«Wilhelm Beck war ein echter Macher»
Herr Vogt, was hat Sie bewogen, sich der Person Wilhelm Beck zu widmen?
Wolfgang Vogt: Wilhelm Beck ist eine der spannendsten und zugleich umstrittensten Persönlichkeiten in der jüngeren Geschichte Liechtensteins. Um sein Leben und Wirken ranken sich viele moderne Mythen, im Positiven wie auch im Negativen. Als die Gemeinde Triesenberg mit der Absicht an mich herantrat, Wilhelm Beck mit einem Buchprojekt zu würdigen, nutzte ich diese grosse Chance also äusserst gerne.
Welchen Eindruck haben Sie während Ihrer Arbeit von dieser Persönlichkeit gewonnen?
Wilhelm Beck war sicherlich ein ehrgeiziger, arbeitsamer und durchsetzungsstarker Mensch. Er war zudem äusserst vielseitig interessiert. Das zeigt sich an verschiedenen Stellen in seiner Biografie über sein politisches Wirken hinaus in unzähligen, von ihm oft parallel bearbeiteten Projekten.
War Beck in Ihren Augen eher ein Visionär oder Pragmatiker?
Das sind zwei Begriffe, die man im Hinblick auf Wilhelm Beck meiner Meinung nach nicht so stark gegenüberstellen sollte. Für Liechtenstein war Wilhelm Becks Schaffen in mancherlei Hinsicht sicherlich visionär, zugleich blieb er zeit seines Lebens auch ein äusserst pragmatischer Politiker. Er war ein echter Macher. Seine politischen Ziele waren trotz des visionären Charakters, sehr oft auf eine direkte Anwendbarkeit für das alltägliche Leben, auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen für die Menschen in Liechtenstein bezogen. Beispielhaft lässt sich das am liberalen Personen- und Gesellschaftsrecht darstellen, welches er massgeblich mitgestaltete.
Über Wilhelm Beck erfährt man bereits in einigen Publikationen vieles. In welchen Bereichen liefert Ihr Buch Neuigkeiten?
Das Buch bietet einen umfassenden Zugang und versucht dabei, sich Wilhelm Beck und seiner Zeit mit der Einnahme verschiedener Perspektiven zu nähern. Einerseits beleuchten wissenschaftlich fundierte Texte aus der Feder einiger erfahrener Historiker unterschiedliche Abschnitte in Wilhelm Becks Leben. Diese Nahperspektive wird ausgeweitet durch eine Öffnung des Blicks vom Politiker Wilhelm Beck hin zu den politischen Auseinandersetzungen der Zeit. Einen anderen, äusserst bereichernden Zugang vermitteln vier ausführliche Interviews mit Triesenberger Zeitzeugen in ihrer jeweils persönlichen Sichtweise der damaligen Zeit.
Wie steht es Ihrer Meinung nach um das Erbe Wilhelm Becks in der Vaterländischen Union?
Es ist sicherlich schwierig, Wilhelm Becks politisches Vermächtnis ohne Weiteres in der Vaterländischen Union zu verorten. Es gibt keine ungebrochene Kontinuitätslinie von Wilhelm Becks ehemaliger Volkspartei zur heutigen Vaterländischen Union.
Wie stand Wilhelm Beck selbst zum Zusammenschluss der Volkspartei mit dem eher rechtsgerichteten Heimatdienst?
Es gibt durchaus Anzeichen dafür, dass Wilhelm Beck, der in dieser für die Volkspartei kritischen Phase bereits schwer krank war und als Führungsfigur fehlte, sich gegen einen solchen Zusammenschluss aussprach. Die Dynamik der jungen Heimatdienst-Bewegung war sicherlich verlockend und es scheint zumindest fraglich, welche Alternativen sich der arg gebeutelten Volkspartei geboten hätten. Die Frage ist angesichts des Laufs der historischen Ereignisse letztlich aber müssig.
Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise ist ein Wendepunkt im Leben Wilhelm Becks aktueller denn je: die Sparkassa-Affäre. Als Verantwortlicher nahm er dort seinen Hut – ein schwerer politischer Rückschlag. Welche Schuld traf ihn daran effektiv?
In der Sparkassa-Affäre verlor das Land Liechtenstein durch betrügerische Machenschaften bei der Sparkassa rund 1,8 Millionen Franken, das entsprach damals mehr als zwei Jahresbudgets. Wilhelm Beck war an den kriminellen Vorgängen in diesem Zusammenhang nicht beteiligt und hatte nachweislich keine Kenntnis von den gemachten Verfehlungen, man kann ihm allerdings vorwerfen, dass er seine Aufsichtspflichten verletzte. Dass er dennoch zivilrechtlich verfolgt und über jedes Mass hinaus belangt wurde, war ein politischer Racheakt. Dass nach wie vor sein Name zuallererst im Zusammenhang mit der Sparkassa-Affäre genannt wird, hängt mit der eingangs erwähnten Mythenbildung zusammen.
Was erwartet die Besucher heute Abend an Ihrer Buchpräsentation ?
An der Buchpräsentation gibt es einen kurzen Einblick in die Konzeption und Gestaltung des Buches und auch einen kleinen Abschnitt daraus zu hören. Umrahmt wird der Anlass durch eine Delegation der Triesenberger Jugendmusik, die Harmoniemusik Triesenberg trägt ja nach wie vor stolz die einst auch von Wilhelm Beck gespendete Fahne. Ausserdem ist natürlich das Buch zu erwerben Die Gemeinde Triesenberg offeriert es zum Vorzugspreis, der Erlös aus dem Verkauf wird gespendet. (mw)
Persönlich
Wolfgang Vogt hat Geschichte sowie Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Basel studiert. Die Abschlussarbeit hat er zur Geschichte der Krankenversicherungen in Liechtenstein geschrieben, die im Jahrbuch des historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein im Band 110 erschienen ist. Seither war er in der Redaktion für die Geschenkschrift «Wilhelm Beck – Ein politisches Leben» tätig. Ausserdem arbeitet er im Auftrag des LOSV mit Julia Frick am Jubiläumsband «75 Jahre Sport in Liechtenstein», das in Kürze veröffentlicht wird. Der Historiker lebt und arbeitet mit seiner Familie in Basel.
Schlagwörter
-
Gemeinde Triesenberg
-
Krankenversicherung
-
Vaterländische Union Liechtenstein