gewissen Schutzstatus geniessen.
Was habe ich als Schaaner von einem Naturschutzgebiet in Triesen?
Mit einem Naturschutzgebiet leisten wir einen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt und sichern langfristig die Lebensqualität für die Einwohner Liechtensteins. So profitieren direkt oder indirekt alle von zusätzlichen Naturschutzgebieten.
Inwiefern kann das Projekt Matilaberg als Vorbild für weitere Projekte dieser Art gelten?
Vorbildlich war in diesem Falle die fachliche Zusammenarbeit zwischen der LGU, der BZG und dem AWNL als zuständigem Landesamt. Positiv war auch das Entgegenkommen der Bürgergenossenschaft Triesen als grösste Grundeigentümerin im Gebiet und der Gemeinde. Ohne das konstruktive Zusammenwirken aller wäre das Ausscheiden des Naturschutzgebietes nicht in dieser kurzen Zeit möglich gewesen.
Hat man schon weitere Gebiete im Auge, die es zu schützen gilt?
Es gibt in Liechtenstein noch weitere Naturräume, die von ihren Inhalten her die Kriterien für ein Naturschutzgebiet erfüllen würden. Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich die LGU und die BZG für weitere Naturschutzgebiete einsetzen werden. (mw)
Persönlich
Rudolf Staub, Jahrgang 1965, studierte Biologie an der Universität Zürich. Er ist Mitinhaber des Büros Renat in Schaan, Vorstandsmitglied der Botanisch-Zoologischen Gesellschaft und wirkte bei der Erarbeitung der Gebietsbeschreibung des Matilabergs mit. Infos: renat.li
Um die Unterschutzstellung gebührend zu würdigen, ist die gesamte Einwohnerschaft am 14. September, um 20 Uhr, auf der Säga (beim Lawenasaal) zur Veranstaltung
«Matilaberg» eingeladen. Die Veranstaltung mit aussergewöhnlichem Programm findet bei guter Witterung unter freiem Nachthimmel statt, ansonsten im Lawenasaal.
Schlagwörter
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Gemeinde Triesen
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Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz