«Und ich entschied mich, doch Lehrer zu werden»
Als Jürgen Posch 11 Jahre alt war, wurde er in die Oberschule, die mit der Realschule der Schweiz gleichzusetzen ist, eingestuft. Dies war ein Schlüsselerlebnis für ihn. Der Junge fühlte sich falsch eingeschätzt und wollte beweisen, dass er mehr auf Lager hatte. Ab sofort war er motiviert, ein guter Schüler zu sein, um allen – inklusive sich selbst – zu zeigen, dass man ihn unterschätzte. «Glücklicherweise hatte ich einen engagierten Oberschullehrer, der mich dabei unterstützte, sodass ich bereits nach einem Jahr in die Realschule wechseln konnte», erzählt der 28-Jährige heute strahlend. Auch in der höher gestuften Schule hatte er Glück und bekam erneut einen Lehrer, der sich für seine Schüler einsetzte und sie weiterbrachte. Das imponierte Jürgen Posch so, dass er sich entschied, selbst Lehrer zu werden. «Ich wollte die Jugendlichen ebenfalls motivieren, damit sie das Beste aus ihren Fähigkeiten machen – egal ob diese im kognitiven oder handwerklichen Bereich liegen.»
Erfreuliche Zwischenstation
Nach der Realschule wollte Jürgen Posch die Lehrerausbildung in Angriff nehmen und musste betrübt feststellen, dass sich die Anforderungen geändert hatten: Die Sekundarschule reichte nicht mehr aus, um das Lehrerseminar besuchen zu können. «Es soll nicht sein», dachte sich Posch und absolvierte stattdessen die vierjährige Ausbildung zum Informatiker. «Informatik galt als Beruf der Zukunft», erklärt er, immer noch fasziniert. Er schaffte die Ausbildung problemlos. Als er aber in der Zeitung die Inserate nach einer geeigneten Arbeitsstelle durchkämmte, fiel ihm auf, dass oft ein Fachhochschulabschluss verlangt wurde – den er mit seiner Informatikerlehre nicht aufweisen konnte. Kurzerhand entschied er sich, berufsbegleitend die Berufsmaturität nachzuholen. «Ich arbeitete als Informatiker bei der Landesverwaltung und konnte glücklicherweise mein Arbeitspensum reduzieren», erzählt der ehrgeizige junge Mann. Der Besuch der Berufsmittelschule weckte erneut die Lust in ihm, junge Erwachsene zu unterrichten. «Und ich entschied mich, doch Lehrer zu werden.»
Traumberuf Lehrer realisiert
Mit der Berufsmaturität hatte Jürgen Posch die Möglichkeit, an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg zu studieren. Drei Jahre später trat er seine erste Stelle als Klassenlehrer an der Sekundarschule in Grüsch an. «Bereits nach meinem ersten Arbeitstag war für mich klar, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte: Lehrer an einer weiterführenden Schule ist der richtige Beruf für mich.» Posch gefällt die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen. Er ist bestrebt, ihnen möglichst viel von seinen eigenen Erfahrungen mitzugeben, damit sie für das anstehende Berufsleben gerüstet sind.
Da er vor dem Studium eine Lehre absolviert und als Informatiker gearbeitet hatte, weiss er selbst am besten, wovon er redet, wenn es um das Thema Berufswahl geht. Da sein Vertrag in Grüsch jedoch befristet war, musste er gehen, als eine Klasse aufgrund eines schwachen Jahrgangs gestrichen wurde. Der junge Lehrer hatte Glück im Unglück: Gerade wurde eine Stelle an der Oberschule in Eschen, seiner ehemaligen Schule, frei. Diese Gelegenheit liess er sich selbstverständlich nicht entgehen, bewarb sich und bekam – einmal mehr – sofort eine Zusage.
Frau in Anwaltskanzlei kennengelernt
Das Bachelorstudium zum Sekundarlehrer in Feldkirch veränderte nicht nur das Berufsleben von Jürgen Posch, sondern auch sein Privatleben. Um sein Studium finanzieren zu können, arbeitete er nebenbei in einer Anwaltskanzlei. Dort lernte er seine heutige Frau Michelle kennen. «Ich hatte das Gefühl, dass sie mich persönlich immer so nett anlächelte.» Darum hat der angehende Lehrer ihr eines Tages auf dem sozialen Netzwerk StudiVZ geschrieben. Er lacht: «Sie hat mich dann per E-Mail darüber aufgeklärt, dass sie alle Menschen so freundlich anlächle.»
Für Posch spielte das jedoch keine Rolle mehr, er hatte Gefallen an der sympathischen jungen Frau mit der aussergewöhnlichen Ausstrahlung gefunden. Als Michelle ihm erzählte, dass sie demnächst gerne in den Europapark gehen würde, aber keine ihrer Freundinnen Zeit habe, mitzugehen, witterte Posch seine Chance. Er bot ihr an, mitzukommen. So verabredeten sich die beiden zum ersten Mal – vorerst aber nur, um gemeinsam einen Kaffee zu trinken.
Glück verdoppelt
Jürgen Posch und Michelle verstanden sich auf Anhieb, sodass einem gemeinsamen Ausflug in den Europapark ein paar Tage später nichts mehr im Wege stand. Seither sind sie ein glückliches Paar. Letzten September – vier Jahre nach ihrem Kennenlernen – haben sie geheiratet. «Ich wusste schon lange, dass ich ihr einen Heiratsantrag machen werde. Wann und wo war auch schon klar, nur der passende Ring fehlte», erinnert sich der 28-Jährige. Als er schliesslich beim Juwelier einen Ring bestellt hatte, der ihm würdig erschien, kam alles anders: «Wir verbrachten das Wochenende miteinander in München und suchten nach einer Uhr für mich – da entdeckte sie plötzlich einen Ring, der ihr so gut gefiel, dass sie sich ihn auf Weihnachten wünschte.» Aber Jürgen Posch hatte bereits eine andere Idee. Er ging mit ihr in ein nahe gelegenes Café, täuschte einen Übelkeitsanfall vor und ging – anstatt zur Toilette – zum Juwelier zurück. Dort kaufte er ihr diesen Ring für den geplanten Heiratsantrag, während sie unwissend wartete. Am 31. Dezember 2011 war es dann so weit und er fragte sie auf einem gemeinsamen Spaziergang in ihrem Lieblingspark in Bad Ragaz, ob sie ihn heiraten möchte. Selbstverständlich wollte sie.
Mit der Heimat verbunden
Jürgen Posch geniesst es, tagsüber zu arbeiten und abends gemütlich mit seiner Frau ein Glas Weisswein zu trinken. Regelmässig ist jedoch Männerabend mit seinen Freunden aus Mauren angesagt. Dann gehen sie zum Beispiel gemeinsam an die Fasnacht. So gründeten die Freunde bereits vor acht Jahren einen Verein: den Presidents Club. Dieser soll die Geselligkeit unter den Freunden und das liechtensteinische Brauchtum fördern. Der Verein trifft sich wöchentlich, um gemeinsam Sport zu treiben. Im Winter spielen die jungen Männer Unihockey, im Sommer Fussball. Zwischendurch organisieren sie einen gemeinsamen Wochenendausflug. Das 1.-August-Wochenende verbringen sie traditionell in Gastein im Salzburger Land. «Wir haben 2005 an der Fasnacht im Café Matt in Mauren ausgeholfen. Als Dankeschön hat uns die damalige Wirtin zu ihren Bekannten nach Gastein eingeladen. Das war ein tolles Wochenende», erzählt der unternehmenslustige junge Mann. Neben dem Presidents Club engagiert er sich auch in der Funkenzunft Heraböhel in Mauren.
Einladung ins Klassenzimmer
Jürgen Posch ist seit letztem August als Klassenlehrer an der Oberschule Eschen tätig, die er selbst als Junge besucht hat. Er ist eines der besten Beispiele dafür, dass auch ein Schüler aus der niedrig gestuften weiterführenden Schule viel erreichen kann. «Und das versuche ich meinen Schülern mit einem praxisbezogenen und schülernahen Unterricht bewusst zu machen», erzählt der motivierte Lehrer. Ihn kann man am Tag der offenen Tür der Oberschule Eschen am Samstag, 4. Mai, persönlich kennenlernen. Der Tag ist ein Teil des Projektes «Oberschule macht Schule» und wird anlässlich des diesjährigen 40-Jahre-Jubiläums der Oberschulen veranstaltet. Ziel der Veranstaltung: die Oberschule und die beruflichen Möglichkeiten danach vorzustellen. (hl)
Steckbrief
Name: Jürgen Posch
Wohnort: Gamprin, aufgewachsen in Mauren
Alter: 28
Zivilstand: verheiratet mit Michelle
Beruf: Informatiker und Lehrer
Hobbys: Lesen, Fussball, Unihockey, Fotografie und Funken
Leibspeise: Italienische und asiatische Küche
Getränk: Wasser und ab und zu ein Gläschen Weisswein
TV-Vorliebe: Krimis
Musik: Querbeet
Lektüre: Krimis
Stadt/Land? Beides
Sommer/Winter? Herbst
Ort: Liechtenstein
Stärke: «Ich bin ein sehr optimistischer Mensch.»
Schwäche: «Auf eine gewisse Weise bin ich sehr pingelig.»
Motto: «Wer selbst nicht brennt, kann andere nicht entzünden.»
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«Liewo-Porträt»